Vatikan und ägyptische Sunniten wollen Dialog wiederaufnehmen

Rom, 24.5.16 (kath.ch) Die sunnitische Al-Azhar-Universität und der Vatikan wollen wieder einen regulären Dialog aufnehmen. Man habe «einen richtigen Schritt in die richtige Richtung» vereinbart, sagte der Grossimam der Universität, Ahmed Mohammed al-Tayyeb, im Interview mit Radio Vatikan am Dienstag, 24. Mai. Einzelheiten für einen institutionellen Austausch nannte er nicht.

Al-Tayyeb war am Montag mit Papst Franziskus zu einem Gespräch zusammengekommen. Es war der erste Besuch eines Grossimams der renommierten Islam-Hochschule im Vatikan. Ein 1998 begonnener theologischer Austausch zwischen der Al-Azhar-Universität in Kairo und dem Vatikan brach 2011 ab. Grund waren Forderungen von Papst Benedikt XVI. (2005-2013) nach einem besseren Schutz für koptische Christen vor Terror und Gewalt.

Die Reihen schliessen

Ohne den Sachverhalt zu konkretisieren, sagte al-Tayyeb, die Kommissionsarbeit sei «aufgrund bestimmter Umstände» ausgesetzt worden. «Da diese Umstände nicht mehr vorliegen, nehmen wir den Dialog wieder auf, und wir hoffen, dass er besser wird als vorher», sagte al-Tayyeb der arabischen Sektion von Radio Vatikan. Die Weltgemeinschaft müsse «sich zusammentun und die Reihen schliessen, um gegen den Terrorismus vorzugehen und ihm ein Ende zu setzen», sagte der Islamgelehrte. Andernfalls zahle nicht nur der Nahe Osten den Preis, sondern Bürger in Ost und West gleichermassen.

Die Religionen selbst seien nicht für Extremismus haftbar zu machen. In jeder Glaubensrichtung gebe es eine irregeleitete Gruppe, «die das Banner der Religion erhebt, um in ihrem Namen zu töten».

Gemeinsames Friedensengagement

Mit Blick auf die Konflikte und Krisen weltweit sprach sich der Grossimam für ein gemeinsames Friedensengagement der Religionen aus. Die Zeit für die Vertreter der grossen Glaubensrichtungen sei gekommen, «entschieden und konkret» für Humanität und Frieden zusammenzuarbeiten. Alle religionsfernen modernen Weltanschauungen seien gescheitert. «Der Mensch ohne Religion ist eine Gefahr für seinesgleichen», so al-Tayyeb. Die Menschen des 21. Jahrhunderts suchten wieder nach «weisen Führern, die sie in die richtige Richtung leiten können», sagte der Grossimam. (cic)

24. Mai 2016 | 15:09
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Grossimam beeindruckt vom Papst

Franziskus sei «ein Mann des Friedens, ein Mann, der der Lehre des Christentums folgt», sagte al-Tayyeb auf Radio Vatikan. Franziskus lasse Respekt vor anderen Religionen und Wertschätzung für deren Gläubige sehen, sagte al-Tayyeb der arabischen Sektion von Radio Vatikan. Weiter nannte er den Papst einen «Asketen, der den vergänglichen Annehmlichkeiten des weltlichen Lebens entsagt hat».

Zusammen mit dem Einsatz für Arme und dem Verantwortungsbewusstsein für Menschen allgemein seien dies «Eigenschaften, die wir mit ihm teilen». Daher rühre auch der Wunsch, «diesen Mann zu treffen und mit ihm für die Menschheit zusammenzuarbeiten», sagte al-Tayyeb. (cic)