Baustellenleiter Adrian Bolz
Schweiz

Stuckateure in der Jesuitenkirche radieren den Schmutz von Hand weg

Luzern, 28.8.16 (kath.ch) Seit Dezember letzten Jahres ist die Jesuitenkirche in Luzern wegen Sanierung geschlossen. Die Reinigung und Sicherung der Stuckaturen komme gut voran, erzählen zwei Stuckateure im Gespräch mit kath.ch.

Sylvia Stam

Wer in die Jesuitenkirche eingelassen wird, erkennt die hohe und helle Barockkirche derzeit kaum wieder: Das Kirchenschiff ist komplett mit Gerüsten verstellt, die sich den Wänden entlang und über die Kirchenbänke erstrecken. Die Leuchter sind in Plastik gehüllt, Statuen, Bilder und Altäre hinter schwarzen Folien geschützt.

Seit Dezember 2015 wird die Kirche innen saniert: Das Stuckgewölbe wird gesichert und gereinigt, die Deckenbilder gereinigt und teilweise restauriert, Seitenwände und -kapellen ebenso wie Altäre und Kanzel gereinigt.

Risse im Stuck

«Es geht hauptsächlich um die Sicherheit», sagt Peter Schüpfer vom Stuckaturgeschäft Schüpfer und Debon AG. Sein Geschäft ist für die Restaurierung des Deckengewölbes zuständig. 30 Jahre nach der letzten Sanierung zeigten sich Risse im Deckenputz, einzelne Stuckaturen drohten gar, sich abzulösen.

«Das kann ins Auge gehen», sagt Stuckateur und Baustellenleiter Adrian Zopf, «wenn so ein Stück aus 23 Metern Höhe herunterfällt.» So hoch nämlich ist das Tonnengewölbe, das die Decke der Jesuitenkirche bildet. Aus diesem Grund war vorerst zum Schutz der Kirchenbesucher ein Netz unter die Decke gespannt worden, ehe die Kirche für die Innensanierung geschlossen wurde. «Die Stuckaturen konnten teilweise von Hand abgenommen werden», erläutert Zopf weiter. «Dahinter waren Hohlräume, sodass der Stuck nicht mehr hielt», erklärt der Vorarbeiter.

«Wenn man schon ein solch umfassendes Gerüst installiert, war es sinnvoll, auch gleich eine umfassende Reinigung vorzunehmen», erklärt Schüpfer, der schon die letzte Sanierung miterlebt hat, damals noch als Angestellter der Firma.

Die Decke nach Hohlstellen abklopfen

Zuerst wurde also eine Trockenreinigung vorgenommen, erklären die beiden Fachleute. «Wenn man den Schmutz von Kerzen und Heizung sofort nass reinigen würde, gäbe das eine unheimliche Schmiererei», malt Zopf aus, dessen Arme bis zu den Handgelenken mit Tätowierungen versehen sind. Man reinige daher trocken mit Schwämmen aus Kautschuk und «putzt den Dreck von Hand weg wie mit einem Radiergummi». Erst danach erfolge die Nassreinigung.

«Dann wurde die Decke nach Hohlstellen abgeklopft, die auf einer Karte eingetragen wurden», fährt Schüpfer fort. Pro Joch, wie eine durch vier Stützen gebildete räumliche Einheit im Fachjargon heisst, hätten sie bis zu 250 solcher Hohlstellen festgestellt. Die Jesuitenkirche ist in fünf Joche gegliedert.

«Derzeit sind wir dabei, das Gewölbe und die Stuckaturen zu sichern.» Wie das geht, erklärt Schüpfer anhand einer Skizze, die er an Ort und Stelle anfertigt. «Wir bohren bis in den Backstein hinein, und zwar alles ohne Schlagbohrer, dann wird Material hineingespritzt, um die Stukkatur zu verankern.» Dabei handle es sich um eine Naturfaser, Werg genannt, die flexibel auf Bewegungen reagieren könne.

Wie ein Lebewesen

Die gewölbte Decke sei nämlich wie ein Lebewesen, so Schüpfer, «ständig in Bewegung. Die Kräfte des Daches werden auf Trägerstein, Putz und die Stuckaturen übertragen». Deswegen habe sich der Stuck auch gelöst. «Die genaue Ursache für die Bewegung kennen wir jedoch nicht, und man findet das auch nicht heraus», sagt er lachend. Nach dreissig Jahren sei eine solche Sanierung aber auch einfach normal.

Zwei Drittel des Gewölbes sind inzwischen gereinigt und gesichert, es bleibt noch das letzte Drittel, zu dem auch der Altarraum gehört. «Wir sind sehr gut im Zeitplan», sagt Schüpfer. Die Kirche könne auf Weihnachten hin wieder geöffnet werden.

Wer sich vorher ein Bild von den Arbeiten machen möchte, kann dies am Tag des Denkmals (10. und 11. September) tun.

Bereits im letzten Jahr wurde die Aussensanierung abgeschlossen, die Kirche erhielt ein neues Dach und drei Fassaden wurden gereinigt. Die Kosten für die Gesamtrenovation belaufen sich auf fünf Millionen Franken.

Baustellenleiter Adrian Bolz | © Schüpfer und Debon AG
28. August 2016 | 08:00
Lesezeit: ca. 2 Min.
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Jesuitenkirche Luzern

Die Jesuitenkirche wurde von 1666 bis 1677 in frühbarockem Stil gebaut. Sie diente als Schulkirche für das Jesuitengymnasium sowie für die seelsorgerlichen Tätigkeiten des Ordens. Die für den Frühbarock typischen, ausschliesslich weissen Stuckaturen sind heute noch an den Wänden der Seitenkapellen ersichtlich.

In den Jahren 1749/50 wurde der Gewölbestuck im Rokokostil erneuert. Bereits damals fielen etliche Teile der schweren Ornamentik herunter. Die Rokoko-Decke zeichnet sich durch farbige und lebendigere Stuckaturen aus, «sodass vom leichten Gewölbe eine grössere dekorative Wirkung und eine kleinere Gefahr von herunterfallenden Früchten ausging», heisst es dazu im Führer der Denkmalpflege. Dem Stuckateur kam in dieser Zeit eine besondere Bedeutung zu: Wo früher der Steinmetz den Raum gestaltete und der Holzschnitzer den Altar, war dies in der Jesuitenkirche Aufgabe des Stuckateurs. Die beiden Türme wurden erst 1893 aufgesetzt. In den 1950-er und vor allem in den 1970-er Jahren wurde die Kirche umfangreich saniert.

Nach Aufhebung des Jesuitenordens 1773 blieb das Gymnasium weiterhin bestehen und wurde später als Kantonsschule an einen anderen Ort verlegt. Die Jesuitenkirche blieb dennoch bis heute, ohne Pfarrkirche zu sein, eine der meist besuchten Kirchen der Stadt. Heute zeichnet sie sich dadurch aus, dass Professoren der Theologischen Fakultät der Universität Luzern regelmässig hier predigen. Die fünf Sonntagsgottesdienste sind jeweils gut besucht.