Frauen als Freiwillige im Einsatz für die Kirche
Schweiz

Freiwillige Opfer für die Fastenopfer-Couverts

Netstal GL, 6.2.16 (kath.ch) Damit am Aschermittwoch, 10. Februar, in allen Haushalten Fastenkalender, Fastenopfer-Säcklein und Spendenaufrufe bereit sind, braucht es auch viel Freiwilligenarbeit. Ein Blick ins Glarnerland, wo wie an so vielen Orten in den vergangenen Tagen und Wochen fleissig «eingepackt» wurde.

Francesca Trento

Es ist Couvert-Tag. Das ist das einzige, was Adele Malacarne weiss, als sie am Mittwochnachmittag zur katholischen Unterkirche Netstal marschiert. Sie ist als Erste dort. Die Türen noch verschlossen. Bis der katholische Pfarrer Ljubo sie sieht, mit kroatischem Akzent ein kurzes «Ah, Sie sind aber früh da», begrüsst und die Türen aufschliessen will. Adele lehnt dankend ab. Sie wisse auch mit offenen Türen nicht, was genau zu tun sei. Sie sei einfach da. Es sei ja Couvert-Tag.

Mehrfach «verdonnert»

Da kommt die katholische Katechetin. Dann, direkt von der Arbeit, Einkauf und was schnelles Essen, diejenige, die Adele zum Couvert-Ausflug «verdonnert» hat, wie es Adele nennt. Beide lachen. Auch die «Verdonnerin» weiss nicht, wieso überhaupt Couvert-Tag ist. Sie wurde nämlich von Pfarrer Ljubo dazu «verdonnert».

So stehen im grossen, eher düsteren Raum der Unterkirche nun die zwei Netstaler Pfarrer und die freiwilligen Couvert-Frauen. Alle kennen sich. Der katholische Pfarrer, eben der, der die Frauen «verdonnert» hat, zu helfen, verabschiedet sich und überlässt seine Schäfchen, wie er die Gemeindemitglieder gerne nennt, ihrem Couvert-Schicksal.  

Couvert auf, Brief rein, Couvert zu

Die Frauen wuseln gleich los, packen Kisten mit Couverts und Briefen auf die Tische. Der reformierte Pfarrer setzt sich mit den reformierten Couverts ein wenig abseits. Sogar die Couverts haben eine Konfession. Ohne grosse Erklärung wird angefangen. Couvert auf, Brief rein, Couvert zu. Couvert auf, Brief rein, Couvert zu.

«Die Couverts haben ja schon was drin!», meint Adele. Kurze Stille. «Da ist eben ein Fehler passiert», meint die Katechetin nur. Ohne Anklage. Ohne Vorwurf. Der reformierte Pfarrer hatte vor zwei Tagen die Begleitbriefe für die Couverts vergessen zu kopieren und in den Religionsunterricht mitzunehmen. Er senkt ein wenig den Kopf. Niemand sieht es.

Die Religionsschüler der Katechetin und des Pfarrers hatten nämlich die Aufgabe, die katholischen Couverts mit Begleitbrief, Fastenkalender und Fastenopfer-Säckchen zu füllen. «Ein Schüler nannte sie ‘Kotzsäckchen’», schmunzelt die Katechetin. So abwegig sei der Vergleich nicht, meint sie. «Etwas farbiger und kleiner als die Säckchen im Flugzeug, aber allemal sehr ähnlich.» Sie hält es in die Luft und wedelt damit ‘rum. Alle lachen.

Win-win-Situation

Es wird weitergemacht. Couvert auf, Brief rein, Couvert zu. Couvert auf, Brief rein, Couvert zu. Es raschelt von allen Seiten, nicht so monoton wie die Arbeit. Es wird geredet. Vor allem über die Kinder. Die Tochter von Adele ist Haar-Modell für die Tochter von Frau Messmer, eine andere Couvert-Frau an diesem Mittwoch. Coiffeure-Lehrlinge brauchen Modelle. Moira, Adeles Tochter, ist nun glückliches Modell.

Eine Win-win-Situation also. Wie diese Couvert-Aktion. Alle kennen sich, die Stimmung ist locker, ein Grund sich zu treffen. Und gleichzeitig Briefe von Fastenopfer und Brot für alle in die Couverts legen. Couvert auf, Brief rein, Couvert zu. Locker. Ein gemütliches Beisammensein.

Bis die reformierte Pfarrerssekretärin dazustösst. Kein «Hallo» als erstes, sondern: «So viele Helfer, da hätte ich gar nicht kommen brauchen!» stösst sie hervor. Sie hatte nur eine kurze Mittagspause, da sie die fehlenden Briefe falten musste. Mit Faltmaschine.Trotzdem war es ihr zu stressig das Ganze.

Vorwurfsvoll an den vergesslichen Schuldigen: «Aber wirklich, hätte ich gewusst, wir seien so viele, wäre ich sicher nicht gekommen!» Er bleibt ruhig und meint lediglich: «Es ist nur fair, sind wir anwesend.» Sie macht ihm schweigend Vorwürfe, dass dieser Couvert-Tag wegen seiner Vergesslichkeit überhaupt stattfinden muss. Niemand hört es. Niemand sieht ihr genervtes Gesicht. Niemand lauscht dem Gezicke. Jedenfalls tun alle so, als ob.

Die «Mädchen für alles»

Die katholische Sakristanin und Ex-Pfarreisekretärin stösst dazu. Zwei Hände mehr. Ein paar Couverts weniger zu füllen. Sie arbeitet gerade die neue katholische Pfarreisekretärin ein, erzählt sie den Frauen am Tisch. «Ich dachte, das sei einfacher. Aber da gibt’s so viel zu erklären und zu wissen.» Die reformierte Genossin fühlt sich angesprochen und stimmt ihr zu. «Ja, was würden die Pfarrer ohne uns machen! Man muss an alles denken, alles organisieren.»

Der Begriff «Mädchen für alles» fällt irgendwo am Tisch. Der reformierte Pfarrer ergreift die Chance um das zuvor zickige «Mädchen für alles» zu loben und in bessere Stimmung zu bringen. Ohne sie, wäre er total verloren. Da strahlt die Sekretärin wieder. Das letzte Couvert auf, der letzte Brief rein, das letzte Couvert zu.

Als ob die Couverts und der katholische Pfarrer telepathisch kommuniziert hätten, stösst er in diesem Moment wieder dazu. Wie den Ministranten, nach einer wichtigen Messe, verteilt er allen Schokolade. Egal wie alt: Schäfchen sind Schäfchen und verdienen Schokolade. Grosse Verabschiedung. «Das ging ja schnell.» Adele fährt noch zum Kaffee zu ihrer «Verdonnerin». – Im Auto fragt sie: «Wieso mussten wir nun eigentlich Briefe in die Couverts legen?» (ft)

Ökumenische Kampagne 2016 «Verantwortung tragen – Gerechtigkeit stärken»

Frauen als Freiwillige im Einsatz für die Kirche | © Francesca Trento
6. Februar 2016 | 15:48
Lesezeit: ca. 3 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!