Ein privater Islam-Side im Internet
Schweiz

Prävention gegen Djihadismus beginnt auf lokaler Ebene

Freiburg, 20.7.17 (kath.ch) Nur zwei Djihad-verdächtigte Jugendliche zählt der Kanton Freiburg. Trotzdem ruft die Freiburg Regierung zur Wachsamkeit auf und setzt dabei auch auf das Schweizerische Zentrum für Islam und Gesellschaft (SZIG), das in Freiburg stationiert ist.

Der Kampf gegen den Djihadismus in der Schweiz müsse über eine örtliche und interdisziplinäre Präventionsarbeit gehen, hält der Staatsrat in einer Antwort von Mittwoch auf einen parlamentarischen Vorstoss fest. Er verweist zudem auf den «Sicherheitsverbund Schweiz» hin. Diese beratende Plattform, an der Bund und Kantone mitwirkten, gebe wichtige Empfehlungen. Mit einer Strategie, gemäss der die verschiedenen Beteiligten auf regionaler und örtlicher Ebene zusammenarbeiten, könne eine effiziente Prävention gelingen.

Bei der Präventionsarbeit müsse das Augenmerk auf Internet und Social Media gerichtet werden. Diese spielten bei der Radikalisierung eine wichtige Rolle. Notwendig sei darum, dass Berufsleute, die mit Jugendlichen zu tun haben, über Kenntnisse und Instrumente verfügen, mit denen sie Einblick in diese Bereiche erhalten.

Bürgernahe Polizei und Schulen

Betroffene junge Menschen könnten sich in kurzer Zeit radikalisieren. «Ihre Tätigkeit kann unserem klassischen Nachrichtendienst verborgen bleiben», schreibt der Staatsrat.

Der «bürgernahen Polizei» – bei der nicht ordnungsdienstliche Aufgaben im Vordergrund stehen, sondern der Kontakt zur Bevölkerung –  komme bei der Prävention und der Beschaffung von Nachrichten eine wichtige Funktion zu. Im Kanton Freiburg gebe es unter der Bezeichnung «Vigipol» einen Stab, dem die bürgernahe Polizei, die Kriminalpolizei und die kantonale Zweigstelle des Nachrichtendienstes des Bundes (NDB) angehörten.

Suizid-Gefahr beunruhigender als Djihadismus

In der Prävention müssten auch die Schulen aktiv sein. Diese haben gemäss Kantonsrats-Bericht seit 2015 den Behörden zwei verdächtige Schüler gemeldet. In beiden Fällen habe jedoch keine «Djihadismusgefahr» bestanden, meldet der Kantonsrat.

Er hält weiter fest: «Im Allgemeinen kann man feststellen, dass unserer Kenntnis nach der Djihadismus für die Jugendlichen im Kanton nicht ein besorgniserregendes Thema ist.» Weitere Gefahren wie zum Beispiel der Selbstmord Jugendlicher seien «viel beunruhigender».

«Die Situation im Griff»

Wichtig sei es, Schülerinnen und Schüler für die Herausforderungen zu sensibilisieren, die sich durch die neuen Technologien ergeben und mit ihnen darüber auch zu diskutieren. Im Kanton würde das Lehrpersonal in der Ausbildung angehalten, sich dafür einzusetzen, dass «bei den Schülerinnen und Schülern ein kritischer Geist entwickelt werden kann».

Die Berufsfachschulen würden ihrem Lehrpersonal keine Weiterbildung zu diesem Thema anbieten, bemängelt der Staatsrat. Im Gefängnisbereich sei die Problematik der Radikalisierung reell. In der kantonalen Gefängnisanstalt «Bellechasse» habe man dank der Dienstleistungen «eines gut ausgebildeten Imams» die Situation im Griff.

Über Weiterbildung am Ball bleiben

Einen grossen Stellenwert in der Prävention misst die Kantonsregierung dem nationalen Zentrum für Islam und Gesellschaft (SZIG) bei, das in Freiburg untergebracht ist. Im Angebot des Zentrums finden sich verschiedene Weiterbildungsmöglichkeiten. Der Staatsrat verweist auf das Weiterbildungsseminar «Die Radikalisierung verstehen und verhüten», das weiterhin angeboten wird.

Das Zentrum führe derzeit einen Studiengang über Radikalisierung ein. Neben religiösen Radikalisierungsformen, Integralismus und Fundamentalismus soll dieser auch den politischen und säkularen Extremismus und Fanatismus behandeln. Im Rahmen seines Programms «Die islamischen Organisationen als gesellschaftliche Akteurinnen» bereite das Zentrum gemeinsam mit islamischen Vereinen einen Workshop vor, in welchem vor allem die Rolle islamischer Vereine bei der Prävention angegangen werden soll.

Arbeitslosigkeit und Ausgrenzung

David Bonny, einer der beiden Interpellanten im Kantonsparlament, erklärte gegenüber den «Freiburger Nachrichten» von Donnerstag, der Bericht sage nicht, wie es mit der Kontrolle von Schulabgängern und jungen arbeitslosen Erwachsenen nach dem Schulabschluss aussehe. Gemäss Bonny ist die Gruppe der 20 bis 30-Jährigen für djihadistische Radikalisierung besonders anfällig.

Von den muslimischen Institutionen im Kanton habe auf Anfrage keine Stellung zum Bericht des Staatsrats nehmen wollen, schreibt die Zeitung. Die grosse Mehrheit der Muslime wende sich klar vom Dschihadismus ab und halte ihn sogar für unislamisch, sagte hingegen der Leiter des SZIG, Hansjörg Schmid, gegenüber der Zeitung. Insgesamt sei der Djihadismus in der Schweiz eine Randerscheinung. «Seit 2001 sind gerade einmal 88 Schweizer in den Dschihad gezogen», sagt er. Schwieriger sei es zu sagen, wie viele Sympathisanten der Djihad in der Schweiz habe.

Viele Djihadisten hätten vor ihrer Radikalisierung Erfahrungen des Ausschlusses in der Arbeitswelt oder der Schule gemacht oder seien selbst Opfer von Gewalt geworden. Solchen Personen könne gemäss Schmid der Djihadismus eine spezielle Art von Sinnangebot liefern. (gs)

Ein privater Islam-Side im Internet | © screenshot
20. Juli 2017 | 16:45
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