Alessandra Zumthor, Direktorin des "Giornale del Popolo", will das Kind nicht mit dem Bade ausschütten.
Schweiz

Zeitung von Bischof Lazzeri lehnt die «No Billag»-Initiative ab

Lugano, 18.2.18 (kath.ch) Die Initiative «No Billag» wird im Tessin heiss diskutiert. Die einzige katholische Tageszeitung der Schweiz, das «Giornale del Popolo» (GdP), positioniert sich im Nein-Lager. Direktorin Alessandra Zumthor sieht bei der SRG durchaus Verbesserungsbedarf. Doch: «Den Kranken heilt man nicht mit Euthanasie.»

Barbara Ludwig

Ja, es gebe gewisse Dinge, die bei der Schweizer Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) nicht funktionierten und die auf Vordermann gebracht werden müssten, so die Direktorin auf Anfrage. Zu den Defiziten zählt sie eine aufgeblähte Administration und eine Verschwendung von Ressourcen, wenn etwa wegen fehlender Koordination mehrere Kamerateams zur Berichterstattung über eine Pressekonferenz aufgeboten würden. Doch die Defizite sind für Zumthor kein Grund, das Kind mit dem Bade auszuschütten: «Den Kranken heilt man nicht mit Euthanasie.»

SRG schützt Föderalismus und Minderheiten

Das «Giornale del Popolo», das dem Bischof von Lugano gehört, lehne die Volksinitiative «No Billag» ab, wie Zumthor gegenüber kath.ch sagt. Die SRG sei für die Schweiz «zu wichtig», als dass es ohne sie ginge. Sie trage dazu bei, dass der Föderalismus gewahrt und die Minderheiten angemessen dargestellt würden, argumentiert die Direktorin. Insbesondere die italienischsprachige Schweiz und ihre Bedürfnisse würden aus der nationalen Medienlandschaft verschwinden, wenn die Schweiz im medialen Bereich grossen ausländischen Konzernen ausgeliefert wäre. Die SRG unterhält mit dem RSI (Radiotelevisione Svizzera di lingua italiana) auch im Tessin eine Unternehmenseinheit.

Ein Plus an Werbung ginge eher an ausländische Konzerne

Die Volksinitiative «No Billag» will die SRG-Gebühren abschaffen. Zumthor glaubt, dass sich mit einem Ja zur umstrittenen Vorlage für ihre Zeitung vorerst nichts ändern würde. Es sei aber vorstellbar, dass die Zeitungen auf längere Sicht von einer Zunahme von Werbeinseraten profitieren könnten.

Ausländische Konzerne würden sich zusätzliche Werbeinserate unter den Nagel reissen.

Aber: Zumthor hält es nicht für unwahrscheinlich, dass sich die grossen ausländischen Medienkonzerne die zusätzlichen Werbeinserate unter den Nagel reissen würden und die hiesigen Zeitungen somit leer ausgingen.

An Fernsehkritik festhalten

Auf mögliche Kooperationen der katholischen Zeitung mit RSI angesprochen, sagt Zumthor, das GdP unterhalte die Rubrik «Tuttalatele», die täglich erscheine. «Tuttalatele» betreibe zum einen Fernsehkritik, befasse sich aber auch mit dem RSI. Die Fernsehkritik, die von den Lesern des GdP sehr geschätzt werde, würde man auch bei einer Annahme der «No Billag»-Initiative beibehalten, so Zumthor.

Bischöfe warnten vor Annahme von «No Billag»

Die Schweizer Bischofskonferenz hat im Dezember vor eine Annahme der Initiative gewarnt. In ihrem Kreis befindet sich auch Valerio Lazzeri, Bischof von Lugano und Verleger des GdP. Bei einer Annahme der Initiative sehen die Schweizer Bischöfe den nationalen Zusammenhalt in Gefahr.

Der GdP ist die einzige katholische Tageszeitung der Schweiz. Gegründet wurde sie 1926 auf Initiative des damaligen Bischofs von Lugano, Aurelio Bacciarini.

Alessandra Zumthor, Direktorin des «Giornale del Popolo», will das Kind nicht mit dem Bade ausschütten. | © zVg
18. Februar 2018 | 07:28
Lesezeit: ca. 2 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!

No-Billag

Die Volksinitiative «Ja zur Abschaffung der Radio- und Fernsehgebühren» will Artikel 93 der Bundesverfassung ändern: Radio- und Fernsehveranstalter, welche heute mit einer Konzession versehen sind und über Gebühren finanziert werden, sollen künftig keine Empfangsgebühren mehr erhalten. Ausserdem sollen weitere direkte Subventionszahlungen an Radio- und Fernsehveranstalter unterbleiben.

Die Initianten wehren sich gegen den Gebührenzwang und argumentieren mit der Entscheidungsfreiheit der Konsumenten. Eine Abschaffung der Gebühren würde den freien Wettbewerb fördern, was eine grössere Medienvielfalt zur Folge hätte. Die Loslösung der Medien vom Staat ermögliche erst eine wirkliche Medienfreiheit. Eine Annahme der Initiative würde laut den Initianten die SRG nicht abschaffen. Diese müsste sich lediglich selber finanzieren. (sys)