Islam - Arena vom 23. Januar 2015
Schweiz

TV-Kritik zur Islam-Arena: Illi ist der Sieger – Muslime sind die Verlierer

Eine TV-Kritik von Werner De Schepper zur Islam-Arena, Erstausstrahlung: Freitag, 23.1.15, 22.25 Uhr SRF

 

Um das Resultat gleich vorweg zu nehmen: Alles ist so herausgekommen, wie es das Schweizer Fernsehen inszeniert hat. Bewusst hat Arena-Chef Projer den TV-Showdown rund um den Konvertiten und Extrem-Muslim Illi aufgebaut. So wie man früher die Boxkämpfe mit Muhammed Ali als den «Bösen» organisiert hat. Und so wie Ali aus dieser Bösewicht-Inszenierung immer Profit schlagen konnte, so geschah es auch in der Arena. Alles drehte sich im Ring um Illi, Illi und nochmals Illi.

Nie ging es am Freitag abend um das, was das Fernsehen auf seiner Homepage scheinheilig als eigentliches Ziel der Sendung definiert hatte: «Welche Rolle nehmen Schweizer Muslime in der Gesellschaft ein? Wer vertritt sie eigentlich? Und wie verträgt sich der muslimische Glaube mit der Schweizer Gesellschaft?»

Über all diese Fragen konnte aufgrund der Ausgangslage gar nicht diskutiert werden. Die Inszenierung ist stärker als die Inhalte: Wer den extremistischen, aber – wie der renommierte Islam-Professor Reinhard Schulze auf kath.ch schon im Vorfeld deutlich gemacht hat – höchst «marginalen» Zentralrat als Repräsentant der Schweizer Muslime in der Arena ins Zentrum des Rings stellt, muss sich nicht wundern, wenn sich alles um diesen Mann im Ring dreht. Oder wie es Daniel Foppa, Inlandchef des Tagesanzeiger auf Twitter träf sagte: «Eine Islam-Arena mit Illi in der ersten Reihe ist wie eine Christen-Arena mit einem Lefebvristen als Vertreter der Katholiken.»

Und so war es dann auch: Am Rand der Arena, quasi in der Pause zwischen weiteren Schaukampf-Runden mit Illi, durfte der gemässigte Muslim Farhad Afshar als Präsident der Koordination Islamischer Organisationen Schweiz zwar die Muslimgemeinschaften auffordern, sich demokratisch zu organisieren und in der Muslim-Gemeinde Strukturen zu schaffen, bei der Frauen mit Männern gleichgestellt sind. Aber darüber wurde natürlich nicht weiter diskutiert. So brisant es eigentlich ist, was Afshar von den Muslimgemeinschaften in der Schweiz fordert: Eine demokratische Struktur. Wenn man bedenkt, wie sich selbst in der katholischen Kirche Schweiz gewisse Kreise immer noch nichts anderes wünschen, als die landeskirchliche, demokratische Struktur wieder zu zerschlagen, dann weiss man eigentlich genug, wie wichtig und demokratiepolitisch entscheidend genau solche Organisationsfragen sein können für die gesellschaftliche Integration religiöser Gemeinschaften.

Aber darum ging es eben nicht. Statt über die Rolle der Schweizer Muslime in der Schweizer Gesellschaft zu reden, statt wie Angela Merkel die Einwanderungsrealität zu anerkennen, wenn sie sagt: «Der Islam ist ein Teil Deutschlands», statt also zu fragen, was es heisst, dass der Islam heute auch ein Teil der Schweiz ist, zeigte das Schweizer Fernsehen lieber ein Propagandafilmchen einer Horde im Wald vermummt herumlaufenden Schweizer Islam-Fanatiker. Ein Zentralrats-Filmchen über Leute, mit denen 99 Prozent der Muslime im Land nichts, aber auch gar nichts am Hut haben.

Und so kam es wie es kommen musste: Alles drehte sich bis am Schluss um Illi und seine wirren Islam-Auslegungen. Und die drängenden Fragen und Sorgen der Mehrheit der Schweizer Muslime blieben aussen vor. Immerhin: Illi zeigte sich als grosszügiger Sieger nach der Sendung und twitterte am Samstag dankbar in Richtung der Organisatoren seines Schaukampfes: «Ich möchte klarstellen: Die SRF-Crew war hart aber fair.» Na also. Dann ist die Welt des öffentlich-rechtlichen Fernsehens doch in Ordnung, wenn selbst die Extremisten ihnen zurufen: Ihr wart so fair.

Werner De Schepper ist Theologe und Journalist. Er arbeitet im Moment als Freelance bei kath.ch

Islam – Arena vom 23. Januar 2015 | © 2015 Printscreen
25. Januar 2015 | 06:01
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