Bundesversammlung 2017 von Jubla Schweiz
Schweiz

«Wir schaffen Raum für Fragen des Lebens»

Steinhausen ZG, 2.11.17 (kath.ch) Der grösste katholische Kinder- und Jugendverband Jungwacht Blauring Schweiz Jubla hat am Sonntag ein neues Leitbild verabschiedet. In einem Gastbeitrag äusserst sich Alois Odermatt* zur Neufassung des Grundsatzes «Glauben leben» im Jubla-Leitbild.

Jungwacht Blauring Schweiz hat den Grundsatz «Glauben leben» seines Leitbildes neu gefasst und sich dazu ein Haltungspapier «Glauben und Kirche» gegeben. Die Bundesversammlung der Jubla vom 28./29. Oktober hat diese Texte verabschiedet. Gemäss Unterlagen geschah es nach einer sechsjährigen «Grundlagen- und Visionsarbeit», ausgelöst durch Äusserungen von Mitgliedern zu früheren kirchlichen Aussagen: Wir verstehen das nicht! Was bedeuten diese Worte? Wir brauchen Grundlagen, mit denen wir uns identifizieren können. Warum sind Kirchenleute so misstrauisch, wenn wir andere spirituellen Bilder und Worte wagen?

Warum sind Kirchenleute so misstrauisch?

Das erinnert mich an ewige Diskussionen der letzten Jahrzehnte. Vor vierzig Jahren wurde ich Leiter des Schweizerischen Pastoralsoziologischen Instituts (SPI) und Sekretär der Pastoralplanungskommission der Bischofskonferenz (PPK). Unsere Hauptaufgabe bestand darin, die Umsetzung der Beschlüsse der Synode 72 durch Sachbearbeitung zu unterstützen. Dazu gehörten die synodalen Beschlüsse zur Jugendarbeit. In diesem Zusammenhang hatte ich auch die Verhandlungen zu leiten, die zur Zusammenarbeit von Jungwacht und Blauring führten. Später hatte ich als Geschäftsführer der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz der Schweiz (RKZ) erneut mit Jugendarbeit zu tun; hier ging es um Aspekte der Finanzierung.

Ich wette, dass sich nun die Kritik auf drei Fragen stürzt: Wie steht es mit der theologischen Verortung? Ist konfessionelle Offenheit zu verantworten? Und vor allem: Im neuen Grundsatz «Glauben leben» kommt Gott nicht vor!

Im neuen Grundsatz kommt Gott nicht vor!

Zur theologischen Verortung. Der Grundsatz «Glauben leben» und das Haltungspapier «Glauben und Kirche» sind im Zusammenhang mit andern Grundsatzpapieren zu verstehen, hier etwa mit der Magna Charta der Jugendseelsorgerinnen und Jugendseelsorger von 2001 («Grundlage für eine gelingende kirchliche Jugendarbeit in der deutschsprachigen Schweiz»). Der «Rekrutierungsgedanke» war bereits 1995 verabschiedet worden, um Raum für eine begleitende, subjektorientierte Arbeitsweise zu geben. Dazu wurde bekräftigt: «Eine subjektorientierte und mystagogische Jugendarbeit ist ein selbstloses Angebot der Kirche. Wo diese Grundhaltungen glaubwürdig gelebt werden, kann die kirchliche Jugendarbeit darauf vertrauen, dass es immer Menschen geben wird, die in die Nachfolge Jesu treten.» Jubla leistet Diakonie dieser Art.

Die konfessionelle Offenheit ist im Kirchenrecht geklärt.

Zur konfessionellen Offenheit. Das hat das kirchliche Gesetzbuch von 1983 geklärt. Darauf wies im Jahr 2000 der damalige Kardinal Joseph Ratzinger in einem Aufsatz über die «Demokratisierung der Kirche» eigens hin. Es habe dem Vereinigungsrecht eine grundsätzlichere und vielgestaltigere Form gegeben. Der Kanon 215 formuliere erstmals im Kirchenrecht die Vereinigungsfreiheit als ein allen Gläubigen zustehendes Recht. Diese Bestimmung sei Rechtsgrundlage für das gesamte «konsoziative Element» in der Kirche. Dazu zähle der «freie Zusammenschluss als kirchlicher Verein», in dem auch Nichtkatholiken Mitglieder sein können. Der spätere Papst verstand dies als positiv.

«So gestalten wir die Welt mit.»

Im Grundsatz «Glauben leben» komme Gott nicht mehr vor? In der Neufassung kommt doch jedes Wort aus der Erfahrung, dass sich unverhofft «Mehr als Alles» ereignen kann: «In Jungwacht Blauring teilen und feiern wir besondere Momente in grosser Vielfalt und schaffen Raum für Fragen des Lebens. Wir setzen uns ein für ein friedliches und solidarisches Zusammenleben ein. So gestalten wir die Welt mit.»

Das lässt an die Brunnenvision von Bruder Klaus denken: Aus dem Brunnenkasten fliesst das Göttliche in schönem Gesang; und wie gewaltig es sich auch ergiesst, ist doch der Kasten stets wimpernvoll, so dass er unaufhörlich überquillt. Es tropft und zischt aus allen Ritzen – wie im Tun nach dem Grundsatz «Glauben leben».

Jubla versteht sich als wertvoller Teil der katholische Kirche.

Der katholische Kinder- und Jugendverband Jungwacht Blauring versteht sich nach dem neuen Haltungspapier selbstbewusst als «wertvoller Teil der katholische Kirche». Das scheint mir der Sicht von Papst Franziskus zu entsprechen: Die Kirche neu denken und leben – von der Peripherie her. Hier von der Peripherie der Jugend und ihren Hoffnungen her.

* Alois Odermatt ist Historiker und Theologe mit Schwerpunkt Liturgiegeschichte. Er lebt in Steinhausen im Kanton Zug.

Bundesversammlung 2017 von Jubla Schweiz | © zVg
2. November 2017 | 17:23
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