Erwin Tanner
Schweiz

Sekretär der Bischöfe: Islam-Zentrum passt an die Uni Freiburg, aber...

Freiburg, 3.2.15 (kath.ch) Die SVP Freiburg lanciert eine Volksinitiative gegen das Islam-Zentrum an der Universität Freiburg. Wie stellt sich die Arbeitsgruppe Islam der Schweizer Bischofskonferenz zu dieser Initiative und zur Ausbildung von Imamen in der Schweiz? kath.ch hat bei Erwin Tanner, Generalsekretär der Schweizer Bischofskonferenz und Sekretär der Arbeitsgruppe Islam nachgefragt. Ein islamisches Zentrum an der theologischen Fakultät wird von der Arbeitsgruppe mit Vorbehalten begrüsst; für die Ausbildung von Seelsorgern sei eine staatliche Einrichtung aber nicht zuständig. Das Interview wurde schriftlich geführt.

Barbara Ludwig

Wie steht die Arbeitsgruppe Islam grundsätzlich zum Islam-Zentrum. Braucht es ein solches Zentrum in der Schweiz? Falls ja, warum? Falls nein, warum nicht?

Die Arbeitsgruppe Islam der Schweizer Bischofskonferenz hat mit Interesse vom Projekt Schweizer Zentrum für Islam und Gesellschaft Kenntnis genommen. Im vergangenen September habe ich in einem Schreiben an den Rektor der Universität Freiburg dieses Interesse klar zum Ausdruck gebracht und ihm mitgeteilt, dass die Arbeitsgruppe bei Bedarf zur Zusammenarbeit bereit sei. Mit ihren praktischen Erfahrungen aus interreligiösen Dialogrunden und Kontakten, die sie seit fünfzehn Jahren im In- und Ausland pflegt, verfügt sie über einen reichhaltigen konkreten Wissensschatz, den sie gerne der Universität und dem genannten Zentrum zur Verfügung stellt. Allerdings sind hier noch einige Bedenken hinsichtlich der gewünschten Wirkung des Instituts aus dem Weg zu räumen. Erstens haben wir nach wie vor haben kein klares inhaltliches Profil dieses Zentrums, das einen Mehrwert gegenüber schon bestehenden Angeboten im Bereich des Dialoges mit Muslimen und Musliminnen und der Wissensvermittlung zum Islam und zu seinem Platz in der hiesigen Gesellschaft ausmacht. Zweitens ist die Leitung einem habilitierten Theologen aus Deutschland übertragen worden, der zwar ein Kenner des Islams ist, jedoch wohl noch nicht über die nötigen Kenntnisse des politischen, rechtlichen und gesellschaftlichen Systems der Schweiz verfügt. Und drittens: Lehre, Forschung und Weiterbildung zum Islam und zu den Muslimen/Musliminnen im hiesigen Gesellschafts- und Staatssystem sind zweifelsohne wichtig, sind aber nur dann glaubwürdig, wenn diese nicht einfach nur von einem Kreis stets gleicher Personen betrieben werden dürfen und das Institut auch kritische und extreme Stimmen aus Theorie und Praxis zulässt.

Finden Sie die Ansiedlung des Zentrums an der Universität Freiburg sinnvoll? Falls ja, warum? Falls nein, warum nicht?

Die Universität Freiburg i. Ü. ermöglicht mit ihren fünf zweisprachig geführten Fakultäten einen durchaus verlässlichen institutionellen Rahmen für eine interdisziplinäre Auseinandersetzung mit dem Islam und dies mit Blick auf fast die gesamte Schweiz. Ihr international zusammengesetzter Studien- und Lehrkörper macht sie zu einem Forum multikultureller Begegnung, das für die Arbeit eines Institutes wie jene des Zentrums für den Islam und Gesellschaft eine gute Rahmenbedingung darstellt. Als Universität der Schweizer Katholiken ist sie schliesslich der Offenheit Anderem bzw. anderen Menschen gegenüber verpflichtet, was der Aufruf des Hochschulrates für die Kollekte zugunsten der Universität am 1. Adventssonntag 2014 wiederum klar in Erinnerung ruft.

Gegner des Zentrums stossen sich daran, dass das Zentrum an der Theologischen Fakultät der «katholischen» Uni Freiburg entsteht. Die Fakultät solle sich auf den «Katholizismus» beschränken, fordern sie. Was sagen Sie zu dieser Argumentation?

Da das Zentrum laut Bekanntmachung der Universität vornehmlich einen Beitrag zum interreligiösen Dialog leisten will, macht es Sinn, dieses an der Theologischen Fakultät zu verorten. Sollte sich jedoch im Laufe der Arbeiten des Zentrums erweisen, dass sich das Studienangebot nur auf schiere Informationen über den Islam beschränkt, dann könnte es ebenso an der Philosophischen Fakultät angesiedelt werden.

Gegner werfen der Uni vor, im Islam-Zentrum würden künftig Imame ausgebildet. Das stimmt nicht. Geplant sind jedoch Weiterbildungsprogramme für Imame. Wie beurteilten Sie das Angebot des Zentrums, soweit es heute bekannt ist?

Prediger und Seelsorger für die eigenen glaubensgemeinschaftlichen Bedürfnisse auszubilden, ist Sache jeder Religionsgemeinschaft und darf von einer universitären Einrichtung aus Gründen der staatlichen Säkularität und der religiösen Neutralität nicht angeboten werden. Diesen Personen an einem universitären Zentrum ein Weiterbildungsangebot zum interreligiösen Dialog oder zum Umgang mit den sozialen, ökonomischen, politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen unserer Gesellschaft anzubieten, ist jedoch ein wichtiger Beitrag zu ihrer Integration und zu der ihrer Gemeinschaft in die Gesellschaft. (bal)

Lesen Sie zum Thema Islam-Zentrum auch das Zitat von Professor Othmar Keel.

Erwin Tanner | © Josef Bossart
3. Februar 2015 | 12:11
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