So kam es zum «Kaninchenwort» des Papstes und «3 Kinder sind ideal»

Wiederholung des Artikels vom 20.1.15 über die Entstehung des «Karnickel»-Vergleichs auf dem Flug nach Rom – dazu finden Sie als Hintergrund die offizielle vatikanische Mitschrift

Rom, 20.1.2015 (kath.ch) Gute Katholiken müssen sich nach den Worten von Papst Franziskus nicht «wie Kaninchen» vermehren. In manchen Fällen sei es unverantwortlich, weitere Kinder zu bekommen, sagte der Papst am Montag auf dem Flug von Manila nach Rom vor mitreisenden Journalisten. Nötig sei vielmehr eine «verantwortete Elternschaft», betonte Franziskus, der auf der schon traditionellen «fliegenden Pressekonferenz» auch Fragen zu weiteren Themen wie Meinungsfreiheit, die Förderung von Frauen in der Kirche beantwortete und seinen Philippinen-Besuch bilanzierte.

«Manche glauben, um gute Katholiken zu sein, müssen man, entschuldigt das Wort, sein wie Kaninchen. Nein!», sagte der Papst und bezog sich damit auf den Vorwurf, die katholische Kirche fördere durch ihre Ablehnung künstlicher Verhütungsmethoden die Armut in armen Ländern. Es gehe vielmehr um «verantwortete Elternschaft». Eltern könnten die Zahl ihrer Kinder planen. Es gebe viele von der Kirche erlaubte Methoden, sagte der 78-Jährige. Und findet: Drei Kinder pro Ehepaar seien ideal. Zugleich betonte er, «Offenheit für das Leben» sei eine Bedingung für eine christliche Ehe.

«Sieben Kaiserschnitte heisst Gott herausfordern»

Als Beispiel berichtete der Papst von einer Frau, die sieben Kinder durch Kaiserschnitt geboren hatte und ein achtes erwartete. «Wollen Sie sieben Waisen zurücklassen? Das heißt Gott herausfordern», habe er der Schwangeren gesagt. Die Kirche biete Ehepaaren Hilfe unter anderem durch Elternberatung. Zugleich seien Kinder für viele Arme «ein Schatz». Bei aller Vernunft dürfe die Aufopferungsbereitschaft vieler Mütter und Väter nicht vergessen werden.

Kein Freipass für künstliche Verhütungsmittel

Ausdrücklich nahm Franziskus seinen Vorgänger Paul VI. (1963-1978) in Schutz, der das Verbot künstlicher Verhütungsmittel ausgesprochen hatte. Dieser Papst sei nicht «antiquiert», sondern habe einen «weltweiten Neo-Malthusianismus» vorausgesehen. Franziskus bezog sich damit auf die These von Thomas Robert Malthus (1766-1834) von einer drohenden Überbevölkerung. Paul VI. sei «ein Prophet» gewesen.

«Man kann nicht ständig beleidigen»

Vor den mitreisenden Journalisten verteidigte der Papst zudem seine Aussage zu Grenzen der Meinungsfreiheit, mit der er wenige Tage zuvor auf dem Flug von Sri Lanka auf die Philippinen zu den Pariser Attentaten Stellung genommen hatte. Die Freiheit müsse von Klugheit begleitet werden, sagte Franziskus. Gewaltsame Reaktionen seien immer schlecht; dennoch müsse der Gebrauch der Meinungsfreiheit «der menschlichen Natur Rechnung tragen». Man könne nicht beständig «eine Person beleidigen oder provozieren». Franziskus hatte sich zuvor im Blick auf die Zeitschrift «Charlie Hebdo» zwar jede Gewalt verurteilt, sich aber auch dafür ausgesprochen, dass Satire Grenzen haben müsse.

