Drei Bäume haben den Sturm Lothar von 1999 überlebt.
Schweiz

«Mut und Weitsicht» am Klima-Gipfel: Kirchen appellieren an Bundesrat

Freiburg i.Ü./Bern/Luzern, 29.11.15 (kath.ch) Kurz vor Beginn des Klima-Gipfels in Paris laden die Schweizer Landeskirchen den Bundesrat in einem Brief ein, sich mutig und mit Weitsicht für das Klima einzusetzen. Der Klimawandel bedrohe ein Leben in Würde für alle Menschen, betonen die Unterzeichner des Briefs Bischof Markus Büchel, Präsident der Schweizer Bischofskonferenz (SBK), Gottfried Locher, Ratspräsident des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes (SEK) und der christkatholische Bischof Harald Rein. Fastenopfer-Experte Stefan Salzmann vermisst im Mandat der Schweizer Delegation das «Bekenntnis zu gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten», wie er gegenüber kath.ch sagte.

Barbara Ludwig

Ab Montag kommen Delegationen von knapp 200 Staaten zusammen, um einen internationalen Klimavertrag zu schliessen. Die Schweizer Delegation wird von Bundesrätin Doris Leuthard angeführt. In dem Schreiben vom 29. November rufen die Landeskirchen dazu auf, «diesen Moment zu nutzen, um das Klima – und damit die Lebensgrundlagen der heutigen und der kommenden Generationen weltweit zu schützen».

Berufung auf christlichen Auftrag

Betroffen von den Auswirkungen des Klimawandels seien vor allem die armen Menschen in Entwicklungsländern, ohne dass sie nennenswert zur Klimaerwärmung beigetragen hätten. «Der Klimawandel bedroht konkret, was allen Menschen zusteht: ein Leben in Würde mit den notwendigen Lebensgrundlagen in einer intakten Umwelt», betonen die Kirchenvertreter. Sie begründen ihr Engagement für «Klimagerechtigkeit» aus dem christlichen Auftrag, die Schöpfung zu bewahren. Dabei berufen sie sich auch auf die Enzyklika «Laudato si» von Papst Franziskus. Dieser habe darauf hingewiesen, dass Umweltprobleme nicht losgelöst von sozialer Ungerechtigkeit verstanden werden dürften.

In dem Schreiben machen die Kirchenvertreter zudem auf das Engagement der Kirchenleitungen und kirchlichen Hilfswerke Brot für alle, Fastenopfer und Partner Sein im Bereich «Klimagerechtigkeit» aufmerksam. Diese trügen das Thema kontinuierlich in die Schweizer Öffentlichkeit, zuletzt bei der ökumenischen Kampagne 2015. Auch der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) in Genf setze sich seit Jahren für den Klimaschutz ein.

Entscheidend: Reichweite und Verbindlichkeit des Abkommens

In Paris gehe es darum, dass sich Regierungen, allen voran wohlhabende Staaten wie die Schweiz, zu einer verbindlichen Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen verpflichteten, heisst es in dem Schreiben weiter. «Reichweite und Verbindlichkeit sind entscheidend dafür, ob die Menschheit den globalen Klimawandel mittel- und langfristig wirksam einzudämmen vermag.» Die Verursacher des Klimawandels sollten ihre gemeinsame und individuelle Verantwortung anerkennen. Die Kirchenvertreter fordern, dass arme Bevölkerungsgruppen und Länder bei der Anpassung an Klimaveränderungen finanziell unterstützt werden. «Wir zählen auf die Weitsicht und den Mut des Bundesrates», endet der Brief von Büchel, Locher und Rein an Energieministerin Doris Leuthard und den Gesamtbundesrat.

Fastenopfer-Experte: Mandat der Schweiz ungenügend

Stefan Salzmann, Fachverantwortlicher Nachhaltigkeit beim katholischen Hilfswerk Fastenopfer, begrüsst, dass sich die Schweizer Delegation gemäss ihrem Mandat für ein verbindliches Abkommen einsetzen will, wie er am Sonntag, 29. November, gegenüber kath.ch sagte.

Die Schweiz will ihre Emissionen an Treibhausgas bis 2030 um 50 Prozent gegenüber 1990 verringern. «Dieses Ziel ist an sich gut», sagte Salzmann. Es bräuchte aber noch stärkere Bemühungen, um die globale Klimaerwärmung auf die angestrebten zwei Grad zu begrenzen. Zudem müsste nach Ansicht von Fastenopfer die Reduktion vollumfänglich im Inland erreicht werden. «Es geht um unseren Lebensstil. Unser ökologischer Fussabdruck ist zu gross», so der Experte. Offiziell will die Schweiz lediglich 30 Prozent der Reduktion mit Massnahmen im Inland erreichen.

Salzmann vermisst jedoch vor allem ein «Bekenntnis zu gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten» in dem Mandat. Länder, die in der Vergangenheit viel CO2 ausstiessen, tragen nach Ansicht des katholischen Hilfswerks eine grössere Verantwortung für den Klimawandel. Sie sollten bereit sein, Entschädigung zu zahlen an Länder, die unter den Folgen der klimatischen Veränderungen leiden, ohne selber massgeblich dazu beigetragen zu haben. «Zu den Ländern mit einer grösseren Verantwortung zählt auch die Schweiz», so Salzmann gegenüber kath.ch.

Die Schweiz lehne es explizit ab, einen Finanzierungsmechanismus zugunsten von Ländern, die bereits Opfer des Klimawandels sind, in das neue Klimaabkommen aufzunehmen. Der Hilfswerksvertreter kritisiert zudem, dass die finanzielle Hilfe zur Anpassung an den Klimawandel zulasten der Entwicklungshilfe gehe, deren Umfang auf diese Weise reduziert werde. «Die Schweiz betrachtet die Unterstützung beim Kampf gegen die Folgen des Klimawandels nicht als zusätzliche Pflicht. Das ist sie aber aus Sicht von Fastenopfer.» (bal)

 

 

 

 

 

 

Drei Bäume haben den Sturm Lothar von 1999 überlebt. | © Barbara Ludwig
29. November 2015 | 15:58
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