Der Moskauer Patriarch Kyrill I. (links) und Metropolit Hilarion.
International

Russisch-Orthodoxe kündigen Gemeinschaft mit Konstantinopel

Minsk, 16.10.18 (kath.ch) In der orthodoxen Kirche spitzt sich der Machtkampf zwischen den beiden Zentren Moskau und Konstantinopel (Istanbul) um die Ukraine zu. Aus Protest gegen die Loslösung der ukrainischen Kirche brach die russisch-orthodoxe am Montagabend sämtliche Kontakte zum Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel ab.

«Von nun an, bis das Patriarchat von Konstantinopel seine dem Kirchenrecht widersprechenden Entscheidungen aufgibt, ist es für alle Geistlichen der russisch-orthodoxen Kirche unmöglich, mit Klerikern der Kirche von Konstantinopel zu konzelebrieren, und für die Laien unmöglich, die von dieser Kirche gespendeten Sakramente zu empfangen», heisst es in der Erklärung des Leitungsgremiums der Kirche, des Heiligen Synods, nach einer Sitzung in der weissrussischen Hauptstadt Minsk. «Zu unserem grossen Bedauern ist es uns unmöglich, die eucharistische Gemeinschaft mit ihren Bischöfen, dem Klerus und den Laien fortzusetzen.»

Der kirchliche Aussenamtschef Metropolit Hilarion bekräftigte: «Der Heilige Synod der russisch-orthodoxen Kirche hat beschlossen, die Kontakte zum Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel vollständig abzubrechen.»Er rief alle orthodoxen Landeskirchen auf, gemeinsam nach einer Lösung für die ukrainische Kirchenkrise zu suchen.

Moskau wirft Konstantinopel «Invasion» vor

Die Patriarchate von Moskau und Konstantinopel ringen seit Monaten über die Zuständigkeit für die Ukraine. Moskau wirft Konstantinopel vor, mit der Rehabilitierung zweier für die Spaltung der ukrainischen Orthodoxie verantwortlicher Kirchenführer die Teilung der Kirche in dem Land verstärkt zu haben. Konstantinopel unterstützt die Gründung einer autokephalen (eigenständigen) und damit von Moskau unabhängigen Kirche in der Ukraine.

Dadurch droht die russisch-orthodoxe Kirche in der Ukraine viele Gläubige und Gotteshäuser zu verlieren. Moskau will die Oberhoheit über die Ukraine behalten und wertet das Vorgehen Konstantinopels als «Invasion» in sein Territorium.

Sanktionen sind in der orthodoxen Kirche nicht neu

Sanktionen wie die jetzt verhängten sind in der orthodoxen Kirche nicht neu. Vor wenigen Jahren brachen auch die orthodoxen Patriarchate von Jerusalem und Antiochien ihre Kontakte ab. Anlass ist der Streit zwischen beiden Patriarchaten um die kirchliche Hoheit für den Golfstaat Katar.

Bereits Mitte September hatte die russische Kirche ihren Bischöfen die Konzelebration mit Bischöfen von Konstantinopel verboten. Auch die Mitarbeit in kirchlichen Gremien, die von Konstantinopel geleitet werden, setzte sie aus.

Drei orthodoxe Kirchen im Land

Vorausgegangen war die Entsendung zweier Bischöfe durch Bartholomaios I. in die Ukraine. Sie sollten dort die Bildung einer autokephalen und vereinten Kirche vorbereiten. In dem Land gibt es drei orthodoxe Kirchen, von denen eine mit Moskau verbunden ist. Rund 70 Prozent der Ukrainer sind orthodoxe Christen.

Russische Regierung kritisierte Kontantinopel

Auch Russlands Regierung hatte die Initiative des Ökumenischen Patriarchats für die Ukraine verurteilt. Aussenminister Sergej Lawrow nannte es eine «Provokation», dass sich Konstantinopel in der Ukraine zweier «schismatischer Kirchen» bediene. Washington habe das direkt unterstützt und so unzulässig in Kirchenangelegenheiten eingegriffen. Die mögliche Loslösung der Ukraine von der russisch-orthodoxen Kirche beschäftigte am Freitagabend auch den von Staatspräsident Wladimir Putin geleiteten russischen Sicherheitsrat. (kna)

Der Moskauer Patriarch Kyrill I. (links) und Metropolit Hilarion. | © zVg
16. Oktober 2018 | 10:04
Lesezeit: ca. 2 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!