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Vatikan

Vatikan zu Missbrauchsvorwurf: Kein Opfer oder Zeuge traf Papst

Rom, 13.11.17 (kath.ch) Vatikansprecher Greg Burke hat jüngste Aussagen zu Missbrauchsvorwürfen im Vatikan per Tweet in Teilen dementiert. Es gebe «Falschaussagen über Ministranten im Vatikan»; Papst Franziskus habe kein mutmassliches Opfer empfangen, noch irgendeinen Zeugen, schrieb Burke am späten Sonntagabend auf Twitter.

Der italienische Autor Gianluigi Nuzzi hatte zuvor auf Twitter behauptet, es habe ein solches Treffen gegeben. Er hatte in einem neuen «Enthüllungsbuch» Berichte über mutmasslichen Missbrauch Minderjähriger im Vatikan öffentlich gemacht. Der italienische Sender «Italia 1» griff diese Vorwürfe am Sonntagabend in der Sendung «Le Iene» (»Die Hyänen») auf.

Ehemaliger Ministrant erzählt im TV-Beitrag

In dem TV-Beitrag sagt ein ehemaliger Ministrant, sein Zimmernachbar im vatikanischen «Preseminario San Pio X» sei vor seinen Augen mehrfach von einem Seminaristen sexuell missbraucht worden. Die Ereignisse sollen sich vor etwa zehn Jahren zugetragen haben, er habe diese später beim geistlichen Leiter angezeigt und sei daraufhin der Bildungseinrichtung für angehende Seminaristen verwiesen worden. Der mutmassliche Täter sei 2017 zum Priester geweiht worden, obwohl die Vorwürfe gegen ihn bekannt gewesen seien.

Das mutmassliche Opfer, anonymisiert gezeigt, bestätigt die Vorwürfe und spricht von weiteren Fällen. Der mutmassliche Täter wird vom Reporter vor einer Kirche abgefangen und auf die Vorwürfe angesprochen. Er antwortet: «Ich weiss nichts, tut mir leid.» Der ehemalige Rektor des Seminars, Enrico Radice, spricht im TV-Beitrag von «Falschaussagen». Er sagt weiter, auch der Papst gehe davon aus, dass es sich um «Verleumdungen» handele.

In Nuzzis neuem «Enthüllungsbuch»

Die Vorwürfe hatte der Autor Gianluigi Nuzzi in seinem neuen «Enthüllungsbuch» mit dem Titel «Peccato originale» (dt. Sündenfall) öffentlich gemacht. Er zitiert darin unter anderem aus Briefen des Zeugen Kamil Tadeusz Jarzembowski an kirchliche Verantwortungsträger, in denen er über die Vorwürfe berichtet, sowie aus einigen Antwortschreiben, die er erhielt. Den im Buch abgebildeten Dokumenten nach hat Jarzembowski auch einen Brief an Papst Franziskus geschrieben. Ein Antwortschreiben des Papstes ist nicht abgedruckt.

Das «Preseminario San Pio X» ist ein 1956 gegründetes Konvikt mit Sitz im Vatikan, unweit des Vatikangästehauses Santa Marta. Es nimmt Mittelschüler auf, die am Beruf des Priesters interessiert sind. Laut eigenen Angaben wurden mehr als 80 Besucher der Einrichtung später Priester oder Ordensleute. Eine Besonderheit ist, dass die Schüler als Messdiener im Petersdom eingesetzt werden. (kna)

Hinweis: Link zur Sendung «Le Iene»

Der Kirchenrat fordert den Pfarrer auf, therapeutische Hilfe zu suchen. Er lehnt ab. | © pixabay
13. November 2017 | 16:12
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