Kardinal George Pell
International

Prozess gegen Kardinal Pell beginnt – unter Ausschluss der Medien

Melbourne, 12.8.18 (kath.ch) An diesem Montag beginnt in Melbourne das Hauptverfahren gegen Kurienkardinal George Pell um zwei Fälle sexueller Übergriffe. Der 77-jährige Finanzchef des Vatikan ist der bislang höchstrangige Kirchenvertreter, der sich wegen Missbrauchsvorwürfen vor einem weltlichen Gericht verantworten muss. Medien ist aufgrund der australischen Rechtslage die Berichterstattung verboten.

Dieses Verbot schliesst auch Berichte über das Verbot selbst ein. «Das Publikationsverbot gilt für alle Bundesstaaten und Territorien in Australien sowie für alle in Australien zugängliche Websites oder andere elektronische (Medien) oder Sendeformate», hiess es im Antrag der Staatsanwaltschaft zum Schutz des Richters und der Geschworenen vor Beeinflussung durch die Öffentlichkeit. Das Verbot bleibt bis zum Ende des Verfahrens einschliesslich einer möglichen Berufungsverhandlung in Kraft.

Vorwurf der Belästigung

Offiziell unbekannt sind auch die Anklagepunkte. Es ist aber in Australien ein offenes Geheimnis, dass es um zwei Fälle geht: In den 70er Jahren soll Pell als Priester in Ballarat mehrere männliche Teenager in einem Schwimmbad sexuell belästigt haben. Im zweiten Fall geht es um den Vorwurf, Pell habe in den 90er Jahren als Erzbischof in der Sakristei der Kathedrale von Melbourne Chorknaben zu Oralsex gezwungen.

Pell erklärt sich unschuldig

Pell weist die Vorwürfe energisch zurück. «Nicht schuldig», erklärte er im April bei einer Anhörung. Für die Dauer des Verfahrens ist Pell von Papst Franziskus freigestellt. Die beiden Vorwürfe werden getrennt verhandelt. Dem Vernehmen nach soll es in dem nun beginnenden Verfahren zunächst um den Kathedralen-Fall gehen.

Medienexperten sehen die gesetzliche Unterbindung der Medienberichterstattung über Strafrechtsprozesse kritisch. Einer Untersuchung von Jason Bosland vom Zentrum für Medien und Kommunikationsrecht an der Uni Melbourne zufolge wird die Unterbindung der Berichterstattung von dortigen Gerichten exzessiv gehandhabt.

Aufklärer – und Vertuscher

Im australischen Missbrauchsskandal spielt Pell eine zentrale Rolle. Als Erzbischof von Melbourne setzte er erste Standards für die Aufklärung und den Umgang mit Missbrauchsfällen. Als Priester in Ballarat soll Pell selbst aber nach Erkenntnissen der staatlichen Missbrauchskommission an der Vertuschung von Missbrauchsfällen beteiligt gewesen sein.

Vor Prozessbeginn demonstrierte der Kardinal öffentlich Gelassenheit. Mitte Juli nahm er gut gelaunt in Sydney an der Verlobungsparty der Tochter des Kanzlers der Erzdiözese Sydney, Chris Meney, teil, wie die Zeitung «Sydney Morning Herald» berichtete. (kna)

Kardinal George Pell | © KNA
12. August 2018 | 12:59
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