Thomas E. Gullickson, Nuntius für die Schweiz und Lichtenstein
Schweiz

Nuntius gibt an Treffen Fehler bei früheren Bischofswahlen in Chur zu

Chur, 14.3.17 (kath.ch) Frühere Bischofswahlen in Chur sind mangelhaft abgelaufen. Nuntius Thomas E. Gullickson hat dies am Montag an einem Treffen in Chur mit rund 200 Priestern und Laienseelsorgern des Bistums Chur eingeräumt, wie Teilnehmer gegenüber kath.ch sagten. Nach dem Referat des Papstbotschafters bekamen die Seelsorger Gelegenheit, sich zu äussern. «Dabei gab es durchaus auch kritische Wortmeldungen», sagte Martin Kopp, Generalvikar für die Urschweiz.

Barbara Ludwig

Der Nuntius habe somit einen Eindruck von der «grossen Sorge» über die Situation in der Diözese mitnehmen können, so Kopp auf Anfrage. Zuvor hatten er und Josef Annen, Generalvikar für die Kantone Zürich und Glarus, die Priester zur Teilnahme an dem Treffen aufgerufen, um ein möglichst repräsentatives Bild zu vermitteln.

Gegenüber kath.ch zeigte sich Kopp erfreut über die starke Beteiligung. Es seien sehr viele Priester aus der Urschweiz und Zürich nach Chur gereist. Die Priester mit römischem Priesterkragen seien als starke Minderheit vertreten gewesen; ihre Kollegen in ziviler Kleidung hätten jedoch die Mehrheit gebildet.

Offene, mutige Voten

Ein Teilnehmer, der anonym bleiben möchte, zeigte sich auf Anfrage gegenüber kath.ch «erstaunt über den Mut älterer Schweizer Priester», offen ihre Meinung zu äussern. In ihren Voten hätten sie zum Ausdruck gebracht, dass sich die Kirche dem gesellschaftlichen Wandel stellen müsse und sich dabei selber verändern muss.

Sowohl das «progressive als auch das konservative Lager» hätten sich zu Wort gemeldet, sagte Rudolf Nussbaumer, Pfarrer in Steinen SZ, auf Anfrage gegenüber kath.ch. Es habe ihn gefreut, dass für einmal beide Seiten stark vertreten gewesen seien.

Der Nuntius erzählte in seinem Referat offenbar auch, welche Begegnungen er mit Menschen aus der katholischen Kirche Schweiz bereits hatte. «Ich war erstaunt über die grosse Zahl von Begegnungen. Ich bin überzeugt, dass er den Durchblick hat, was die Kirche in der Schweiz betrifft», sagte der Pfarrer von Steinen weiter.

Nuntius räumt Fehler bei früheren Bischofswahlen ein

Für Kopp ist es «nicht ersichtlich, ob der Nuntius die Sorgen, die die Priester bewegen, wirklich ernst nimmt». Denn Gullickson wolle die Bischofswahl ungeachtet der besonderen Umstände durchziehen. «Damit geht er von einer Normalität im Bistum Chur aus, die es nicht gibt», so der Generalvikar für die Urschweiz.

Gullickson selber habe eingeräumt, dass die Bischofswahlen von 2007 (Vitus Huonder) und 1998 (Amédée Grab) «mangelhaft» gewesen seien: Problematisch war damals, dass dem Domkapitel nebst den schliesslich gewählten Kandidaten zwei unbekannte Personen vorgeschlagen wurden.

Kopp plädierte nach wie vor dafür, dass nach dem Rücktritt von Vitus Huonder ein apostolischer Administrator eingesetzt wird, der für Vertrauen im Bistum sorgen soll. Laut Nussbaumer hat der Nuntius versprochen, dass es bezüglich der Auswahl des Bischofs nicht mehr so weitergehen soll «wie in den letzten 50 Jahren».

Noch keine Namen genannt

Sowohl Nussbaumer als auch der anonyme Teilnehmer sagten gegenüber kath.ch, dass die Dreierliste, aus der das Domkapitel einen Kandidaten wählen wird, noch nicht steht. Dies sei aus den Äusserungen von Gullickson hervorgegangen. Beide berichteten übereinstimmend, dass an dem Anlass keine Namen potentieller Kandidaten genannt wurden.

Der Nuntius habe zugesichert, dass dieses Mal auf der Dreierliste nur Namen von Kandidaten stehen würden, die bekannt sind und von einem grossen Teil der Priesterschaft unterstützt würden, sagte Nussbaumer weiter.

Männer praktisch unter sich

Das Treffen fand im Hotel Marsöl in Chur im Beisein von Bischof Vitus Huonder statt. Laut Nussbaumer waren auch Weihbischof Marian Eleganti sowie der Vorgänger von Huonder, Amédée Grab, anwesend.

Gullickson hatte zur Begegnung mit den Seelsorgern angeregt. Eingeladen hatte daraufhin der Churer Bischof Vitus Huonder die im Bistum tätigen Priester sowie die Mitglieder des Rates der Laientheologinnen, Laientheologen und Diakone (RLD), wie aus dem Einladungsschreiben hervorgeht.

Frauen haben an dem Treffen nur in sehr geringer Zahl teilgenommen, sagte der anonyme Teilnehmer. Das erstaunt nicht, denn auf der Mitgliederliste im RLD sind von 18 Mitgliedern nur sechs Frauen.

Am 6. März hatte sich bereits das Domkapitel mit dem Nuntius getroffen, wie Domherr Franz Stampfli am Montag gegenüber kath.ch sagte. Dieses wird aus einer vom Vatikan erstellten Liste mit drei Kandidaten den neuen Bischof von Chur wählen.

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Thomas E. Gullickson, Nuntius für die Schweiz und Lichtenstein | © 2015 zVg
14. März 2017 | 12:36
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