Monika Schmid, Fulbert Steffensky und Erwin Koller an einer Tagung 2015 in Luzern.
Schweiz

«Kein Blut ist gut»: Wie soll man heute noch Karfreitag und Ostern feiern?

Bericht vom 32. Katholischen Dialog in der Reihe «Den Glauben neu denken und zur Sprache bringen»

Luzern, 21.1.15 (kath.ch)  Karfreitag und Ostern sollen in der Liturgie nicht zerredet, sondern gefeiert werden, damit die Glaubensbilder, die in uns schlummern, zum Leben erweckt werden. Das sagen Theologen an einer gutbesuchten Veranstaltung im Romerohaus Luzern mit vielen in der Praxis stehenden Gemeindeleitern.

Paul Jeannerat

Ein Vater, der von seinem Sohn das Opfer seines Lebens verlangt, ist schwer zu vereinen mit dem Bild des gütigen Gottes. Und die Auferstehung des Gekreuzigten von den Toten ist gleichfalls schwer verständlich für aufgeklärte Menschen. Am 32. Katholischen Dialog, der am 19. Januar im RomeroHaus Luzern stattfand, ging es darum, Worte und Rituale für Karfreitag und für Ostern zu finden, die ohne Verrenkungen einen Zugang zum historischen Ereignis ermöglichen und dessen Bedeutung für unsere heutige Zeit ausdrücken. Dass dies schwierig ist, zeigte sich bereits an der Zahl der anwesenden Leute: Etwa 100, zu einem beachtlichen Teil in der kirchlichen Verkündigung tätige Personen zeigten durch ihre Teilnahme ihr Interesse an der Fragestellung. Thesen zu dieser Fragestellung trugen vor: der in Luzern lebende deutsche Theologe Fulbert Steffensky und die in Illnau-Effretikon (ZH) als Gemeindeleiterin tätige Theologin Monika Schmid. Moderiert wurde der Dialog von Erwin Koller.

Fulbert Steffenky ging von der These aus, dass wir die Botschaft des Evangeliums immer schon als interpretierte haben und somit auch heute «interpretieren und so retten» müssen.

So ist die Sühnetheologie, die den Karfreitag prägt, eine Interpretation, die nur schwer verstehen ist. «Wir werden ihr ein Bussschweigen verordnen», sagte Steffensky. denn «kein Blut ist gut, das vergossen wird, auch nicht das Blut jenes Gekreuzigten. Aber gut ist die Güte, die nicht weicht aus unserem eigenen Schicksal. Der Gott der Güte ist in Christus unsere Wege gegangen und unsere Tode gestorben.»

An Ostern die Auferstehung feiern bedeutet: Der Tod hat nicht das letzte Wort. «Was das genau heisst, weiss ich nicht», bekennt Fulbert Steffensky. «Aber das ist kein Grund, es nicht zu behaupten. Vielleicht kann man es eher singen und tanzen als theologisch behaupten. Kein Wunder, dass es immer wieder Osterspiele gab. Das Spiel der Hoffnung ist angemessner als die theologische Aussage».

Hier konnte Monika Schmid anknüpfen. Sie erzählte, wie ihre Gemeinde jedes Jahr vom Palmsonntag über den Hohen Donnerstag zum Karfreitag und zu Ostern und Ostermontag «symbolisch feiernd den Weg mit Jesus, dem Christus, geht». Erstaunlich viele Pfarreiangehörige gehen den Weg mit, besonders junge: «Dreissig Ministrantinnen und Ministranten tragen Kerzen zum Kreuz, eine rituelle Kreuzverehrung in Andacht und Würde», erzählt Monika Schmid. In die traditionelle Liturgie werden zeitgenössische Gesänge und Riten eingefügt (zum Beispiel ein Song aus Jesus Christ Superstar und Cello-Musik von Johann Sebastian Bach), aber «die alte Liturgie – mit dem Mut zur Reduktion – ist Grundlage». Und die Feier ist geprägt «von grosser gesammelter Stille», die Raum lässt für persönliches Nachdenken und Gebet.

Monika Schmid ist überzeugt, dass sich in den Ritualen und Symbolen unser ganzes Leben verdichtet – auch in seinen Grenzerfahrungen von Leid, Schmerz und Tod. «Opfer wird von vielen Menschen besser verstanden als von uns Theologinnen und Theologen, als Hingabe und Bild vollkommener Liebe», vermutet sie. Und die Gläubigen liessen sich von den Widersprüchlichkeiten in den Erzählungen vom auferstandenen Jesus nicht verunsichern, denn «sie bleiben Bilder der Sehnsucht, Bilder einer Hoffnung, dass Gräber tatsächlich nicht das Letzte sind. Die Frage nach Gott, nach dem Ewigen bleibt ein Leben lang bestehen».

Die Katholischen Dialoge werden vom Forum für offene Katholizität (FOK) verantwortet und zusammen mit dem Verein tagsatzung.ch im RomeroHaus Luzern durchgeführt. Der nächste, 33. Katholische Dialog findet am Montag, 9. März 2015 (14.00 bis 17.30), statt und bietet eine Begegnung mit Regina Ammicht Quinn (Tübingen/D), Trägerin des Herbert Haag-Preises für Freiheit in der Kirche 2015, und mit dem in Freiburg/CH lehrenden Theologen Thomas Staubli. Thema: Körper- Religion- Sexualität.

Paul Jeannerat ist Journalist/Theologe und gehört zum Kernteam des Forums für offene Katholizität (FOK).

Monika Schmid, Fulbert Steffensky und Erwin Koller an einer Tagung 2015 in Luzern. | © Vera Rüttimann
21. Januar 2015 | 09:02
Lesezeit: ca. 2 Min.
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