Pilgern durch die Toskana
Schweiz

Katholische Kirche 2016 (2): Viel Frauenpower im Frühling

Zürich, 28.12.16 (kath.ch) Das zweite Quartal des Jahres 2016 stand kirchlich gesehen ganz unter dem Thema «Frauen». Nebst dem Pilgerprojekt «Für eine Kirche mit den Frauen», das die Schweizer Schlagzeilen beherrschte, machte Papst Franziskus das Frauendiakonat zum Thema und beförderte Maria Magdalena zur Apostelin.

Sylvia Stam

Es war das Ereignis der katholischen Kirche in der Schweiz in diesem Jahr: In der prall gefüllten Kathedrale von St. Gallen startete das Projekt «Für eine Kirche mit den Frauen» seinen Pilgerweg nach Rom. Die achtköpfige Pilgerschar wurde von Bischof Markus Büchel und Weihbischof Martin Gächter in einer bewegenden Feier gesegnet. Hunderte Sympathisantinnen und Sympathisanten schlossen sich daraufhin in der Schweiz und in Italien der Pilgerschar für eine oder mehrere Etappen an.

Viele weitere verfolgten das Geschehen über Facebook oder über den Blog des Projekts. Sie litten mit, wenn die Schar nur eine dürftige Unterkunft fand, und freuten sich, als die Gruppe Ende Juni am Rand ihrer Kräfte in Rom eintraf. Wann immer kath.ch darüber berichtete, schossen die Klickzahlen der Leser in die Höhe. Der Name der Initiantin, Hildegard Aepli, wurde schweizweit bekannt.

Die Pilgerschar hielt es für ein gutes Zeichen, dass ausgerechnet in der Zeit, als sie für mehr Gleichberechtigung in der katholischen Kirche nach Rom lief, Papst Franziskus ankündigte, eine Kommission einzusetzen, welche das Frauendiakonat in der frühen Kirche untersuchen soll. Ebenfalls liess er diesen Frühling verkünden, dass Maria Magdalena künftig dem Rang nach den Aposteln gleichgestellt sei.

Neue Präsidentin für Frauenbund

Auch der Schweizerische Katholische Frauenbund (SKF) machte in diesem weiblich geprägten Quartal Schlagzeilen: Die langjährige Präsidentin Rosmarie Koller-Schmid trat im Mai zurück und übergab das Zepter Simone Curau-Aepli, die eine Cousine von Pilger-Initiantin Hildegard Aepli ist. Der SKF wartete ausserdem mit den Resultaten einer Umfrage auf, welche zeigte, dass gleichberechtigte Teamarbeit für Frauen, die in der Kirche arbeiten, unmöglich ist.

Ob all dieser Frauengeschichten geriet das lange erwartete Schlussdokument der Bischofssynode, das päpstliche Schreiben mit dem schönen Namen «Amoris laetita», etwas aus dem Fokus der medialen Aufmerksamkeit. Das Schreiben wurde mehrheitlich positiv, aber doch insgesamt kontrovers aufgenommen, weil es keine klaren Gesetze erlässt, sondern auf die pastorale Kompetenz der Priester setzt.

Handschlag-Debatte und Gotthardsegnung

Auch in der Schweiz gab es in dieser Zeit durchaus noch andere Themen, die rege diskutiert wurden: So löste ein am Rand einer Arena-Sendung erwähnter Vorfall von zwei muslimischen Schülern, die einer Lehrerin in Therwil BL den Handschlag verweigert hatten, eine landesweite Debatte aus. Beinahe ebenso viel Zündstoff hatte die Frage, ob die Christen an der Segnung des Gotthardtunnels mit dem Katholiken Martin Werlen gebührend vertreten seien oder ob es neben dem Imam, dem Rabbiner und dem Atheisten nicht doch auch noch eine reformierte Pfarrerin brauchte.

Ob diesem nicht ganz geglückten interreligiösen Dialog ging beinahe unter, dass der Rat der Religionen ausgerechnet mit einem Sonderzug quer durch die Schweiz sein 10-jähriges Jubiläum feierte.

In der Frage um eine allfällige Aufteilung des Bistums Chur meldeten sich zahlreiche Kantonalkirchen und Regierungsvertreter zu Wort, bis Bischof Huonder bekannt gab, er wolle das Projekt «Bistum Urschweiz» ad acta legen, über ein Bistum Zürich jedoch im Gespräch bleiben.

Kirche und Politik

Gerhard Pfister wurde im April zum neuen CVP-Präsidenten gewählt und prägt seither die landesweite Diskussion um christliche Werte wesentlich mit.

Anfang Juni schliesslich stimmte das Schweizer Stimmvolk über diverse Vorlagen ab, die auch die Kirchen bewegten: Die Schweizer Bischöfe bedauerten das «Ja» der Bevölkerung zum Fortpflanzungsmedizingesetz, das «Ja» zum Asylgesetz wurde von kirchlicher Seite (Iustitia et Pax, Caritas) vorsichtig begrüsst. Für das bedingungslose Grundeinkommen hatten sich verschiedene kirchliche Vertreter stark gemacht, die sich trotz der Ablehnung über den Achtungserfolg von 23 Prozent Ja-Stimmen freuten.


Pilgern durch die Toskana | © 2016 Sylvia Stam
28. Dezember 2016 | 07:30
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