Die beiden Schwestern Ibadeta und Djeneta Demiri liegen als Folge des «Resignationssyndroms» im Koma.
Filmtipp

Schneewittchens Trauma – «Réveil sur Mars» über Migrationspolitik und Resilienz

Schweden. Ibadeta und Djeneta liegen seit Jahren im Koma. Ihre Körper haben aus Angst vor einer Ausschaffung in den Kosovo kapituliert. Die Familie hofft auf zwei Wunder: das Erwachen der Mädchen und eine Aufenthaltsbewilligung …

Natalie Fritz

Haare wie Ebenholz und Haut so weiss wie Schnee – tatsächlich liegen die beiden Mädchen wie eine doppelte Ausgabe von Schneewittchen reglos in ihren Betten in Horndal, Schweden. Doch das Leben von Ibadeta, Djeneta und ihrer Familie ist nicht märchenhaft: Der Alltag der Demiris wird von den Bedürfnissen der zwei Töchter bestimmt. Sie leiden am sogenannten «Resignationssyndrom» und liegen im Koma.

Mutter Nurje Demiri kümmert sich liebevoll um ihre zwei Töchter, die im Koma liegen.
Mutter Nurje Demiri kümmert sich liebevoll um ihre zwei Töchter, die im Koma liegen.

Ausgelöst wurde es durch massive Traumata. Die Demiris wurden als Angehörige einer ethnischen Minderheit im Kosovo verfolgt und drangsaliert.

Winterschlaf gegen die Angst

Als ihr Asylantrag in Schweden zum zweiten Mal abgelehnt wird, stellt zuerst der Körper der einen, dann derjenige der zweiten Schwester auf «Winterschlaf». Zu gross ist die Angst vor einer Rückkehr in die Heimat und dem, was sie dort erwartet. Nun liegen sie seit Jahren im Koma.

Der zehnjährige Bruder Furkan erinnert sich an früher und baut aus Schrott eine Rakete, um seine grossen Schwestern zum Mars zu fliegen, weit weg von ihren Schmerzen …

Furkan Demiri will seine beiden Schwestern zum Mars transportieren – weit weg von ihrem Schmerz.
Furkan Demiri will seine beiden Schwestern zum Mars transportieren – weit weg von ihrem Schmerz.

Hoffnung und Resilienz

Dea Gjinovcis Dokumentarfilm verbindet gekonnt zwei Erzählstränge miteinander: einerseits erzählt «Réveil sur Mars» davon, welche zusätzlichen traumatischen Folge die Migrationspolitik für den/die Einzelne haben kann. Gjinovci verurteilt nicht, sondern gibt den Betroffenen eine Stimme. Andererseits verdeutlicht der fiktive Strang um Furkan und seine Rakete, wie sich Resilienz ausbildet.

Nach Erhalt der provisorischen Aufenthaltsbewilligung sind die Mädchen übrigens erwacht. Fast wie im Märchen …

«Réveil sur Mars» (Wake Up on Mars), Schweiz/Frankreich 2020; Regie: Dea Gjinovci; Mit: Ibadeta, Djeneta, Nurja, Furkan Resul und Muharrem Demiri; Verleih: First Hand Films, www.firsthandfilms.ch, Filmwebseite: https://www.firsthandfilms.ch/de/reveille-sur-mars/

Ab 23. September 2021 im Kino

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Die beiden Schwestern Ibadeta und Djeneta Demiri liegen als Folge des «Resignationssyndroms» im Koma. | © First Hand Films
16. September 2021 | 05:00
Lesezeit: ca. 1 Min.
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