Missbrauch vertuscht: Polnischer Bischof muss gehen

Ein Dokumentarfilm brachte den Fall ins Rollen: Der Bischof von Kalisz soll sexuellen Missbrauch gedeckt haben. Nun trat der Geistliche zurück. Das dortige Priesterseminar wird vorübergehend geschlossen.

Papst Franziskus hat am Samstag den vollständigen Rücktritt von Bischof Edward Janiak (68) von Kalisz (Kalisch) in Polen angenommen. Dem Bischof werden Versäumnisse beim Umgang mit sexuellem Kindesmissbrauch durch einen Priester vorgeworfen.

Der Erzbischof von Lodz übernimmt die Geschäfte

Nach Angaben der Vatikanbotschaft in Warschau muss sich Janiak während der andauernden Untersuchung weiter ausserhalb seines ehemaligen Bistums aufhalten.

Bereits im Juni hatte Franziskus den Bischof beurlaubt und dem Erzbischof von Lodz, Grzegorz Rys, die einstweilige Leitung der Diözese Kalisz übertragen. Wie der Vatikan am Samstag weiter mitteilte, soll Rys das Bistum vorerst weiter im Auftrag des Papstes leiten.

Schliessung des Priesterseminars

Die vatikanische Bischofskongregation hatte Ende Mai den Posener Erzbischof Stanislaw Gadecki als zuständigen Metropoliten beauftragt, die Vorwürfe gegen Janiak zu prüfen. Ergebnisse des Verfahrens wurden noch nicht bekanntgegeben.

Die vatikanische Kleruskongregation ordnete allerdings als Folge der apostolischen Visitation die vorübergehende Schliessung des Priesterseminars des Bistums Kalisz an, so die Nuntiatur. Weitere Angaben machte sie dazu nicht. Die Seminaristen sollen ihr Studium im benachbarten Erzbistum Poznan (Posen) fortsetzen.

Bischof wimmelt Eltern ab

Die Mutter und der Vater eines Jungen, der von einem Geistlichen sexuell missbraucht wurde, hatten ihr Gespräch mit Janiak aufgezeichnet. So ist zu hören, wie der Bischof damals den Priester gegen die Missbrauchsvorwürfe in Schutz nahm und die Eltern abwimmelte. Erst als die Staatsanwaltschaft dem Bistum im Dezember 2018 den Beginn eines Verfahrens gegen den Pfarrer mitteilte, soll Janiak eine kirchliche Untersuchung des Falls angeordnet und den Vatikan unterrichtet haben.

Janiak wies die Anschuldigungen gegen ihn zurück. In einem Brief, den die Zeitung «Gazeta Wyborcza» veröffentlichte, beschwerte er sich bitter über Polens Primas Erzbischof Wojciech Polak, der sofort nach der Veröffentlichung des Films eine Untersuchung durch den Vatikan veranlasst hatte. Polak ist auch Kinderschutzbeauftragter der Polnischen Bischofskonferenz.

Film hilft zur Aufklärung bei

Der Film «Das Versteckspiel» ist die zweite viel beachtete Doku des Regisseurs Tomasz Sekielski über Kindesmissbrauch in der katholischen Kirche. Nach der ersten Dokumentation «Nur sag es niemandem» 2019 hatten Polens katholische Bischöfe Versäumnisse beim Schutz von Kindern vor sexuellem Missbrauch eingeräumt. «Wir gestehen, dass wir als Hirten der Kirche nicht alles getan haben, um Leid zu verhindern», erklärten sie in einer damals in den Kirchen verlesenen Botschaft an die Gläubigen. (kna)


17. Oktober 2020 | 16:42
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