Szenenbild "Juste la fin du monde" © Shayne Laverdière, "Sons of Manual"
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Ökumenischer Jury-Preis geht an «Juste la fin du monde»

Cannes, 22.5.16 (kath.ch) Die kanadisch-französische Co-Produktion «Juste la fin du monde» (Einfach das Ende der Welt) von Xavier Dolan hat beim 69. Filmfestival in Cannes überraschend den Preis der Ökumenischen Jury gewonnen.

Der Preisträger-Film fusst auf einem Theaterstück des französischen Autors Jean-Luc Lagarce aus dem Jahr 1990 und handelt von einem auf den Tod erkrankten Schriftsteller, der nach zwölf Jahren erstmals wieder zu seiner Familie zurückkehrt, um seine Angehörigen auf sein Ende vorzubreiten. Doch weder seine Mutter noch die Schwester oder der Bruder lassen ihn zu Wort kommen; nur die schüchterne Schwägerin scheint seine innere Not zu erahnen.

Feuerwerk vertaner Chancen

Die Inszenierung löst den Text der Vorlage in einen visuell berauschenden Fluss voller Momente und Monologe auf, die von hypnotischer Musik zusammengehalten werden. Einen Tag lang umkreisen die einzelnen Familienmitglieder den verlorenen Sohn und überschütten ihn mit ihren Sorgen und Ängsten. Bisweilen blitzt zwar kurz die Frage nach dem Grund seines Besuches auf, doch niemand will die Antwort wissen.

Das von der erste Garde französischer Stars wie Gaspard Ulliel, Vincent Cassel, Lea Seydoux oder Marion Cottiard getragene Drama entfaltet ein Feuerwerk vertaner Chancen, bei dem vor allem die Grossaufnahmen der Gesichter zum Publikum sprechen.

Beitrag zu spirituellem Filmschaffen

Die Ökumenische Jury hat dabei vor allem den «transzendierenden» Aspekt von Dolans Bildsprache hervorgehoben, die alles das, was in dieser Familie unausgesprochen bleibt oder verdrängt wird, im Antlitz der Protagonisten widerspiegelt. Dies und der Umstand, dass aussergerechnet der Todkranke den anderen eine Art Hoffnung vermittelt, würdigt die Jury als besonderen Beitrag zum spirituellen Filmschaffen.

Die Jury hat überdies die Filme «I, Daniel Blake» von Ken Loach und «American Honey» von Andreas Arnold mit zwei «Lobenden Erwähnungen» hervorgehoben. Beide Filme stellen gesellschaftliche Aussenseiter in den Mittelpunkt und lassen ihnen auf diese Weise eine Aufmerksamkeit zuteil werden, die genauso wichtig ist wie die Sicherung materieller Bedürfnisse.

Ökumenischer Preis seit 1974

Seit 1974 zeichnet die von den kirchlichen Filmorganisationen Signis und Interfilm getragene Ökumenische Jury Filme aus dem Programm des Cannes-Festivals aus, der sich in besonderer Weise den christlich-spirituellen Dimensionen menschlicher Existenz widmen. Zu den bisherigen Preisträgern zählten unter anderen die Regisseure Thomas Vinterberg, Michael Haneke und Paolo Sorrentino. (kna)

Szenenbild «Juste la fin du monde» © Shayne Laverdière, «Sons of Manual»
22. Mai 2016 | 08:50
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