Eucharistiefeier mit Papst Franziskus vor der Basilika in Fatima, 2017.
International

Papst spricht Seherkinder heilig und wünscht sich frohe Christen

Fatima, 13.5.17 (kath.ch) Der Wallfahrtsort Fatima gilt als Ort spektakulärer Wunder und dunkler Weissagungen. Papst Franziskus erdet an der Heiligsprechung zweier Seherkinder das Übernatürliche und will der Kirche 100 Jahre nach den Erscheinungen neuen Schwung geben.

Burkhard Jürgens

An die Pilger, die in Fatima zur Heiligsprechung strömen, verteilt Nuno André Muttergottes-Plaketten. Billige Blechmedaillons, eingeheftet in kreditkartengrosse Kunststoffhüllen. Gefragt, was er von der Marienerscheinung hält, die sich auf den Tag vor 100 Jahren an diesem Ort ereignet haben soll, antwortet der junge Portugiese mit einem Trick: Im Nu lässt er eines seiner Kärtchen im Ärmel verschwinden und zaubert es gleich wieder hervor. Nuno ist Theologe und Illusionskünstler. «Sinne können täuschen», sagt er. «Die Wahrheit muss man mit dem Herzen finden.»

Verstörung, Spott und Glaubenskraft

Verstört, bekehrt, zu Spott gereizt und im Glauben bestärkt hat unzählige Menschen das, was am 13. Mai 1917 den Kindern Francisco und Jacinta Marto und ihre Cousine Lucia dos Santos beim Viehhüten auf der Cova da Iria widerfuhr. Eine Frau, «strahlender als die Sonne», zeigte sich ihnen über einer Steineiche. Es war die erste einer Reihe von Begegnungen, mit Botschaften, deren Echo bis heute anhält. Fatima ist einer der grössten katholischen Pilgerorte der Welt.

Etliche Gläubige hatten die ganze Nacht vor dem Heiligtum verbracht.

Auch zu diesem Festgottesdienst haben sich gut 100’000 auf dem Platz versammelt; weitere verfolgen die Feier vor Bildschirmen in der Kleinstadt verteilt. Unter dem frühsommerlichen Himmel wehen Fahnen aus Brasilien und Kanada, Neuseeland und Puerto Rico; auffallend viele aus Polen, wo man die Muttergottes ebenfalls hoch in Ehren hält. Etliche Gläubige hatten die ganze Nacht vor dem Heiligtum verbracht, im Gebet oder schlafend in eine dünne Decke gehüllt.

Vom Leben gezeichnete Gesichter

Fatima steht für den Ruf nach Busse und für den Rosenkranz, für drastische Bilder von einem Engel mit Flammenschwert und armen Seelen im Höllenfeuer. Zur Geschichte Fatimas gehört die eines Sonnenwunders, das sich am 13. Oktober 1917 von Zehntausenden Zeugen ereignet haben soll. An diesem Samstag dominieren Menschen reiferen Alters das Bild auf dem Platz. In viele Gesichter haben die Wechselfälle des Lebens sichtbare Spuren eingegraben. So sehen keine religiösen Schwärmer aus.

Franziskus wendet sich an sie, die keine Wunder sehen und doch glauben. Eine Begegnung mit der Muttergottes, so der Papst, bleibt für die allermeisten der Ewigkeit vorbehalten. Doch das brauche nicht das Empfinden zu schmälern, unter dem Licht Gottes wie einem Mantel geschützt zu sein. «Er bedeckt uns, hier wie an jedem anderen Ort der Erde», fügt er an.

Frohbotschaft mit Kontrapunkt

Zuletzt hatte 2010 ein Papst Fatima besucht, Benedikt XVI. Er sprach wie jetzt Franziskus von der Botschaft der Liebe und Hoffnung; doch auch von ihrem düsteren Kontrapunkt: der Spirale von Tod und Terror, die der Mensch entfesselt habe, ohne sie aufhalten zu können. In sieben Jahren, sagte Benedikt XVI. damals, würden viele von ihnen wiederkommen, um die erste Erscheinung der Frau, die vom Himmel kam, zu feiern. Dann, so hoffte er, werde der «Triumph des Unbefleckten Herzens» näher sein.

Franziskus rückt das Ermutigende in den Vordergrund.

Ein Triumph ist es nicht, den Franziskus verkündet. Aber er rückt das Ermutigende in den Vordergrund. Die Heiligsprechung der Seherkinder, die er unter dem Applaus der Menge vornimmt, sie ist für ihn kein Anlass, den Bussruf von einst zu wiederholen. Franziskus betont den Dank «für die unzähligen Gnaden, die der Himmel in diesen 100 Jahren gewährt» habe.

Hoffnung für die anderen sein

Dann ruft er die Christen auf, ihrerseits eine «Hoffnung für die anderen» zu sein, «eine reale und erfüllbare Hoffnung», zu der jeder nach seinen Möglichkeiten etwas beitragen könne. Eine Mobilisierung gegen die Gleichgültigkeit verlangt der Papst. Dazu passt es, dass er am Morgen noch eine muslimische Flüchtlingsfamilie empfangen hat, die er vor zwei Jahren in Rom kennenlernte und die jetzt in Portugal lebt.

Kranke sind Kapital für die christliche Gemeinschaft

Zu dieser Mobilisierung passt auch, dass er sich nach der Messe eigens an die Kranken wendet, sie «ein Kapital für jede christliche Gemeinschaft» nennt. «Schämt euch nicht, ein wertvoller Schatz der Kirche zu sein», ruft er ihnen zu.

Hier ist der Papst ganz bei seinem Programm. Er wünscht sich Christen in der Welt, als «Wächter, die den Morgen erwarten». Er will «das junge und schöne Gesicht der Kirche wiederentdecken» lassen, «missionarisch, einladend, frei, treu, arm an Mitteln und reich an Liebe». (cic)

Predigt von Papst Franziskus in Fatima: «Wir haben eine Mutter»

Eucharistiefeier mit Papst Franziskus vor der Basilika in Fatima, 2017. | © KNA
13. Mai 2017 | 14:47
Teilen Sie diesen Artikel!

Zwei Seherkinder sind jetzt Heilige

Francisco (1908-1919) und Jacinta Marto (1910-1920) sind jetzt offiziell Heilige der Kirche. Papst Franziskus erklärte am 100. Jahrestag der Marienerscheinungen die beiden Hirtenkinder, denen 1917 in Fatima die Gottesmutter erschien und Botschaften übermittelte, am Samstag auf dem Vorplatz des Heiligtums zu verehrungswürdigen Vorbildern für Katholiken.

Während der traditionellen Zeremonie bat der Bischof von Leiria-Fatima, Antonio dos Santos Marto, den Papst formell um die Aufnahme der Geschwister Francisco und Jacinta Marto ins Verzeichnis jener Heiligen, die weltweit öffentlich verehrt werden dürfen. Daraufhin sprach Franziskus auf Portugiesisch die Formel, die beide zu Heiligen erhebt. Anschliessend wurden Reliquien der Seherkinder unter dem Applaus der Menge an den Altar gebracht.

Zu der Messe wurden auch 350 Kranke erwartet. An sie richtete der Papst im Anschluss ein besonderes Grusswort.

Am Samstagnachmittag wurde der Papst von Staatspräsident Marcelo Rebelo de Sousa am Militärflugplatz Monte Real verabschiedet. Der Abflug erfolgte mit mehr als halbstündiger Verspätung. Es war die 19. Auslandsreise des 80-jährigen Papstes. (cic)