Rolf Steiner, Kantonsrat SP ZH
Schweiz

Zürichs Kantonsratspräsident: «Liebfrauen ist für mich naheliegend»

Zürich, 6.5.16 (kath.ch) Der Mönch William von Baskerville und der heilige Franziskus sind dem designierten Präsidenten des Kantonsrats Zürich, Rolf Steiner (SP), Vorbilder. Am kommenden Montag, 9. Mai, wird das neue Amtsjahr des Parlaments eröffnet. Steiner erklärt, warum der Eröffnungsgottesdienst nicht wie bisher im reformierten Grossmünster, sondern in der katholischen Kirche Liebfrauen stattfindet. Er übernimmt das Amt des Kantonsratspräsidenten von Theresia Weber-Gachnang (SVP).

Georges Scherrer

Warum findet der Gottesdienst zu Ihrem Amtsantritt in der Kirche Liebfrauen statt?

Rolf Steiner: Ich habe den anerkannten Religionsgemeinschaften, beziehungsweise deren «Chefs» vorgeschlagen, den Gottesdienst in Liebfrauen durchzuführen. Das Grossmünster ist für die Legislatureröffnung jeweils nach den Wahlen «gesetzt». Ansonsten ist die Feier jeweils in einer zentrumsnahen Kirche, da wir anschliessend alle gemeinsam zu Fuss ins Rathaus wechseln, um dort um Viertel nach neun die Sitzung zu beginnen. Liebfrauen war für mich als Katholik deshalb in doppeltem Sinn naheliegend.

Was bedeutet dieser Gottesdienst für Sie?

Steiner: Er ist eine Chance, gemeinsam einige Momente über unsere Politik, die Zusammenarbeit, aber auch über die Gegnerschaft in Sachfragen nachzudenken.

Vermutlich werden nicht alle Parlamentarierinnen und Parlamentarier am Gottesdienst teilnehmen. Brauchen diese keine Erleuchtung durch den Heiligen Geist oder wo holen diese sonst ihre geistigen Erleuchtungen?

Steiner: Der Kantonsrat ist ein Spiegel der Gesellschaft; einige haben Mühe mit der Kirche oder den Kirchen. Auch ich habe meine Vorbehalte. Spirituelle Momente geniesse ich aber.

Welche kirchliche Gestalt dient Ihnen in Ihrer politischen Arbeit am meisten als Vorbild?

Steiner: Von den Gestalten, die wirklich gelebt haben: der heilige Franziskus. Und wenn die Auswahl auch auf literarische Personen fallen darf, dann der Mönch William von Baskerville aus Umberto Ecos Roman «Der Name der Rose». Er verbindet Spürsinn, Gelehrtheit, praktische Intelligenz und vor allem Humor auf einmalige Weise. Eine literarische Figur eben.

Wo kann der Politikbetrieb im Zürcher Rathaus etwas von den Kirchen lernen?

Steiner: Bei beiden gilt: Um etwas zu erreichen, braucht es «ein starkes langsames Bohren von harten Brettern mit Leidenschaft und Augenmass zugleich», wie der deutsche Soziologe Max Weber dies treffend ausgedrückt hat. Die Zeitskala bei den Kirchen ist mit Jahrzehnten und Jahrhunderten beschriftet, bei der Politik sind es wohl die Legislaturen von vier Jahren.

Handelt es sich in der Liebfrauen-Kirche um eine ökumenische Feier?

Steiner: Selbstverständlich. Es sind alle im Kanton Zürich anerkannten Religionsgemeinschaften beteiligt, die drei christlichen und die jüdischen. (gs)

Rolf Steiner, Kantonsrat SP ZH | © zVg
6. Mai 2016 | 09:15
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