«In der Theorie können wir das sagen, was das Evangelium sagt: Wir müssen die andere Wange hinhalten. In der Theorie können wir sagen, dass wir die Meinungsfreiheit haben», so der Papst. «In der Theorie sind wir alle einverstanden. Aber wir sind Menschen.» Nötig sei «die Klugheit, die eine Tugend des menschlichen Zusammenlebens ist». Wer andere zu sehr reize, riskiere «eine Reaktion, die nicht richtig ist», sagte der Papst.

«Meine Stimme war quasi weg»

Zur Bilanz seines Philippinen-Besuchs sagte Franziskus, dass die Messe mit Opfern des Taifuns «Haiyan» vom November 2013 der bewegendste Moment seiner Reise gewesen sei. «Das ganze Volk Gottes dort zu sehen, betend nach dieser Katastrophe, an meine Sünden zu denken und an diese Menschen – das war ein sehr starker Moment», bekannte der Papst. Er habe sich wie erschlagen gefühlt. «Meine Stimme war quasi weg. Ich weiß nicht, was mit mir passiert ist. Vielleicht waren es die Emotionen. Aber ich habe nichts anderes gefühlt», sagte er.

«Warum leiden Kinder?»

Franziskus erinnerte zudem an ein zwölfjähriges Mädchen, das ihm in Manila von ihrem früheren Leben zwischen Drogen und Prostitution berichtet und unter Tränen gefragt hatte: «Warum lässt Gott das zu? «Dieses Mädchen sei «die einzige, die diese Frage gestellt hat, die man nicht beantworten kann: Warum leiden Kinder?», sagte Franziskus. Auch «der große» Fjodor Dostojewski habe sie gestellt. «Und es ist ihm nicht gelungen, sie zu beantworten», sagte der Papst unter Anspielung auf Dostojewskis Roman «Die Brüder Karamasow» (1878-1880).

Wenn es Christen zu gut gehe oder sie sich an Ungerechtigkeiten gewöhnten, verlören sie die Fähigkeit zu weinen. «Wir Christen müssen die Gnade des Weinens erbitten. Besonders die wohlhabenden Christen», sagte Franziskus: «Weinen über die Ungerechtigkeiten. Weinen über die Sünden. Denn das Weinen öffnet dich, um neue Realitäten oder neue Dimensionen der Realität zu kapieren.»

Bei Frauenförderung geht es nicht um Posten

Angesprochen wurde der Papst von den mitreisenden Journalisten auch auf seinen in Manila geäußerten Appell Frauen in Kirche und Gesellschaft mehr Raum zu geben. «Wenn ich sage, dass es wichtig ist, dass Frauen in der Kirche mehr berücksichtigt werden sollen, geht es nicht nur darum, ihnen einen Posten zu geben», etwa als Nummer zwei in einer Vatikanbehörde, sagte Franziskus dazu. Zwar sei auch das möglich; es gehe aber darum, «dass sie uns sagen, wie sie die Realität erleben». Frauen betrachteten die Dinge aus einer anderen Perspektive, mit einem größeren Reichtum, so der Papst.

Gegen Aufzwingen von Gender-Theorie

In der Beantwortung einer weiteren Frage wandte sich Franziskus zudem ein Aufzwingen der Gender-Theorie durch westliche Geldgeber in Entwicklungsländern. Wenn finanzielle Hilfe an Bedingungen geknüpft werde, etwa die Lehre der Gender-Theorie in den Schulen, verlören diese Völker ihre Identität, sagte er.

Es gebe eine «ideologische Kolonisierung» durch bestimmte Mächte, so der Papst. Sie strebten aus seiner Sicht eine völlige Gleichheit aller Kulturen an. Globalisierung sei zwar notwendig, müsse aber die Freiheit der Völker in all ihren Lebensbereichen beachten.

Schon während seines Besuchs auf den Philippinen hatte Franziskus eine «ideologische Kolonisierung» vor allem mit Blick auf Angriffe gegen das traditionelle Familienbild und eine Relativierung der Ehe kritisiert. Die Filipinos rief er auf, ihren katholischen Traditionen treu zu bleiben. (kna)

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