Themengottesdienst am Lucerne Festival
Schweiz

Zwei biblische Primadonnen im Gottesdienst zum Lucerne Festival

Luzern, 29.8.16 (kath.ch) «Prima Donna!» lautet das Thema des diesjährigen Lucerne Festivals. In einem ökumenischen Gottesdienst haben auch die Kirchen das Thema aufgenommen und zwei biblische Primadonnen ins Zentrum gestellt.

Jacqueline Keune

Schon zwanzig Minuten vor Gottesdienstbeginn wird absehbar, dass die reformierte Matthäus-Kirche trotz schönstem Spätsommerwetter voll werden wird. Und bereits der Auftakt – das kantige Ave Maria der griechischen Komponistin Konstantia Gourzi – erzeugt Gänsehaut. «Es hat mich richtig gefroren», drückt ein Teilnehmer aus, was einige empfunden haben.

Den Ball aufgenommen

Wie selbstverständlich steht der ökumenische Gottesdienst auf dem Programm des Lucerne Festival. Vor vier Jahren sind die Organisatoren auf die Kirche zugegangen. «Offenbar hat der Gottesdienst überzeugt», sagt Eva Brandin, Pfarrerin der Matthäus-Kirche. Sie hat zusammen mit Hansruedi Kleiber, Präfekt der Jesuitenkirche, auch den Ball aufgenommen, den ihnen das diesjährige Thema des Festivals zugeworfen hat:  Im Gottesdienst stehen die biblischen «Primadonnen» Eva und Maria im Zentrum.

Näher als geglaubt

«Können Sie sich einen grösseren Gegensatz vorstellen als den zwischen Eva und Maria?», fragt die Pfarrerin zu Beginn und bringt die Sache gleich auf den Punkt: hier die Heilige, dort die Sünderin. In einem engagierten Dialog versuchen Maria, der von Hansruedi Kleiber (bezeichnenderweise auf der Kanzel oben) und Eva, der von ihrer Namensschwester Brandin am Ambo Stimme geliehen wird, sich der je anderen Frau anzunähern. Eva, die sich nicht dafür entscheidet, zu sündigen, die jäh aus ihrem Eins-Sein mit Gott gerissen wird, die die Angst kennenlernen und ertragen muss, dass ihr einer Sohn den anderen erschlägt. Und Maria, die sich ihre Schwangerschaft nicht aussucht, die von ihrem Sohn in die Ecke gestellt und nicht als Frau aus Fleisch und Blut anerkannt wird. «Du bist doch bloss ein Bild, eine Ikone, kein Mensch, und sagst zu allem Ja und Amen. Bist du überhaupt echt?», fragt Eva Maria. «Du warst die Schablone, die auf alle Frauen gelegt wurde. Du bist, wie der Mensch sein soll. Ich bin, wie er ist.» Aber auch Ähnlichkeiten beginnen die beiden zu entdecken und dass sie vielleicht näher verwandt sind, als sie glauben.

Zittern und schreien

Ergreifender Höhepunkt des Dialogs ist die Uraufführung des Stücks «Eva Ave» – gesungen und in Szene gesetzt von der Mezzosopranistin Carmen Würsch. Konstantia Gourzi hat das Stück mangels musikalischer Literatur zu Eva eigens für den Gottesdienst komponiert. Eine schwarz gewandete, gefangene und gekrümmte Eva, die sich im Verlauf ihres Gesangs zu einer Lichtgestalt in aufrechtem Gang zittert, schreit und befreit.

Wie ein Bergbach

Der ganze Gottesdienst wird wesentlich von Musik getragen – Werke von Gabriel Fauré, Jean Langlais, Francis Poulenc, Konstantia Gourzi, die von Frauen des Ensembles Corund unter der Leitung von Stephen Smith interpretiert und mit grosser Intensität vorgetragen werden. Gesang von der Kraft und Klarheit eines Bergbachs, der mit langem Applaus bedacht wird.

Ein schnörkelloser Gottesdienst, der ganz ohne langatmige Erklärungen, Ein- und Überleitungen und äussere Dekoration auskommt, der sich auf eine Hand voll Elemente beschränkt und vielleicht grad drum seine Kraft und Klarheit entwickeln kann. Oder mit den Worten des Malers Paul Klee (1879-1940) «Nur ein paar Striche, aber die richtigen paar!»

Themengottesdienst am Lucerne Festival | © Jacqueline Keune
29. August 2016 | 09:00
Lesezeit: ca. 2 Min.
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