Samuel Behloul, Nationaldirektor der Kommission migratio der Schweizer Bischofskonferen
Schweiz

Weltkirche in der Schweiz: die katholischen Missionen der Migranten

Zürich, 12.4.15 (kath.ch) Die katholische Kirche ist eine Weltkirche, auch in der Schweiz. Rund ein Drittel der Katholiken hierzulande sind Zuwanderer, die in ihren Missionen in eigener Sprache und Kultur feiern. Das sei bereichernd, berge aber auch Konflikte, sagt Samuel Behloul, Nationaldirektor von Migratio, der zuständigen Kommission der Schweizer Bischofskonferenz in der Sendung «Perspektiven» von Radio SRF 2 Kultur am Sonntag, 12. April.

Die Treffen und religiösen Feiern in den Missionen helfen vielen Migranten bei der Identitätsfindung, weiss Behloul. Auch die zweite und dritte Generation suche in diesem Rahmen Nestwärme und Spiritualität, darunter auch Menschen, die sozial bestens integriert seien in der Schweiz, die studierten oder einen guten Beruf hätte, so Behloul. In den Missionen könnten sie die Gebete und Lieder hören und singen, die sie aus ihrem Heimatland kennen. Der Priester der tamilischen Mission, Dalima Christopar, sagt in der Sendung: «Wir dürfen unsere Kultur nicht vergessen». Dies für eine allfällige Rückkehr ins Heimatland, was aber aktuell nicht möglich sei.

Die Kirche als Zufluchtsort

Laut Behloul bringen viele Migranten ein anderes Kirchenbild mit aus ihrer Heimat als hier üblich. «Für sie stellt die Kirche einen Zufluchtsort dar vor sozialer Ungerechtigkeit und politischer Unterdrückung». Sie verstünden nicht, weshalb die Kirche in der Schweiz so stark kritisiert werde.

Andererseits gebe es seitens der Missionen Widerstände gegen den Einbezug von Frauen in die Pfarreiarbeit. Was für die Schweizer selbstverständlich geworden sei, etwa eine Frau als Gemeindeleiterin, sei in den Missionen bisher undenkbar, so Behloul. Solche Differenzen führten teilweise zu Rückzügen der zerstrittenen Parteien in die Schützengräben. Aber es bewege sich auch in den Missionen. So seien bei den Italienern und Kroaten kürzlich Pfarreiassistenten angestellt worden – mangels geeigneter Priester. Und es gebe eine Durchlässigkeit: fremdsprachige Katholiken, die Schweizer Gottesdienste besuchten oder Schweizer Katholiken, die beispielsweise bei den Italienern zur Kirche gingen.

Behloul fordert neue Generation Theologen

Auch finanziell ist nicht alles im Lot, tönt Behloul an. Die katholischen Kirchenparlamente entscheiden, wer wieviel Geld erhält. Da gehe es auch um Definitionsmacht. Der Migranten-Vertreter findet, es brauche ein Modell für eine zukünftige interkulturelle Pastoral. «Wir brauchen eine neue Generation von Theologen und Theologinnen, die sich damit befassen», fordert er.

Die ersten Missionen entstanden laut Behloul in den 1960er-Jahren. Auf die italienische folgte bald die portugiesische und die kroatische. Später kamen weitere hinzu, etwa die philippinische, die eritreische, die tamilische und neuerdings auch die syrische Mission.

Samuel Behloul ist Dozent und Forschungsmitarbeiter am Religionswissenschaftlichen Seminar der Universität Luzern. (rp)

Samuel Behloul, Nationaldirektor der Kommission migratio der Schweizer Bischofskonferen| © 2015 zVg
12. April 2015 | 13:17
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