Kopftuchstreit in St.Gallen: Nun äussern Lehrer- und Schulleiterverband Kritik

Heerbrugg SG, 8.6.13 (Kipa) Der Fall von zwei somalischen Mädchen, die in einer Primarschule in Heerbrugg im Kanton St. Gallen wegen Tragen des Kopftuchs aus dem Unterricht verwiesen wurden, zieht weiter Kreise. Nun üben Lehrer- und Schulleiterverband in der Sendung «10 vor 10» des Schweizer Fernsehens am Freitag Kritik.

Beat Zemp, Präsident des Schweizer Lehrerverbandes, kritisiert das Vorgehen der betreffenden Schule in Heerbrugg. Ein Schulausschluss sei kontraproduktiv für die Integration, sagt er in der Sendung vom Freitag-Abend. Er kenne keinen zweiten Kanton in der Schweiz, der solche Empfehlungen abgegeben hätte. Die Erziehungsdirektion des Kantons hatte eine solche Empfehlung an alle Schulen abgegeben, nachdem der St. Galler Regierungspräsident und Mitglied der Schweizerischen Volkspartei (SVP), Stefan Kölliker, das Kopfbedeckungsverbot an allen Schulen im Kanton empfohlen hatte. Im Beitrag des Schweizer Fernsehens nimmt dieser nicht mehr direkt Stellung. Er lässt schriftlich verlauten: «Das Bildungsdepartement nimmt zum konkreten Fall keine Stellung. Als Rekursinstanz können wir uns dazu nicht äussern.»

Christian Amsler, Präsident der Deutschschweizer Erziehungsdirektorenkonferenz (D-EDK) sagt gegenüber «10 vor 10», eine Kopfbedeckung störe den Unterricht nicht. Es gebe deshalb keinen Grund, diese zu verbieten. Walter Portmann, Heerbrugger Schulpräsident, sagt: «Nun sind wir der Sündenbock, obwohl wir nur die Empfehlung des Erziehungsrates umgesetzt haben.» Die Heerbrugger Schulleitung trifft sich nun am kommenden Montag zu einer Sitzung, an der sie das weitere Vorgehen besprechen will. Portmann hofft, dass das Bundesgericht bis dahin einen Grundsatzentscheid fällen wird.

Schweizweit kein gültiges Gerichtsurteil

Im Frühling 2011 verbot eine Schule in Bürglen TG zwei albanischen Schülerinnen das Tragen eines Kopftuchs. Das Thurgauer Verwaltungsgericht hob den Entscheid auf. Es gebe keine gesetzliche Grundlage für das Verbot. Das Verbot sei zudem unverhältnismässig, beschied das Gericht. Der Fall liegt nun beim Bundesgericht.

Bisher gibt es kein schweizweit gültiges Gerichtsurteil, welches den Umgang mit Kopftuch tragenden muslimischen Schülerinnen regelt. In einem Fall aus dem Kanton Thurgau sprach das Verwaltungsgericht vergangenen Jahr zwei albanischen Mädchen das Recht zu, im Unterricht Kopftücher tragen zu dürfen. Es gebe keine genügende gesetzliche Grundlage ihnen dies zu verbieten, ein Verbot wäre unverhältnismässig.

Der Verein «Islamischer Zentralrat» in der Schweiz hat der Familie in Heerbrugg volle Unterstützung versprochen, wie er mitteilt. Der Verein vertritt gemäss Schweizer Bundesbehörden «salafistische Werte». (kipa/arch/ami)

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