Kloster Einsiedeln
Schweiz

Einige Benediktinerklöster bieten in der «Klosterzeit» sogar Taschengeld an

Einsiedeln, 21.3.18 (kath.ch) Mit der «Klosterzeit» gehen die Einsiedler Benediktiner einen neuen Weg. Junge Männer können bis zu einem Jahr eine Art Auszeit in ausgelesenen Klöstern des Ordens im Ausland nehmen. Sind damit Ferien in einem fremden Land gemeint? Pater Thomas Fässler vom Kloster Einsiedeln antwortet kath.ch. Ist das Experiment erfolgreich, könnte es auch auf Benediktinerinnenklöster ausgedehnt werden.

Georges Scherrer

Das Angebot des Klosters kann für junge Männer verlockend sein, die sich gratis eine Auszeit im Ausland nehmen möchten, zum Beispiel in den USA. Wie verhindert das Kloster, dass sich junge Männer im Ausland Gratisferien auf Kosten des Klosters nehmen?

Thomas Fässler: Einerseits werden die beidseitigen Vorstellungen bereits in einem unverbindlichen Vorgespräch geklärt. Andererseits verpflichtet sich der Teilnehmer vertraglich, sich an die vereinbarte Arbeitsleistung – maximal 40 Stunden pro Woche – zu halten. Was allerdings an Zeit übrig bleibt, kann man selbstverständlich für individuelle Ausflüge und Erkundungstouren einsetzen. Das ist ja gerade das Reizvolle an einem Aufenthalt beispielsweise in einem US-amerikanischen Kloster. Manche Gemeinschaften bieten sogar ein kleines Taschengeld, das etwa dafür eingesetzt werden kann.

        

Die Auszeit bedeutet «mitleben, mitarbeiten, mitbeten». Das Beten ist heute nicht Sache vieler Jugendlicher. Wird ein junger Mann für die «Auszeit» aufgenommen, auch wenn er sagt, dass er mit dem Beten nichts anfangen kann, aber andere spirituelle Qualitäten am Klosterleben wie etwa die innere Einkehr schätzt?

Die wichtigste Voraussetzung ist Offenheit.

Fässler: Die wichtigste Voraussetzung für die Teilnahme am Projekt ist sicherlich die Offenheit, Neues zu entdecken. Vieles, auf das sich ein junger Mann in dieser «Klosterzeit» einlässt, wird ihm zu Beginn völlig unbekannt sein. Ja, mehr noch: Ich hoffe sogar, dass er aus seiner Zeit in einem Kloster Erfahrungen mitnimmt, mit denen er bei der Anmeldung gar nicht gerechnet hat. Das kann beispielsweise ein neuer Zugang zum Gebet sein.

Ein solcher ist deshalb keineswegs als Bedingung für eine Teilnahme vorausgesetzt: Wer immer sich dafür interessiert, eine Zeitlang in einem Kloster mitzuleben, was auch immer er davon mitnehmen will, ist willkommen.

«Klosterzeit» versucht, Bedürfnisse auf zwei verschiedenen Seiten zusammenzubringen.

Ist die «Klosterzeit» ein Versuch, junge Männer für den Klostereintritt zu gewinnen?

Fässler: Die «Klosterzeit» versucht, Bedürfnisse auf zwei verschiedenen Seiten zusammenzubringen, die sich gegenseitig erfüllen: Auf der einen Seite der Wunsch junger Leute, in einer Auszeit mal etwas ganz anderes zu machen, den eigenen Horizont zu erweitern, sich als Freiwilliger zu engagieren sowie sich den grossen Fragen des Lebens zu stellen.

Auf der anderen Seite stehen die oft kleiner werdenden Klostergemeinschaften, die bei der Erfüllung ihrer Aufgaben immer stärker auf externe Hilfe angewiesen sind. So kann jeder etwas bieten, was der andere sucht. Wenn dies gelingt, ist das Ziel von «Klosterzeit» erreicht. Wenn allerdings jemand während seiner Zeit im Kloster merkt, dass er sich ein solches Leben grundsätzlich vorstellen kann, weil er es als sinnvoll und erfüllend erlebt, ist das natürlich etwas Schönes, dem sich sicherlich niemand verwehren würde.

Das Mitleben im Kloster braucht natürlich Regeln.

Wieviel Freiraum haben Personen, welche sich für die «Klosterzeit» entscheiden?

Fässler: Das Mitleben und Mitarbeiten in einem Kloster braucht natürlich Regeln. Dabei versuchen wir aber, den Freiraum möglichst gross zu halten, je nach Talenten und Bedürfnissen des Teilnehmers. Das beginnt bei der Wahl des Aufenthaltsortes und geht hinein bis in die konkrete Gestaltung der Zeit in einem Kloster.

Das Kloster Einsiedeln ist dem Kloster Fahr sehr verbunden. Ist vorgesehen, dass das Benediktinerinnenkloster auch so etwas wie eine «Klosterzeit» anbietet?

Fässler: In einer ersten Phase wollten wir uns bewusst auf Männer konzentrieren, die eine Auszeit in Männerklöstern machen wollen. Wenn das Angebot auf Interesse stösst, werden wir uns jedoch die Frage nach der Integration unserer Mitschwestern im Kloster Fahr und weiterer Benediktinerinnenklöster sicherlich stellen.

Kloster Einsiedeln | © Georges Scherrer
21. März 2018 | 12:19
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Für ein Jahr ab ins Kloster

Ab Sommer 2018 bietet das Kloster Einsiedeln ein Langzeitvolontariat namens «Klosterzeit» an. Die Einsatzzeit dauert zwischen 6 und 12 Monate. Verbracht werden kann die «Klosterzeit» in Einsiedeln und/oder in verschiedenen Benediktinerklöstern weltweit. Das Angebot richtet sich an Männer zwischen 18 und anfangs 30. Bisher machen folgende Klöster mit: In Argentinien die Abtei Los Toldos, in England Downside Abbey, in Frankreich die Abtei Fleury, im Heiligen Land die Dormitioabtei sowie das Priorat Tabgha, in Italien die Benediktinergemeinschaft in Sant› Anselmo in Rom, in Spanien die Abtei Montserrat und in den USA die Abteien St. Meinrad (Indiana), St. Joseph (Louisiana) und St. John (Minnesota). (gs)