Charle hat einen Sturz aus 15 Meter Höhe überlebt.
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Nach Sturz aus 15 Meter Höhe: «Ich bin froh, dass ich der Heiligsprechung von Foucauld dienen konnte»

Der französische Zimmermann Charle (26) ist der «Wundertäter» von Charles de Foucauld. Er stürzte aus 15 Metern Höhe von einem Kapellendach, wurde aufgespiesst, blieb aber ansonsten unverletzt. Das wurde von der Kirche als Wunder anerkannt. Am 15. Mai wird Charle in Rom bei der Heiligsprechung Charles de Foucaulds dabei sein.

Agnès Pinard Legry, I.Média* /Adaption: Regula Pfeifer

Was geschah am 30. November 2016?

Charle: Es war ein ganz normaler Tag. Ich arbeitete an der Restaurierung des Dachstuhls der Kapelle im Inneren der Institution Saint-Louis in Saumur (F), einer Schule. Der Vormittag war normal verlaufen. Aber als ich am späten Nachmittag auf dem Dachstuhl arbeitete, trat ich an die falsche Stelle und stürzte etwa 15 Meter in die Tiefe. Ich wurde auf dem Bein einer umgedrehten Bank aufgespiesst.

«Ich sah nicht sofort, dass ich ein Stück Holz in mir hatte.»

Was haben Sie bei Ihrem Sturz bedacht?

Charle: Ich habe vor allem daran gedacht, mich zu schützen. Ich wollte mir auf keinen Fall die Beine brechen, also habe ich mich auf die Seite gelegt und meinen Kopf geschützt. Ich schloss meine Augen, öffnete sie ein erstes Mal, als ich mich in der Mitte des Sturzes befand, und schloss sie wieder. Als ich auf dem Boden ankam, stand ich sofort wieder auf und bemerkte nicht sofort, dass ich ein Stück Holz in mir hatte, das auf beiden Seiten etwa 15 cm herausragte.

«Ich wollte nicht die Schulkinder schockieren.»

Was passierte als Nächstes?

Charle: Ich wollte nicht durch den Haupteingang gehen, da die Kapelle auf den Schulhof hinausgeht und ich die Kinder nicht schockieren wollte. Ich ging also durch eine Seitentür auf der rechten Seite und bat zwei Lehrer, den Notruf zu wählen. Auch ein Hubschrauber kam, aber ich schaffte es wegen des Holzstücks nicht hinein. Ich kam mit dem Krankenwagen in die Universitätsklinik von Angers. Zu diesem Zeitpunkt war ich aber nicht mehr bei Bewusstsein.

«Mir war erst nicht bewusst, dass ich Glück gehabt hatte.»

Hatten Sie Angst um Ihr Leben?

Charle: Es war sehr seltsam: Ich war mir in dem Moment nicht bewusst, dass ich Glück gehabt hatte. Ich spielte die Sache herunter, als ob ich mir den Knöchel verstaucht hätte. Erst als ich die Reaktionen der Leute sah, als ich durch den Flur des Krankenhauses lief, wurde es mir klar. Und dann die Reaktionen meines Chirurgen, meiner Angehörigen und meines Arbeitgebers François Asselin, für den ich immer noch arbeite und der mich im Krankenhaus besuchte: Sie machten mir klar, dass ein solcher Sturz tödlich ist.

Wie haben Sie reagiert, als man Ihnen von einem Wunder, von Charles de Foucauld und auch von dem Verfahren erzählte, das man durchlaufen muss, damit das, was Ihnen passiert ist, als Wunder anerkannt wird?

Charle: Ich kannte Charles de Foucauld nicht. François Asselin hat mir von ihm erzählt, als ich im Krankenhaus lag. Er gab mir einen Comic über ihn und sagte mir, dass das, was mir passiert war, nicht alltäglich sei und dass ich diese Person kennenlernen sollte.

