Erik Senz
Schweiz

Marketing-Chef Senz begutachtet drei kirchliche Werbebroschüren

Zürich, 25.7.16 (kath.ch) In den Eingängen zu Kirchen und Kirchgemeindehäusern liegen oft Werbebroschüren auf. kath.ch hat sich drei herausgepickt und dem Leiter Marketing bei den Reformierten Medien in Zürich, Erik Senz, vorgelegt. Zu viele Details und Spielereien verwirren, einfache Übersichten halten die Aufmerksamkeit wach, sagt er.

Georges Scherrer

Der Jahresbericht eines Vereins hat einen klaren Adressaten: Die Generalversammlung. Das Zielpublikum der Pflichtpublikation ist präzise definiert. Gibt der Verein hingegen Werbebroschüren heraus, wird das Zielpublikum diffuser. Das gilt auch für die Kirchen.

Zunächst sei es einmal wichtig zu wissen, ob sich das neue Produkt an ein Kirchenpublikum oder an eine Person richtet, die das Blatt zufällig in die Hand nimmt, betont der Werbefachmann und nimmt die Publikation «Plan Barmherzigkeit» der «Katholischen Kirche im Kanton Zürich» in die Hand, blättert. Dann greift er nach dem Faltblatt der «Katholischen Kirche Stadt Luzern» und öffnet dieses.

Kunterbunt und Harmonie

Die allgemeinen Informationen, welche der Leser den beiden Produkten entnehmen kann, sind für den Publizisten in Ordnung. Bezüglich der Gestaltung der Werbeschriften verfällt er aber nicht in Begeisterung. «Nicht so der Hit» lautet das Verdikt. Die Zürcher Publikation wirkt aus der Sicht des befragten Fachmanns unharmonisch. Die Seiten enthalten zu viele verschiedene Elemente.

Details können das Interesse des Lesers wecken, zu detaillierte Angaben aber von der Lektüre abschrecken, warnt der reformierte Werbemann. Die Kirche in Zürich weist in ihrer Informationsschrift etwa auf die Vielfalt der Nationen in ihren Reihen hin. Eine gepunktete Infografik mit dem Titel «Kunterbunte Kirche» erweist sich aber als wenig hilfreich und hinterlässt bei Erik Senz «eine ganze Reihe von Fragezeichen».

Mit viel Mühe erkennt er ein symbolisches Kreuz. Über die Verteilung der Nationen erfährt er nichts. Die verschiedenen farbigen Punkte schaffen eher Verwirrung als Übersicht. Statt zu informieren, lösen diese bei ihm Stirnrunzeln aus.

Wieviel Zahlen braucht der Mensch?

Beide kantonalen Kirchen informieren in ihren Broschüren über ihre finanzielle Situation. Die Grafiken sind informativ. Das Luzerner Faltblatt geht über eine Tabelle in die Details. Die genaue Auflistung der Einnahmen und Ausgaben richtet sich mit ihrer Vielfalt nach Ansicht des befragten Werbefachmanns an Kircheninsider.

Passanten in Luzern, welche das Faltblatt in die Hand nehmen, werden sich durch die Zahlenreihen kaum angesprochen fühlen, meint Senz. Die ausführliche Darstellung der Jahresrechnung wirke wie eine «Rechtfertigungskiste».

Vögel, Bäume und Vokabeln

Die Machart des Luzerner Faltblatts lässt Raum offen für Interpretationen. Übermächtig ziert eine Art von Kinderzeichnung mit Vögeln und Bäumen das Faltblatt. Das Thema wird in grossen Lettern mit «Zukunft» angegeben. Das bunte Outfit könnte jemanden von der Lektüre abschrecken, der konkrete Infos über die Kirche in Luzern sucht, meint Senz.

Ein weiteres Problem taucht auf. Das Faltblatt führt Stichwörter wie die Jesuitenkirche, St. Anton, den Maihof, Hörbar und andere auf. «Wer mit diesen Begriffen nicht vertraut ist, steigt aus», sagt Senz. Wenn die «Binnenleute der Kirche» die Zielgruppe bilden, dann ist das Werbematerial «ok». Das bunt durchgestaltete Faltblatt verlange vom Leser, dass er sich für die Lektüre Zeit nimmt. Nicht jeder hat diese jedoch.

Von natürlichen Personen und St. Karl

Wenn die Kirche sich an Ausstehende wenden wolle, müsse sie darauf achten, dass sie Vokabeln und Bilder benutzt, die ausserhalb der eigenen Reihen verstanden werden. Es sei fraglich, ob Fachbegriffe wie «Sachaufwand» oder «natürliche Personen», wie sie in der «Jahresrechnung» auftauchen, allen Leuten geläufig sind.

Genauso verhalte es sich mit den Überschriften «Von Mensch zu Mensch», «Platz zum Leben und Sein», «25 Jahre Jugendtreff St. Karl» oder «Musik und Liturgie im Einklang». Zum Teil wirken die Titel, so Senz, wie abgedroschene Floskeln oder enthalten einen kircheninternen Jargon. Mit «Liturgie» und «St. Karl» wende sich die Publikation an das kirchenvertraute Publikum. Spannung hingegen erwecke der Titel «Kirche muss sich kapern lassen». Das Verb «kapern» erwecke verschiedene Assoziationen und verbinde sich zudem mit dem vorgegebenen Thema «Zukunft».

Tropfenweise durch das Heft

Ganz andere Fragen wirft die Broschüre «Jahresrapport» der reformierten Kirche in der Waadt auf. Senz pickt zwei Elemente heraus. Als graphisches Element führen Tropfen durch die Seiten. Einer schnellen Orientierung ist die Darstellung nicht förderlich, denn man frage sich, «was diese sollen». Sie finden sich in den Grafiken zur Jahresrechnung wieder, die über mehrere Seiten hinweg dargestellt wird. In den Grafiken wirken die Tropfen für den kritischen Werbefachmann eher als Spielereien, als dass sie der Übersicht dienten.

Als völlig ungeeignet bezeichnet Senz die Spaltenbreite der Texte. Diese nimmt die ganze Seitenbreite ein. Die Zeilen stehen eng beieinander. Beides führe dazu, dass der Text, wenig leserfreundlich, «anstrengend zu lesen ist». Die beide besprochenen Deutschschweizer Publikationen hingegen «kommen dem Leser entgegen, weil die Texte in verschiedene Spalten aufgeteilt sind».

 

Erik Senz | © zVg
25. Juli 2016 | 10:00
Lesezeit: ca. 3 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!