Kurt Pauli, Leiter des Stattklosters St. Gallen, freut sich darauf, am 1. Januar 2019 die Türen zu öffnen.
Schweiz

Stattkloster St. Gallen will neuen Lebensstil erproben

St. Gallen, 20.12.18 (kath.ch) Am 1. Januar 2019 wird in der Altstadt von St. Gallen das ökumenische Stattkloster St. Gallen eröffnet. In dem mehrstöckigen Haus mit zehn Zimmern soll sich eine Gemeinschaft aus unterschiedlichen Menschen wie Studenten und anerkannten Flüchtlingen bilden. Ziel der Gemeinschaft ist es, voneinander zu lernen, Spiritualität zu leben und die Integration zu fördern.

Claudia Koch

Um es gleich vorweg zu nehmen: Der Name «Stattkloster» ist keine alte Schreibweise. Der Name entstand aus der Überlegung, anstatt eines Klosters, anstatt hinter Mauern, einen Ort der Gemeinschaft zu schaffen. «Wir wollen keine geschlossene Gesellschaft, sondern offen für Menschen sein, die auf der Suche nach einer anderen Art Lebensstil sind», sagt Kurt Pauli, Leiter des Stattklosters. Ihn interessieren Menschen, die nicht kirchlich orientiert sind, sich aber nach einer Lebensweise mit spirituellen Inhalten umsehen.

«Menschen auf der Suche nach einem anderen Lebensstil»

Dass es einige solcher Menschen gibt, hat Pauli bereits beim Projekt «Safranblau» erfahren. Dieses Projekt, mit Vertretern aus der katholischen, evangelischen und christkatholischen Landeskirche, bietet Workshops, Events und Reisen für junge Erwachsene an, die Kirche neu denken wollen. Trägerschaft sowohl von Safranblau wie auch vom Stattkloster ist der ökumenische Verein Wirkraumkirche St. Gallen.

Neue Formen von Kirche umsetzen

Die Idee des Stattklosters entstand aus dem Wunsch Paulis, einen Ort für gemeinsames Leben, Glauben und Arbeiten zu schaffen. Inspiration holte sich Pauli unter anderem in England bei der «Fresh expression of church» (neue Ausdrucksformen von Kirche, d.R.). Dazu praktiziert die Bewegung eine hingehende Kirche, die Aktivitäten und Seelsorge direkt bei den Menschen vor Ort anbietet.

Eine weitere Inspiration holte sich der ausgebildete Sozialdiakon und Sozialpädagoge Pauli in Berlin im «Sharehouse Refugio». In diesem Haus leben und arbeiten vorwiegend Menschen, die ihre Heimat verloren haben oder verlassen mussten. Aber auch Menschen, die auf der Suche nach einem neuen Leben oder einer Gemeinschaft sind. Eine solche Möglichkeit wollte Pauli auch in St. Gallen anbieten und suchte nach geeigneten Räumlichkeiten.

«Ein Projekt für die Zukunft»

Beim Nachbarschaftskaffee in der Magnihalden, wo der Wirkraumkirche seine Büroräumlichkeiten hat, erfuhr Pauli, dass gleich um die Ecke, gegenüber der Kirche St. Mangen, ein ganzes Haus zu mieten ist. Der Hauseigentümer zeigte sich interessiert, dann musste Pauli den Vorstand überzeugen. Dieser sieht im Stattkloster ein Projekt für die Zukunft und lenkte ebenfalls ein. «Es ist ein Wunder, es hat sich eins zum anderen gefügt», sagt Pauli.

Platz für Flüchtlinge und Studierende

Im Parterre sollen die neuen Büroräumlichkeiten für das Team des Stattklosters und im ersten Stock ein Gästezimmer sowie zwei Zimmer für die bereits bestehende Stattkloster-Gemeinschaft eingerichtet werden. Im zweiten und dritten Stock des Hauses an der Kirchgasse 16 sollen sich vier anerkannte Flüchtlinge und drei Menschen aus der Schweiz wie etwa Studierende einmieten können.

Im Parterre ist das Werkstatt-Café im Ausbau, das Pauli als «Türe zu den Menschen» bezeichnet. Dieser Raum soll ab April 2019 als Begegnungsmöglichkeit und Kiosk genutzt werden. Für die Einrichtung wurde anfangs Dezember eine Crowd-founding-Aktion bei www.100-days.net unter «d/Werkstatt für dich» ins Leben gerufen.

Zwei Studentinnen als erste Mieterinnen

Laut Pauli sollen sich Menschen für das Leben im STATTKLOSTER angesprochen fühlen, welche Zeit in die Gemeinschaft, in Diskussionen rund ums Leben und um Glaubensfragen investieren wollen. Die Menschen sollen bereit sein, mit Flüchtlingen zusammen das Leben zu teilen, so dass Integration gelingen und Fremdes vertraut werden kann. Zwei Studentinnen werden am 1. Januar 2019 je ein Zimmer beziehen. Anerkannte Flüchtlinge für die weiteren Räumlichkeiten sucht Pauli noch. Er ist zuversichtlich, dass er über sein breites Netzwerk Flüchtlinge wie auch weitere Mieter gewinnen kann.

«Man muss Zeit in die Gemeinschaft investieren wollen.»

Die Zeitdauer für die Miete ist auf 18 Monate beschränkt. In dieser Zeit soll eine wertschätzende und lernende Gemeinschaft gebildet werden, die die Erfahrungen über das Stattkloster hinaustragen und leben soll. Möglichkeiten zur Spiritualität sieht Pauli durch eine einfache Liturgie wie etwa ein Gebet oder ein Lied. Diese Elemente können durchaus bestehen bleiben und mit neuen Mietern ausgebaut werden. Für einen reibungslosen Ablauf im Stattkloster sucht Pauli noch freiwillige Mitarbeitende, die etwa im Kiosk-Kaffee mithelfen oder die Gästezimmer betreuen. Pauli ist aber auch in diesem Punkt zuversichtlich.

Kurt Pauli, Leiter des Stattklosters St. Gallen, freut sich darauf, am 1. Januar 2019 die Türen zu öffnen. | © Claudia Koch
20. Dezember 2018 | 11:54
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