«Ich sagte mir: ‹Dann lass es uns versuchen!›»

In Bezug auf die Frage, ob das, was ich erlebt hatte, als Wunder anerkannt werden könnte, zögerte ich nicht. Als François Asselin zu mir kam und mich fragte, ob ich daran interessiert sei – und mir erklärte, dass es möglicherweise für die Heiligsprechung von Charles de Foucauld verwendet werden könnte -, sagte ich mir, warum nicht, das macht mir nichts aus. Da ich nichts hatte, dachte ich, wenn das, was ich erlebt hatte, für Charles de Foucauld von Nutzen sein könnte, sagte ich mir: «Dann lass es uns versuchen!»

War Ihr Umfeld davon überrascht, da Sie ja nicht gläubig sind?

Charle: Einige stellen mir immer noch die Frage, warum ich zugestimmt habe. Aber ich hatte nie eine negative Reaktion, mein Umfeld hat mich unterstützt und mir gesagt, dass ich es tun muss, wenn ich es tun will, sonst nicht.

Wie lief es konkret ab?

Charle: Es begann genau Anfang 2018. Ich ging zu meinem Arzt und wurde dabei vom Ordensmann Bernard Ardura begleitet. Er ist der Postulator des Falles beim Heiligen Stuhl. Die Idee war, den Sturz und die Folgen zu analysieren. Wir haben auch andere Ärzte in Angers aufgesucht, Chirurgen und Psychiater. Es ging wirklich darum, zu untersuchen, ob das, was mir passiert war, wissenschaftlich erklärbar war oder nicht.

«Ich war vor meinem Sturz nicht gläubig und bin es auch heute noch nicht.»

Hat sich dadurch etwas an Ihrer Beziehung zu Gott geändert?

Charle: Ich war vor meinem Sturz nicht gläubig und bin es auch jetzt nicht. Meine Mutter ist es ein wenig, mein Vater nicht und meine Grossmutter schon. Ich war in der Grundschule auf einer Privatschule, aber nicht auf dem Gymnasium. Später ging ich schon einmal in eine Kirche, sei es aus beruflichen Gründen oder aufgrund von Familienereignissen, Beerdigungen… Ich habe es genossen, Charles de Foucauld besser kennenzulernen, aber ich bin dennoch nicht mit dieser Figur verbunden.

Gab es ein Vorher und ein Nachher des Wunders?

Charle: Nicht wirklich. Ich habe alles, was passiert ist, ausgeblendet und bin in mein Leben und meinen Beruf zurückgekehrt.

Sie sind also ein Wunder, das nicht glaubt?

Charle: Es gibt immer ein gewisses Mass an Fragezeichen, das ist klar. Aber ich würde mich tatsächlich nicht als gläubig bezeichnen. Vielleicht hat Charles de Foucauld mir geholfen, dass ich keine bleibenden Schäden davongetragen habe, vielleicht auch nicht. Ich weiss es nicht. Auf jeden Fall bin ich froh, dass ich in bescheidenem Masse zu seiner Heiligsprechung beitragen konnte.

Werden Sie an der Heiligsprechung von Charles de Foucauld am 15. Mai teilnehmen?

Charle: Selbstverständlich! Ich werde mit meinen Eltern dort sein.

Was erwarten Sie von der Veranstaltung?

Charle: Eine gute Zeit zu haben! Ich wurde gewarnt, dass die Anerkennung eines Wunders zwei Jahre oder zehn Jahre dauern kann. Also freue ich mich, dass ich dabei sein kann. Vielleicht ist es eine Gelegenheit, den Papst zu treffen und etwas über das religiöse Umfeld, Rom, den Vatikan und die Abläufe zu erfahren.

Wenn Sie die Gelegenheit hätten, ein Wort an ihn zu richten, was würden Sie ihm sagen wollen?

Charle: Ich weiss es nicht genau, ich denke, ich wäre überrascht. Vielleicht würde ich mich einfach gerne unterhalten, und vielleicht hätte er ja Fragen.

*Zweitpublikation des französischen Textes – mit freundlicher Genehmigung durch die Redaktion I.Media.


Charle hat einen Sturz aus 15 Meter Höhe überlebt. | © I.Media
11. Mai 2022 | 14:40
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