Santiago de Chile
International

Neue Entwicklungen im Missbrauchsskandal in Chile

Santiago, 15.8.18 (kath.ch) In Chile haben die Ermittlungsbehörden am Dienstag (Ortszeit) im Rahmen der Untersuchungen des Missbrauchsskandals die Büros der chilenischen Bischofskonferenz in der Hauptstadt Santiago durchsucht und Akten beschlagnahmt. Wie chilenische Medien berichten, soll es dabei um Ermittlungen im Fall der Ordensgemeinschaft der Maristen-Schulbrüder gehen. Dort sollen Geistliche Seminaristen missbraucht haben.

Tobias Käufer

Beamte der Abteilung gegen Sexualverbrechen hätten gegen Mittag die Büros in Begleitung des Staatsanwaltes Raul Guzman betreten, berichtete das Portal «24 Horas». Unterdessen übermittelte die Botschaft Chiles am Heiligen Stuhl dem Vatikan den offiziellen Antrag, Zugang zum umfangreichen Untersuchungsbericht des von Papst Franziskus nach Chile entsandten Sonderermittlers, Erzbischof Charles Siciluna (Malta), zu erhalten.

Kardinal Ezzati wird befragt werden

Die Tageszeitung «La Tercera» berichtete, dass die «Stiftung für das Vertrauen», die die Rechte der Missbrauchsopfer vertrete, am Dienstag Klage wegen Vertuschung unter anderem gegen die Kardinäle Francisco Javier Errazuriz und Ricardo Ezzati eingereicht habe.

Ezzati soll in der kommenden Woche von den Ermittlungsbehörden befragt werden. Sein Anwalt erklärte, Ezzati sei unschuldig. Gegen zwei weitere Geistliche des Erzbistums Santiago wurde seitens der Stiftung eine Klage wegen sexuellen Missbrauchs eingereicht.

Die chilenischen Bischöfe hatten bei einer Sondervollversammlung jüngst ihr weiteres Vorgehen im Skandal um sexuellen Missbrauch Minderjähriger beraten und unter anderem weitergehende Befugnisse für die nationale kirchliche Missbrauchskommission beschlossen. Dabei ernannten sie die Rechtsanwältin Ana Maria Celis Brunet zu deren neuer Leiterin. Der bisherige Vorsitzende, Bischof Gonzalez, war bei Missbrauchsopfern umstritten.

Papst lobte Beschlüsse der Bischöfe

Papst Franziskus hatte in der vergangenen Woche Brunet im Vatikan empfangen. Zudem hatte er die chilenische Bischofskonferenz für ihre jüngsten Schritte im Missbrauchsskandal gewürdigt. Die Beschlüsse der Bischöfe seien «realistisch und konkret», lobte der Papst in einem handschriftlichen Brief an den Konferenzvorsitzenden, Bischof Santiago Silva. Er zeigte sich sicher, dass die Entscheidungen für den gesamten Prozess von Nutzen seien, heisst es in dem Schreiben, das die Bischofskonferenz veröffentlichte.

Die chilenischen Bischöfe hatten sich bei ihrer fünftägigen Sonderversammlung auf mehrere Punkte verständigt. Dazu gehört die Verpflichtung für jeden Bischof, mit der Staatsanwaltschaft zusammenzuarbeiten. Ermittlungen zu sexuellen Vergehen sollen künftig öffentlich gemacht werden.

Bischöfe mussten in Rom antraben

Papst Franziskus hatte vor dem Hintergrund des Skandals Ende Mai in einem Brief einen durchgreifenden Neuanfang in Chiles Kirche verlangt. In dem Schreiben warf er den Bischöfen vor, eine «Kultur des Missbrauchs» und ein «System der Vertuschung» gefördert zu haben.

Der Missbrauchsskandal in Chile sorgt seit Monaten für Schlagzeilen. Im Brennpunkt steht der inzwischen 88-jährige Priester Fernando Karadima, der 2011 wegen sexueller Vergehen verurteilt wurde. Aus seinem Kreis gingen mehrere Bischöfe hervor, darunter auch Juan Barros von Osorno, der von Opfern Karadimas der Mitwisserschaft beschuldigt wird.

Papst Franziskus hatte zur Klärung der Vorwürfe einen Sondergesandten nach Chile geschickt und die gesamte nationale Bischofskonferenz in den Vatikan zitiert. Inzwischen nahm Franziskus neben dem Rücktritt von Barros vier weitere Amtsverzichte von Bischöfen an. (kna)

Santiago de Chile | © pixabay santiagoantinogene CC0
15. August 2018 | 16:56
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