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Vatikan weist Beteiligung an mutmasslicher Entführung zurück

Rom, 19.9.17 (kath.ch) Der Vatikan hat Behauptungen zurückgewiesen, an dem Verschwinden der damals 15-jährigen Emanuela Orlandi im Jahr 1983 beteiligt gewesen zu sein.

Anlass ist die Veröffentlichung eines Dokuments, das angeblich vom damaligen Chef der vatikanischen Güterverwaltung Kardinal Lorenzo Antonetti stammen soll und demzufolge der Vatikan eine geheime Unterbringung Orlandis im Ausland organisierte.

Dazu erklärte das päpstliche Presseamt am Montagabend, das vatikanische Staatssekretariat dementiere nachdrücklich die Echtheit des Dokuments. Die darin enthaltenen Informationen seien «durchweg falsch und ohne jede Grundlage». Weiter hiess es, die Publikation verletze die Ehre des Heiligen Stuhls und rühre vor allem den «ungeheuren Schmerz der Familie Orlandi» wieder auf.

Ungelöster Kriminalfall

Das Verschwinden von Emanuela Orlandi, Tochter eines Vatikanangestellten, am 22. Juni 1983 gehört zu den bekanntesten ungelösten Kriminalfällen Italiens. Ihre Familie glaubt bis heute nicht an ein einfaches Gewaltverbrechen.

Am Montag veröffentlichten die Tageszeitungen «La Repubblica» und «Corriere della Sera» einen Vorab-Beitrag des italienischen Journalisten Emilio Fittipaldi, in dem dieser von einem angeblichen Rechnungsabschluss der vatikanischen Finanzverwaltung aus dem Jahr 1998 berichtet.

Den aufgeführten Posten zufolge finanzierte der Vatikan bereits einige Monate vor der mutmasslichen Entführung bis Juli 1997 Massnahmen in Zusammenhang mit der Verschleppung und dem Verbleib Orlandis, unter anderem eine Wohnung in London.

Papst soll Licht in mysteriösen Kriminalfall bringen

Der Bruder der seit 34 Jahren verschwundenen Vatikanbürgerin Emanuela Orlandi hat den Papst aufgerufen, Licht in das Schicksal seiner Schwester zu bringen. «Wenn Papst Franziskus alle von der Schweigepflicht entbinden würde, würden wir endlich wissen, was mit meiner Schwester passiert ist», sagte Pietro Orlandi der italienischen Tageszeitung «Corriere della Sera» von Dienstag.

Der 56-Jährige bezog sich auf die Veröffentlichung eines angeblichen Rechnungsdokuments, das eine Verstrickung der katholischen Kirchenleitung in die Verschleppung des Mädchens belegen soll. Der Vatikan bezeichnete das Papier als Fälschung.

Zu dem Dokument sagte Pietro Orlandi, er wisse nicht, ob es echt sei; es gebe noch «Umstände zu vertiefen». Da seine Schwester die vatikanische Staatsbürgerschaft besitze, müsse es für den Heiligen Stuhl eine Priorität sein, die Wahrheit aufzudecken. Im Vatikan wüssten «sehr viele» Personen über die Vorgänge von damals Bescheid, dürften dies aber nicht preisgeben.

Der Bruder äußerte sich überzeugt, Emanuela Orlandi sei nach ihrem Verschwinden 1983 «in einen Konvent oder an einen geheimen Ort» gebracht worden. Ihn habe eine Begegnung mit Franziskus «konsterniert», als dieser gesagt habe, Emanuela sei im Himmel. «Wenn er wirklich weiss, dass sie tot ist, muss er auch wissen, wie das passiert ist», so Pietro Orlandi. (cic)

Petersdom | © Sylvia Stam
19. September 2017 | 09:08
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