Jugendliche winken beim Besuch von Papst Franziskus in Dhaka (Bangladesch).
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Papst Franziskus besucht die kleine Herde am Rand

Dhaka, 2.12.17 (kath.ch) Seit 63 Jahren arbeitet Bruder Lawrence im Dienst der Kirche von Bengalen. Er war Lehrer, Rektor, Sozialarbeiter, Pfarrer und Künstler. Heute lebt er als Eremit in Bangladeschs erstem Marienwallfahrtsort in einem christlichen Aschram. Der wurde 1976 gegründet und dient vielen, nicht allein Christen, als Anlaufstelle, «ihren geistlichen Durst zu stillen», wie Bruder Lawrence es formuliert. Er ist einer von Fünfen, die dem Papst von ihren Lebenserfahrungen im Dienst der Kirche in Bangladesch berichten – von dem über 80-Jährigen Missionar bis zum knapp 20-jährigen Seminaristen.

Roland Juchem

Die Stimmung ist gelöst in der Rosenkranzkirche von Dhaka, einem modernen Rundbau, im historischen Zentrum Tejgaon von Dhaka. Dort hat auch die katholische Kirche von Bengalen ihre Wurzeln. Ende des 16. Jahrhunderts gründeten Portugiesen dort eine Niederlassung, bauten die alte Rosenkranzkirche, die direkt neben der neuen steht, und legten einen Friedhof an. Dessen weisse Kreuze und Grabsteine zeugen ebenfalls von der Kirchengeschichte dieses Ortes, die an diesem Samstag mit dem Papstbesuch ein weiteres Kapitel aufschlägt.

Schon der dritte Papst zu Besuch

Dabei ist Franziskus schon der dritte Bischof von Rom, der nach Dhaka kommt. Paul VI. war 1970 da, Johannes Paul II. 1986. An ihn erinnert sich eine alte Frau im Rollstuhl noch, die Franziskus an diesem Morgen im Mutter-Teresa-Haus begrüsst. Das liegt ebenfalls auf dem Gelände der Rosenkranz-Kirche. Gegründet wurde es von Mutter Teresa (1910-1997) selbst; hier übernachtete sie stets, wenn sie die Schwestern in Dhaka besuchte. Waisenkinder, die ebenfalls im Heim wohnen, begleiten Franziskus anschliessend zur Kirche. Dort will er vor Priestern und Ordensleuten eine Rede halten.

Franziskus will frei sprechen

Die geplante Rede sei acht Seiten lang – «aber ich will euch nicht langweilen», sagt Franziskus dann unter dem Gelächter der 1500 anwesenden Priester, Ordensleute und Seminaristen. Das Manuskript legt er zur Seite, er lasse es übersetzen und kopieren. Franziskus spricht lieber frei, er ist wieder in seinem Element.

Andere Menschen wie eine von Gott gesäte Pflanze «zärtlich wässern»

Zum einen sollten Geistliche und Ordensleute sich selbst und andere Menschen wie eine von Gott gesäte Pflanze verstehen und entsprechend sorgsam, ja «zärtlich wässern und behandeln», sagt er. Dabei bedürfe es einer sorgfältigen Unterscheidung und Überprüfung dessen, was im Einzelfall gut und was schlecht ist. Dieses Thema sprach der Papst bereits in den vergangenen Monaten häufiger an.

Weiter warnt Franziskus erneut vor dem «Terrorismus des Geschwätzes» und übler Rede; diese hätten schon viele Gemeinschaften zerstört. Schliesslich bittet er, auch in schwierigen Momenten die Freude des Christen zu bewahren. Sollte das im Extremfall unmöglich sein, so sollten sie doch friedlich und ernsthaft bleiben.

Schwache und starke Momente des Papstes

Wie immer auf solchen Reisen gibt es Momente, in denen der Papst zu schwächeln scheint, schweren Schrittes ans Podium tritt und mit leiser Stimme seine Rede abliest. Und dann gibt es diese Momente, in denen er fast forsch ans Mikro tritt, strahlt und mit wenigen klaren Sätzen seine Botschaft rüberbringt.

Der Besuch der kleinen Herde ist dem Papst ein Herzensanliegen.

Und wenn der Nachfolger des Petrus seine winzige Herde in Asien besucht, dann ist ihm das ein Herzensanliegen. Die Art und Weise, wie er den alten Missionar und Eremiten fast ehrfürchtig begrüsste, den schüchternen jungen Seminaristen aufmunterte, zeigten, wie dieser Papst sich als Seelsorger versteht.

Papst ermuntert zur interreligiösen Harmonie

Wie schon in Myanmar waren junge Menschen seine letzten Adressaten. Als wenn er besonders der Jugend sein Vermächtnis vor dem Abschied hinterlassen wollte. Was ihm dieses Mal besonders wichtig war: Respektiert die Alten. Und arbeitet mit Menschen anderer Religionen zusammen, sagte er vor mehreren tausend jungen Leuten im katholischen Notre-Dame-College in Dhaka.

Das ist ein durchgehendes Motiv dieser Reise nach Südostasien. Am Tag zuvor zitierte jemand Kardinal Jean-Louis Tauran, der Bangladesch einmal als bestes Beispiel interreligiöser Harmonie bezeichnet hatte.

Als der Papst das aufgreift, erntet er Applaus, bemerkt aber sofort: «Der gehört Kardinal Tauran.» Die katholische Kirche in Bangladesch ist stolz auf dieses Lob. Aber sie weiss auch, dass diese Aufgabe künftig schwieriger wird – so wie sich die religiösen Verhältnisse derzeit entwickeln. (cic)

Jugendliche winken beim Besuch von Papst Franziskus in Dhaka (Bangladesch). | © KNA
2. Dezember 2017 | 16:14
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