Weitergabe des Glaubens durch die Mutter
Schweiz

Zwei Drittel der jungen Mütter gehören noch einer Landeskirche an

St. Gallen, 15.11.18 (kath.ch) Noch nie lebten so viele Katholiken in der Schweiz wie in den vergangenen Jahren. 2018 haben weniger als ein Prozent der Mitglieder ihren Austritt aus der Kirche gegeben. Diese darf aber nicht den Kopf in den Sand stecken, warnt das Schweizerische Pastoralsoziologische Institut SPI in St. Gallen aufgrund der Analyse ihrer aktuellen Religionsstatistik. Nur noch zwei Drittel der jungen Mütter gehören einer Landeskirche an.

Alle Altersgruppen mitgezählt zählt die katholische Kirche in der Schweiz rund drei Millionen Mitglieder. Einen wesentlichen Anteil an dieser Situation habe die stark katholisch geprägte Migration in die Schweiz, unterstreicht das SPI in ihrer Mitteilung zur Kirchenstatistik, die am Donnerstag veröffentlicht wurde. Soweit die angenehmen Zahlen.

Bei den Taufen und Eheschliessungen sind die Zahlen hingegen deutlich rückläufig. In den letzten zwanzig Jahren ist die Zahl der Taufen in der katholischen Kirche gemäss SPI um ein Drittel zurückgegangen. Die Zahl der Trauungen habe sich im gleichen Zeitraum mehr als halbiert.

Wichtigkeit der Pfarreien und Verbände

Dennoch hält die überwältigende Anzahl der Katholiken die Treue zur Kirche. Über die Gründe dafür gibt sich das SPI zurückhaltend, wagt aber doch eine Analyse. Die Kirche habe nach wie vor eine sinngebende Funktion. Für viele Menschen sei ihre Gemeinschaft wichtig.

Insbesondere in ländlichen Gebieten habe diese eine hohe Bedeutung, aber auch in städtischen Regionen, wo Pfarreien Orte der Begegnung in ansonsten anonym erlebter Umwelt seien. Auch kirchliche Verbände verzeichneten hohe Mitgliederzahlen, etwa der Schweizerische Katholische Frauenbund oder Jungwacht-Blauring (Jubla).

«Ausschleichen familiärer Religionstraditionen»

Heikel wird es bei der «religiösen Familientradition», welche die bisherige Bindung der nachfolgenden Generation an die Kirche sicherstellte. Heute könne in der Schweiz aufgrund der Konfessionsverschiedenheit eine zunehmende Religionsvielfallt bei jungen Eltern festgestellt werden.

Die Religion werde darum von der jungen Generation nicht mehr automatisch als «Familientradition» weitergelebt, sondern werde zu einer Option zur freien Wahl. Oder in den Worten des SPI: «Die sinkende Zahl an Taufen und kirchlichen Trauungen deutet auf dieses Ausschleichen familiärer Religionstraditionen hin.»

Zwei Drittel der Mütter sind noch «christlich»

Wie stark sich die Religionslandschaft in der Schweiz in den letzten vierzig Jahren verändert habe, zeige auch die Entwicklung der Religionszugehörigkeit der Mütter von Neugeborenen sowie jener, die eine Ehe geschlossen haben. Waren 1970 noch fast alle Mütter von Neugeborenen entweder reformiert oder katholisch, so war dies 2012 nur noch in knapp zwei Drittel der Geburten der Fall.

12,5 Prozent der Mütter von Neugeborenen seien muslimisch, was gut die relativ junge Altersstruktur dieser Religionsgemeinschaft zum Ausdruck bringe, hält das SPI fest. Untervertreten im Vergleich zur Gesamtbevölkerung seien hingegen die Konfessionslosen (14,3 Prozent der Mütter) und die protestantischen Kirchen (24,5 Prozent). Diese Daten liegen nur bis ins Jahr 2012 vor, präzisiert das SPI.

Beziehungs- und Familienpastoral fördern

Aus Sicht des Pastoralsoziologischen Instituts, das von der katholischen Kirche in der Schweiz getragen wird, ist die Kirche durch die aktuelle Lage stark herausgefordert. Der «Beziehungsmodus» der Kirche zu ihren Mitgliedern wechsle. Insbesondere im Bereich der Beziehungs- und Familienpastoral gehe es für die Kirche nun darum, neue Wege zu finden, um mit ihrer Botschaft bei Paaren und Familien im Gespräch zu bleiben, schreibt das SPI.

Konfessionslosigkeit nimmt weiter zu

Das kirchliche Forschungsinstitut in St. Gallen weist in seinem Bericht auch auf die Zahlen des Bundesamtes für Statistik zur «Konfessionslosigkeit» hin. Die Dominanz der beiden grossen Landeskirchen nehme «weiter langsam aber stetig ab, während die Zahl der Konfessionslosen noch einmal deutlich gestiegen ist.»

Der Anteil der Konfessionslosen liege mittlerweile bei 24,9 Prozent der Bevölkerung. Für Basel-Stadt betrage diese Zahl 47,5 Prozent und für Neuenburg 44,4 Prozent. Je städtischer ein Kanton sei, desto mehr Menschen bezeichneten sich als konfessionslos, notiert das SPI. Zu diesen hohen Zahlen trage auch bei, dass ein nicht unwesentlicher Teil der Personen, die als Migranten in die Schweiz kommen, sich als «konfessionslos» bezeichneten. (gs)

Weitergabe des Glaubens durch die Mutter | © pixabay
15. November 2018 | 17:26
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Die Pluralisierung in Zahlen

Die religiöse Pluralisierung in der Schweiz hat im letzten Jahrzehnt weiter zugenommen. 36,5 Prozent der Wohnbevölkerung ab 15 Jahren gehörten im Jahr 2016 der römisch-katholischen Kirche an (2015: 37,3 Prozent). Der evangelisch-reformierten Kirche gehörten 24,5 Prozent an (2015: 24,9 Prozent).

Leicht zugenommen hat seit 2000 der Anteil der Muslime, die nach den beiden Hauptkonfessionen die grösste religiöse Gruppe bilden. 5,2 Prozent der Bevölkerung zählten sich im Jahr 2016 zu einer islamischen Gemeinschaft. Ebenfalls etwas zugenommen oder stabil geblieben ist der Anteil der kleineren christlichen Kirchen (5,9 Prozent) und der anderen Religionsgemeinschaften (1,4 Prozent).

Im Jahr 1970 betrug der Anteil der «Konfessionslosen» an der Schweizer Wohnbevölkerung 1,1 Prozent. Damals wurden die unter 16-Jährigen mitgezählt. Seit 2011 werden diese in der Statistik des Bundes nicht mehr aufgenommen. Gemäss dieser Statistik bezeichneten sich 2016 rund 24,9 Prozent als «Konfessionslos». (gs)