Papst Franziskus erhält beim Gottesdienst in Villavicencio Geschenke von Vertretern indigener Völker.
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Versöhnung soll nichts verschleiern

Villavicencio, 9.9.17 (kath.ch) Bei seinem zweiten grossen Gottesdienst in Kolumbien hat Papst Franziskus die Menschen im Land eindringlich dazu aufgerufen, einander die Hand zur Versöhnung zu reichen. Versöhnung bedeute, «allen und jedem Menschen, die das Drama des Konflikts erlebt haben eine Tür zu öffnen», sagte er am Freitag in seiner Predigt auf einem Gelände am Stadtrand von Villavicencio.

Zu Beginn der Messe unter freiem Himmel sprach der Papst zwei Märtyrer selig, die im kolumbianischen Bürgerkrieg ermordet worden waren: Bischof Jesus Emilio Jaramilla und den Priester Pedro Maria Ramirez. An der Messe nahmen etwa 150’000 Menschen teil, andere Quellen nennen rund die doppelte Zahl.

Mut zum ersten Schritt

Zur Versöhnung müssten «einige den Mut fassen, den ersten Schritt (…) zu tun, ohne darauf zu warten, dass die anderen es tun», sagte Franziskus. «Es genügt eine gute Person, damit es Hoffnung gibt. Und ein jeder kann diese Person sein!» Wer als Opfer die verständliche Versuchung von Rache überwinde, mache den Aufbau des Friedens glaubwürdig, so der Papst in der mehrfach von Applaus unterbrochenen Predigt. Allerdings bedeute das nicht, Unterschiede und Konflikte unter den Teppich zu kehren, ebenso wenig heisse dies, Ungerechtigkeit zu legitimieren oder sich ihr zu fügen.

In dem Gottesdienst am Fest Mariä Geburt (8. September) stellte Franziskus den Gläubigen auch Maria und Josef als Vorbild vor. Durch Maria und ihre Herkunft aus dem Volk Israel sei klar, dass im Blut Jesu «die Geschichte der Gerechten und der Sünder fliesst, unser Heil kein steriles Heil aus dem Labor ist». Und in einer Welt, «in der die psychische, verbale und körperliche Gewalt gegenüber der Frau offenkundig ist», sei Josef, der Maria nicht verstiess, das Vorbild «eines respektvollen und feinfühligen Mannes».

Franziskus zitiert Johannes Paul II.

Ausserdem zitierte Franziskus in seiner Predigt den heiligen Johannes Paul II. (1978-2005), der den Bischöfen El Salvadors 1982 geschrieben hatte, Versöhnung sei «eine Übereinkunft zwischen Brüdern, die bereit sind, die Versuchungen des Egoismus zu überwinden und das Streben nach Pseudogerechtigkeit aufzugeben». «Jede Friedensbemühung ohne eine ehrliche Verpflichtung zur Versöhnung wird scheitern», warnte Papst Franziskus.

Versöhnung sei möglich, weil Jesus «mit euch (ist) alle Tage bis zum Ende der Welt», zitierte Franziskus aus dem Matthäusevangelium. Dieses Versprechen verwirkliche sich auch in Kolumbien, etwa in den beiden neuen Seligen, Jesus Emilio Jaramilla und Pedro Maria Ramirez. Sie seien «Ausdruck eines Volkes, das dem Morast der Gewalt und des Grolls entkommen will». Zu Beginn der Messe war der Papst von Vertretern indigener Völker der Region Llanos Orientales in traditioneller Kleidung begrüsst worden. (cic)

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9. September 2017 | 09:56
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