Katja Wissmiller, katholische Theologin
Schweiz

Theologen machen auf Social Media mobil gegen die Selbstbestimmungsinitiative

Zürich, 24.10.18 (kath.ch) Vier ehemalige Sprecherinnen und Sprecher des «Worts zum Sonntag» haben eine Kampagne gegen die Selbstbestimmungsinitiative der SVP (SBI) lanciert. In kurzen Videoclips sagen die katholischen Theologen Katja Wissmiller und Meinrad Furrer und ihre reformierten Kollegen Rita Famos und Martin Kuse, weshalb sie am 25. November aus christlicher Sicht ein Nein in die Urne legen. Die Videos werden via Social Media verbreitet.

Barbara Ludwig und Sylvia Stam

«Man muss mehr auf Gott hören als auf das Volk», zitiert Rita Famos, reformierte Pfarrerin im Kanton Zürich, den Apostel Paulus. Der Satz aus der Apostelgeschichte gelte für alle Demokratien: «Eine Mehrheit kann sich immer auch täuschen auf Kosten einer Minderheit.» Deshalb brauche das Volk eine letztgültige Instanz als Gegenüber. Eine solche Instanz sei die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK). Die vier ehemaligen Sprecherinnen und Sprecher sehen die SBI als einen Angriff auf die EMRK.

Nebst Famos nehmen auch Katja Wissmiller, katholische Theologin, Meinrad Furrer, Beauftragter Spiritualität Urbane Kirche Zürich, und Martin Kuse, reformierter Pfarrer in der aargauischen Kirchgemeinde Holderbank-Möriken-Wildegg, in zweiminütigen Video-Statements Stellung gegen die Initiative. Unter dem Titel «Die Schweiz im Blick» sind seit Mittwoch vier Videos online, in denen die vier Theologen christliche Gedanken zu Selbstbestimmung und Menschenrechten äussern.

Umsetzung christlicher Werte in säkularer Gesellschaft

«Die vier Statements zeigen, dass die Errungenschaft der EMRK ein Erfolg ist für die Umsetzung christlicher Werte in einer säkularen Welt», sagte Katja Wissmiller, die als Leiterin dieses Projekts auftritt, gegenüber kath.ch. Adressaten der Botschaften seien alle Stimmberechtigten, «vor allem diejenigen, die christliche Kultur in der Schweiz erhalten möchten.»

Sie selbst argumentiert in ihrem Video-Statement mit dem Schutz von Minderheiten. Dieser sei zwar in der Bundesverfassung gewährleistet. «Trotzdem braucht es eine Rückversicherung wie die EMRK, damit das auch so bleibt.» Auch Meinrad Furrer hebt den Schutz der Benachteiligten und die individuelle Würde Einzelner hervor. «Diese christliche Ethik fand schliesslich in der Entwicklung der Menschenrechte ihren Widerhall.» Für Martin Kuse ist die EMRK «eine der grössten Errungenschaften der Menschheit» überhaupt.

«Ihr Wort hat bei vielen Menschen in der Schweiz Gewicht.»

Genau um diesen Zusammenhang zwischen Menschenrechten und christlichen Werten geht es auch Andrea Huber, Geschäftsführerin der Allianz der Zivilgesellschaft. In der Allianz, die sich gegen die Selbstbestimmungsinitiative der SVP stark macht, sind auch verschiedene kirchliche Player wie der Schweizerische Katholische Frauenbund, Caritas Schweiz und Fastenopfer vertreten. Huber kennt Wissmiller aus privaten Zusammenhängen und hat sie für eine solche Videokampagne kontaktiert. Die übrigen Personen seien von Wissmiller angefragt worden.

Dass alle vier ehemalige Sprecherinnen und Sprecher des «Worts zum Sonntag» von Schweizer Fernsehen SRF sind, ist laut Katja Wissmiller Zufall. Allerdings wusste sie, dass diese «in kurzer Zeit einen Kommentar frei vor der Kamera sprechen können und dass ihr Wort bei vielen Menschen in der Schweiz Gewicht hat», sagte die Theologin gegenüber kath.ch.

Verbreitung über Twitter und Facebook

Die Videos, die von der Gestaltung her durchaus an das «Wort zum Sonntag» erinnern, wurden von der Allianz produziert und auf deren Youtube-Kanal hochgeladen. Von hier sollen sie über Facebook und Twitter verbreitet und geteilt werden, so Andrea Huber. «Hier wünschen wir uns tatkräftige Mithilfe von allen Mitbürgerinnen und -bürgern», so Wissmiller. Sie hofft, dass die Videos nicht nur geliked, sondern diskutiert und geteilt werden.

Die Volksinitiative «Schweizer Recht statt fremde Richter», (so genannte Selbstbestimmungsinitiative) der Schweizerischen Volkspartei will, dass das Schweizer Verfassungsrecht gegenüber dem Völkerrecht generell Vorrang hat. Zudem sollen die Behörden verpflichtet werden, der Verfassung widersprechende völkerrechtliche Verträge anzupassen und nötigenfalls zu kündigen. Die Initiative kommt am 25. November zur Abstimmung. Bundesrat wie Parlament lehnen die Initiative ab.

Allianz aus über 100 Organisationen

Gegen die Initiative hat sich eine breite «Allianz der Zivilgesellschaft» aus über einhundert Organisationen gebildet. Dazu gehören die bischöfliche Nationalkommission Justitia et Pax, Caritas Schweiz, Fastenopfer, Brot für alle, der Schweizerische Katholische Frauenbund, das Hilfswerk der Evangelischen Kirchen Schweiz, die Interreligiöse Arbeitsgemeinschaft in der Schweiz oder das Haus der Religionen in Bern.

Alle vier Videos sind auf der Seite der «Allianz der Zivilgesellschaft» zu sehen. 


Katja Wissmiller, katholische Theologin | © Vera Rüttimann
24. Oktober 2018 | 14:43
Lesezeit: ca. 3 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!