Daniel Nicholas DiNardo an der Versammlung der US-amerikanischen Bischofskonferenz
International

US-Bischöfe beugen sich, wollen aber «keine Filialleiter des Vatikan» sein

Baltimore, 15.11.18 (kath.ch) Am Ende huschte ein scheues Lächeln über das Gesicht des Vorsitzenden der US-amerikanischen Bischofskonferenz. Kardinal Daniel DiNardo sagte zum Abschluss des dreitätigen Treffens am Mittwochabend (Ortszeit) in Baltimore, seine Hoffnung ruhe in Christus. Er habe verstanden, wie entschlossen die Bischöfe seien, sich gegenüber den Gläubigen und den Opfern des Missbrauchsskandals rechenschaftspflichtig zu machen.

Thomas Spang

«Wir verlassen diesen Ort mit dem Versprechen, die stärkstmöglichen Massnahmen zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu ergreifen», erklärte DiNardo vor den rund 350 Bischöfen aus 196 Diözesen. «Wir werden das in Gemeinschaft mit der universalen Kirche machen», versuchte er die Intervention Roms unmittelbar vor Eröffnung des Bischofstreffens in ein positives Licht zu rücken. «Zusammen als Weltkirche voranzuschreiten, macht die Kirche in den USA und die globale Kirche stärker.»

Vatikans Intervention zuerst am falschen Fuss erwischt

Das klang am Montag noch etwas anders. Da hatte die Intervention aus Rom offenbar noch auf dem falschen Fuss erwischt: Keine Abstimmung über die detailliert vorbereiteten Massnahmenpakete, sondern das für Februar im Vatikan anberaumte Treffen der Bischofskonferenzen zum Thema Missbrauch abwarten, lautete die Massgabe aus dem Vatikan, der sich die US-Hirten beugten.

Allerdings nur widerwillig, wie die leidenschaftlichen Diskussionen im Plenum oder am Rande der Herbsttagung deutlich machten. Selbst der treue Gefolgsmann von Papst Franziskus, Kardinal Blase Cupich aus Chicago, meinte, die Bischöfe sollten einen informellen Weg finden, ihre Haltung deutlich zu machen. «Frustration ist ein Luxus, den ich mir meinem Gefühl nach nicht leisten kann», sagte Cupich in einem Interview. «Ich möchte einen Weg nach vorn anbieten.»

Bischöfe wollen Licht in Affaire McCarrick bringen

Obwohl die Bischöfe sich daran hielten, nicht vorzupreschen, setzten sie Signale. So zeichnete sich der Wunsch ab, Licht in das Dunkel der Affäre um den zurückgetretenen Ex-Kardinal von Washington, Theodore McCarrick, zu bringen.

Sprecher machten darauf aufmerksam, dass der abgesetzte Würdenträger immer noch nicht aller Ämter enthoben sei. Das hätte ihm das Recht gegeben, an der Bischofskonferenz teilzunehmen. Obwohl der Antrag auf Herausgabe der Untersuchungsergebnisse in Rom keine Mehrheit fand, machten die Bischöfe deutlich, den Fall aufarbeiten zu wollen.

Kein Aufstand gegen den Papst

Es gab auch Debatten über die vorbereiteten Massnahmen-Pakete, die eigentlich beschlossen werden sollten. Dazu gehören ein Verhaltenskodex der Bischöfe, die Einsetzung einer Kommission aus sechs Laien und drei Klerikern zur Überprüfung von Missbrauchsvorwürfen sowie eine Art Beschwerdeinstanz, in der ebenfalls Laien den Ton angeben sollen. Doch ein Aufstand gegen den Papst, wie ihn etwa der ehemalige Nuntius in Washington, Erzbischof Carlo-Maria Vigano, gern gesehen hätte, blieb aus.

Der Bischof von Springfield (Illinois), Thomas Paprocki, scheiterte mit dem Vorstoss, ein «Meinungsbild» einzuholen, wie die Bischöfe mit der Missbrauchskrise umgehen wollten. «Wir sind keine Filialleiter des Vatikan», rief er den Bischöfen in Anspielung auf die Bitte Roms zu, in Baltimore keine voreiligen Beschlüsse über das weitere Vorgehen in der Missbrauchskrise zu beschliessen.

Antwort der Weltkirche akzeptiert

Am Ende behielt die Einsicht die Oberhand, dass es angesichts der globalen Missbrauchskrise wichtig sei, eine Antwort der Weltkirche darauf zu formulieren. Die US-Kirchenführer setzen demnach darauf, dass ihre Haltung auch ohne Abstimmung hinreichend klar geworden ist.

Hirtenbrief gegen Rassismus beschlossen

Eindeutig fiel ihr Votum zu dem lange erwarteten Hirtenbrief zum Rassismus aus. «Trotz vielversprechender Schritte, die in unserem Land gemacht wurden, infiziert der hässliche Krebs des Rassismus immer noch unsere Nation», heisst es in dem gegen nur drei Stimmen beschlossenen Pastoralschreiben. «Rassistische Handlungen sind sündhaft, weil sie die Gerechtigkeit verletzen. Sie offenbaren ein Versäumnis, die Menschenwürde der beleidigten Personen anzuerkennen, sie als die Nächsten zu erkennen.» Zumindest ein klarer Beschluss zum Ende einer Herbsttagung, bei der Teilnehmer vieles zwischen den Zeilen sagten. (kna)

Daniel Nicholas DiNardo an der Versammlung der US-amerikanischen Bischofskonferenz | © KNA
15. November 2018 | 11:31
Lesezeit: ca. 2 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!