Vatikan: In der Welt muss Platz für alle Religionen sein

Astana, 2.7.09 (Kipa) In der Welt von heute müssen alle Religionen Platz haben, so der Präsident des Päpstlichen Rates für den interreligiösen Dialog, Kardinal Jean-Louis Tauran. Beim dritten Kongress der Weltreligionen in der kasachischen Hauptstadt Astana betonte Tauran am Donnerstag, 2. Juli, Religion spiele letztlich in jeder Gesellschaft oder Kultur eine Rolle. Umso wichtiger sei ein gelingender interreligiöser Dialog für den Zusammenhalt der Gesellschaft.

«Ein friedliches und respektvolles Zusammenleben der Religionen und Kulturen ist möglich», sagte Tauran, der die Vatikan-Delegation bei dem Religionstreffen leitet. Kasachstan selbst sei dafür ein Bespiel.

Zu dem zweitägigen Kongress der Weltreligionen, der an diesem Donnerstag zu Ende ging, waren 77 Delegationen angereist, die alle grossen Kirchen und Religionen der Welt repräsentieren. Das Treffen geht auf eine Initiative des kasachischen Präsidenten Nursultan Nasarbajew zurück. In Kasachstan leben mehr als 130 Volksgruppen zusammen; es gibt fast 50 unterschiedliche Religionsgemeinschaften im Land.

Zur Frage, ob etwa mit dem Islam ein Dialog über strittige theologische Fragen möglich sei, meinte Tauran, dies sei bei den zentralen Glaubenssätzen nicht der Fall. Sehr wohl gebe es aber sinnvolle Dialogansätze für Lebensbereiche, die eng mit dem Glauben verbunden sind, so etwa im Bereich Familie oder bei Fragen der sozialen Gerechtigkeit.

Klare Standpunkte

Am Rande der Konferenz warnte Tauran vor der Gefahr des Synkretismus. Voraussetzung für jeden interreligiösen Dialog seien Partner mit klaren eigenen Standpunkten. Nur allzu leicht könnte sonst der Eindruck entstehen, dass alle Religionen mehr oder weniger gleich und damit auch beliebig seien.

Zu dem Eklat vom Mittwoch, als die iranische Delegation bei der Rede des israelischen Staatspräsidenten Schimon Peres den Saal verliess, kommentierte Tauran, grundsätzlich sei es nicht hilfreich, den Dialog zu verweigern. Der Iran hatte bereits im Vorfeld der Konferenz mit einer Absage gedroht, als bekannt wurde, dass Peres als Redner auftreten werde. Peres sei kein Religionsführer, sondern «ein Mann der Gewalt», so ein iranischer Delegierter.

Gebet um Frieden

Der Präsident der Gemeinschaft Sant’Egidio, Marco Impagliazzo, hob das Gebet als mächtigstes Werkzeug des Friedens hervor. Er erinnerte an Papst Johannes Paul II. (1978-2005), der 1984 erstmals die Vertreter aller Religionen zum gemeinsamen Gebet nach Assisi eingeladen hatte.

Der US-Rabbiner Arthur Schneier mahnte in der Diskussion, die religiösen Verantwortungsträger müssten auch vor ihren eigenen Gläubigen mit dem gleichen Respekt über andere Religionen sprechen, wie dies hier in Astana geschehe. Als Rabbiner, der bereits seit mehr als vier Jahrzehnten im interreligiösen Dialog engagiert sei, wünsche er sich nun auch über den Dialog hinaus mehr praktische gemeinsame Aktionen.

Wunsch nach mehr Frauen

Die Präsidentin der nordamerikanischen Sektion des Weltkirchenrates, Bernice Powell Jackson, sagte am Rande der Veranstaltung, sie erhoffe sich beim nächsten Kongress der Weltreligionen mehr Frauen auf der Führungsebene. Das würde die Inhalte der Gespräche und Aufmerksamkeit der Teilnehmer auch mehr auf die schwierige Situation der Frauen in vielen Ländern der Welt lenken, so Powell Jackson. Sie sass in Astana als einzige Frau am Runden Tisch der Delegationsleiter.

(kipa/r/ak)

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