Deutsche Therapeutin: Missbrauch hat wenig mit Zölibat zu tun

Hamburg, 7.6.12 (Kipa) Das Thema sexualisierte Gewalt betrifft nach Meinung der Missbrauchs-Expertin Ursula Enders die beiden grossen Kirchen in Deutschland gleich stark. «Die evangelische Kirche hat sich lange Zeit in Sicherheit gewiegt und geglaubt, `bei uns doch nicht, das liegt ja am Zölibat`», sagte Enders am Donnerstag in Hamburg. Das sei jedoch ein Mythos: «Missbrauch hat mit Zölibat wenig zu tun», so die Leiterin von «Zartbitter», einer Einrichtung gegen sexuellen Missbrauch an Mädchen und Jungen in Köln.

Enders betonte, ihrer Beobachtung zufolge komme das Problem in der evangelischen Kirche nicht seltener vor. Nachdem diese lange die Augen vor dem Thema verschlossen habe, würden jetzt verstärkt Fälle in protestantischen Einrichtungen bekannt. Die Therapeutin äusserte sich beim Fachtag «Missbrauch in Institutionen» der evangelisch-lutherischen Kirche in Hamburg.

Maske des sozial Engagierten

Die Kirchen seien vom Thema sexualisierte Gewalt nicht stärker betroffen als etwa Sportvereine, Schulen oder das familiäre Umfeld, sagte Enders: «Aber in der Kirche ist es etwas anderes, da sie auch spirituelle Heimat für viele ist.»

Zu den Risikofaktoren für viele Institutionen zähle, dass Täter häufig die Maske des sozial Engagierten trügen. Gerade in sozialen Einrichtungen gebe es den Typus des «Dauerjugendlichen», so Enders. «Das ist niemals gut für Kinder.» Diesen Typus habe sie vor allem in evangelischen Kirchengemeinden erlebt.

(kipa/kna/job)

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