Julia Imboden
Schweiz

«Kardinal Kurt Koch gewährte mir einen neuen Blick auf die Kirche»

Luzern, 1.10.16 (kath.ch) Julia Imboden (21) ist soeben von einer Romreise zurück. Zusammen mit drei weiteren jungen Katholiken konnte sie dort mit Kardinal Kurt Koch sprechen. Wie dieser ihre Sicht auf Kirche und die Rolle der Frau darin verändert hat, erzählt sie im Interview mit kath.ch. Die Reise wurde organisiert im Rahmen der Umfrage «Was will ich», die junge Menschen nach ihren Vorstellungen von Kirche fragte.

Sylvia Stam

Sie haben an der Umfrage «Was will ich» teilgenommen. Wie wünschen Sie sich die Kirche?

Julia Imboden: Es ging dabei auch um unsere Meinung von der Kirche. Meine Aussage war, dass jeder Einzelne schon mit kleinen Taten «Kirche» sein kann. Man kann zum Beispiel morgens jemanden anlächeln, einem Kind das Kickboard in den Bus tragen, jemandem am Ticketautomaten helfen. Das alles ist bereits Kirche.

Meine Vorstellung von Kirche muss ich neu überdenken.

Und wie stellen Sie sich Kirche in Zukunft vor?

Imboden: Meine Vorstellung von Kirche muss ich neu überdenken. Das Gespräch mit Kardinal Kurt Koch hat mir einen neuen Einblick gewährt. So hat er uns zum Beispiel das Problem mit der Frauenordination erklärt. Die Diakoninnen der frühen Kirche hatten andere Aufgaben als ihre männlichen Kollegen. Aus diesem Grund könne man das Diakonat, das heute Männern vorbehalten ist, nicht einfach für Frauen öffnen. Man muss die Bibel, die Kirchenväter und die Traditionen studieren und die Weltkirche in dieser Frage berücksichtigen.

Dann hatten Sie vor dem Gespräch eine andere Meinung zur Gleichstellung von Mann und Frau in der Kirche?

Imboden: Ich hatte mir dies mir vor unserer Romreise viel einfacher vorgestellt. Wenn eine Gleichstellung von Frau und Mann dennoch möglich wäre, so würde ich mir das wünschen. Aber bis dahin soll man uns Frauen zu möglichst vielen Diensten, auch Leitungsaufgaben wie Pfarrei- und Kirchenräten, befähigen und einsetzen.

Ich hatte mir die Gleichstellung vor unserer Romreise viel einfacher vorgestellt.

Wie haben Sie Kardinal Kurt Koch als Mensch erlebt?

Imboden: Er ist sehr sympathisch, strahlt eine grosse Ruhe aus. Er hat eine grosse Lebenserfahrung und wirkt dadurch weise, er antwortet sehr bedacht und überlegt. Was er sagt, meint er auch, er hat auf mich authentisch gewirkt.

Was war sonst noch Thema im Gespräch mit ihm?

Imboden: Meine Kollegin Selina Ledergerber ist oft an Weltjugendtagen. Sie sagte zu Kardinal Koch, man solle mehr solche Grossanlässe durchführen. Er stimmte ihr zu, er findet solche Anlässe gut. Ich bin als Firmbegleiterin tätig und habe ihn gefragt, wie ich den Firmlingen die Kirche schmackhaft machen könne. Kardinal Koch sagte, man müsse ihnen gut zuhören, auch oder gerade dann, wenn sie kritisch seien. Wenn sich jemand negativ über die Kirche äussere, so stecke vielleicht eine Angst dahinter, die man ernst nehmen müsse.

Haben Sie Papst Franziskus gesehen?

Imboden: Ja, wir waren am Mittwoch bei der Generalaudienz dabei. Wir hatten spezielle Sitzplätze ganz nahe beim Heiligen Vater und konnten ihn aus nächster Nähe sehen. Die Stimmung auf dem Petersplatz war grossartig.

Ich habe die Menschen im Vatikan und den «Spirit», der dort herrscht, als authentisch erlebt.

Was ist Ihre prägendste Erinnerung dieser Reise?

Imboden: Die Energie, die bei den Menschen im Vatikan spürbar war. Obschon ich regelmässig Kontakt zur Kirche habe, hört man oft nicht nur Positives über sie. Auf dieser Reise habe ich die Menschen im Vatikan und den «Spirit», der dort herrscht, als authentisch erlebt. Die Menschen waren sehr nett und hilfsbereit, ich habe mich gleich wohl gefühlt!

Julia Imboden (21) aus Luzern hat eine Lehre im Detailhandel gemacht und leistet momentan ein Praktikum im Sozialbereich. Sie ist Firmbegleiterin in Buochs NW.

Kirche Schweiz sucht verstärkt das Gespräch mit der Jugend

Julia Imboden | © was-will-ich.ch
1. Oktober 2016 | 10:33
Lesezeit: ca. 2 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!

Zukunft Kirche

Vom Sommer 2015 bis März 2016 konnten Jugendliche im Rahmen der Kampagne «Chance Kirchenberufe» online kundtun, wie ihre Meinung zur Kirche ist und wie sie sich die Kirche der Zukunft vorstellen. Über 500 Jugendliche nahmen an der Befragung teil, die Resultate sind auf der Homepage veröffentlicht. Zudem wurden die Anliegen der Jugendlichen mittels Plakaten in der Öffentlichkeit bekannt gemacht. Von den Teilnehmenden wurden vier für eine Reise nach Rom ausgelost, darunter Julia Imboden. Im Vatikan konnten sie ihre Vorstellungen von Kirche in einem Gespräch mit Kardinal Kurt Koch äussern. Bereits im März hatte ein Gespräch zwischen Jugendlichen und dem Basler Bischof Felix Gmür stattgefunden. (sys)