Der Vater lehrt die Kinder arabisch zu lesen und zu schreiben.
Vatikan

Papst fordert mehr Islamkenntnis in der katholischen Theologie

Rom, 22.6.19 (kath.ch) Papst Franziskus fordert in der Ausbildung von Theologinnen und Theologen mehr jüdische und islamische Elemente. Der Abwerbung Andersgläubiger erteilte er eine Absage.

Papst Franziskus hat mehr jüdische und islamische Elemente im katholischen Theologiestudium gefordert. Studierende müssten zum Dialog mit den anderen Religionen erzogen werden, um eine Gesellschaft aufbauen zu können, die Verschiedenheit wertschätze, sagte er am Freitag in Neapel. Namentlich in den Muslimen gelte es «Partner für den Aufbau eines friedlichen Zusammenlebens» zu sehen. Allgemein mahnte er zu einer «Theologie der Offenheit und des Dialogs». Der Papst sprach auf einer Tagung der Päpstlichen Theologischen Fakultät für Süditalien.

Kurse in arabischer Sprache

Franziskus ermutigte katholische Hochschulen zu Kursangeboten in arabischer und jüdischer Sprache und Kultur sowie zur Förderung des Kennenlernens von christlichen, jüdischen und muslimischen Studenten.

Angehende katholische Theologen müssten gemeinsame Wurzeln und Unterschiede der religiösen Identitäten verstehen lernen. Der Ruf zur Partnerschaft mit Muslimen gelte auch, «wenn sich aufgrund fanatischer und dialogfeindlicher Gruppen bestürzende Vorfälle ereignen», sagte er unter Verweis auf die Anschläge in Sri Lanka an Ostern.

Keine Abwerbung Andersgläubiger

Dialog mit anderen Kulturen und Religionen sei «vor allem eine Methode der Unterscheidung und der Verkündigung des Wortes der Liebe, die an jeden Menschen gerichtet ist», sagte der Papst. Einem Geist der Eroberung, der Abwerbung Andersgläubiger und einer aggressiven Widerlegung erteilte er eine Absage.

Eine evangeliumsgemässe Haltung schliesse selbst die Bereitschaft zur Lebenshingabe ein. Franziskus erinnerte dabei an die in Algerien ermordeten Trappisten-Mönche von Tibhirine und an den US-amerikanischen Bürgerrechtler Martin Luther King.

Kritik an Zwangstaufen

Kritisch äusserte sich der Papst über die frühere Praxis von Zwangstaufen. «Völker, die sich christlich nannten», hätten aggressive und kriegerische Haltungen an den Tag gelegt. Dabei erinnerte er auch an Kolonialismus und an «Verfolgungen, die im Namen der Religion oder einer angeblichen Reinheit von Rasse oder Lehre verübt wurden».

«Männer und Frauen des Mitleids»

Der Mittelmeerraum sei von seinen naturräumlichen Gegebenheiten her «offen für die Begegnung, den Dialog und die gegenseitige Inkulturation», so Franziskus. Die theologischen Fakultäten warnte er vor Selbstbezüglichkeit und Betriebsblindheit.

Theologen müssten «Männer und Frauen des Mitleids» sein, die sich von sozialer Not und Ungerechtigkeit anrühren lassen müssten. Ohne dies verlöre die Theologie «nicht nur die Seele, sondern auch das Erkenntnisvermögen und die Fähigkeit, die Wirklichkeit christlich zu deuten», so der Papst.

Thema der zweitägigen Veranstaltung am Donnerstag und Freitag war die Theologie im Mittelmeerraum nach der Reform der katholischen Universitäten und Fakultäten durch den Erlass «Veritatis gaudium» im Januar 2018.

Die Päpstliche Theologische Fakultät für Süditalien in Neapel wurde 1969 gegründet. Sie wird betrieben vom Erzbistum Neapel und dem Jesuitenorden. Ihr angeschlossen sind Studieneinrichtungen im kalabrischen Catanzaro sowie in Potenza, Salerno, Reggio Calabria und Cosenza. (cic)

Der Vater lehrt die Kinder arabisch zu lesen und zu schreiben. | © pixelio.de Salih Ucar
22. Juni 2019 | 07:30
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