Kardinal Kurt Koch
Vatikan

Kardinal Koch: Exkommunikation Luthers bereits aufgehoben

Rom, 27.10.16 (kath.ch) Aus Sicht des vatikanischen Ökumene-Beauftragten ist die Exkommunikation Martin Luthers (1483-1546) bereits aufgehoben. Dies sei mit dem Tod des Reformators geschehen, sagte Kurienkardinal Kurt Koch am Mittwoch vor Journalisten im Vatikan.

Der Schweizer Kardinal erinnerte daran, dass Papst Franziskus auch «viele positive Sachen» über Luther gesagt habe. Der Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen und damit Ökumene-Beauftragte des Vatikan äusserte sich vor der Reise von Papst Franziskus zum gemeinsamen Reformationsgedenken in Schweden am kommenden Montag (31. Oktober).

Auf dem Rückflug der Armenien-Reise des Papstes im Juni hatte ein deutscher Journalist Franziskus gefragt, ob nicht angesichts des bevorstehenden Gedenkens zum 500. Jahrestag der Reformation eine Aufhebung von Martin Luthers Exkommunikation oder eine andere Form der Rehabilitierung des Reformators angebracht sei. Franziskus war darauf nicht eingegangen.

Ausschluss aus der kirchlichen Gemeinschaft

Exkommunikation bedeutet in der katholischen Kirche den Ausschluss aus der kirchlichen Gemeinschaft und vom Empfang der Sakramente. Bestimmte Formen der Exkommunikation können nur vom Heiligen Stuhl aufgehoben werden. Sofern die Exkommunikation aufgrund der Straftat der Apostasie (Abwendung vom Christentum als ganzem), der Häresie (das Abstreiten einzelner Glaubensinhalte) oder des Schismas (Kirchenspaltung) erfolgte, ist der Exkommunizierte auch nicht mehr Mitglied der Kirche im vollen Sinne, bis er wieder losgesprochen oder verstorben ist.

Im Falle Luthers gehen einige davon aus, dass seine Exkommunikation von Beginn an faktisch unwirksam gewesen sei, weil der «weltliche Arm» dem geistlichen, der Kirche, nicht mehr Folge geleistet habe. Im Mittelalter hatte der Kirchenbann die weltliche Reichsacht und damit in der Regel den Ruin der jeweiligen Person zur Folge. Die Reichacht war eine Ächtung, mit der der Betroffene für rechtlos erklärt und damit ausserhalb der Gesellschaft gestellt wurde. (kna)

Kardinal Kurt Koch | © zVg
27. Oktober 2016 | 09:05
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Exkommunikation

Exkommunikation bedeutet in der katholischen Kirche den Ausschluss aus der kirchlichen Gemeinschaft. Den Betroffenen ist es verboten, irgendwelche Dienste in liturgischen Feiern zu übernehmen, Sakramente zu spenden oder zu empfangen sowie kirchliche Ämter oder Aufgaben auszuüben. Nach katholischer Lehre handelt es sich um eine Beugestrafe mit dem Ziel, den Betreffenden wieder in die kirchliche Gemeinschaft zurückzuführen, sobald dieser seine «Wiedersetzlichkeit» (Kontumaz, lateinisch «contumacia») aufgibt.

Die Exkommunikation kann entweder durch einen Spruch verhängt werden oder in bestimmten, besonders schwerwiegenden Fällen durch eine Tat von selbst eintreten. Dazu zählen etwa eine Bischofsweihe ohne päpstlichen Auftrag, Abtreibung, Bestechung bei der Papstwahl, physische Gewalt gegen den Papst oder die Verletzung des Beichtgeheimnisses.

Die vollen Wirkungen dieser sogenannten Tatstrafe (poena latae sententiae) treten dann ein, wenn sie von einem Bischof oder vom Heiligen Stuhl ausdrücklich festgestellt wird. Bestimmte Exkommunikationen können nur vom Heiligen Stuhl aufgehoben werden.

Neben der Exkommunikation kennt das Kirchenrecht als Beugestrafe das Interdikt (eine schwächere Form) und die Suspension (nur für Kleriker). Diese Strafen dürfen «nur mit allergrösster Zurückhaltung und nur für schwerere Straftaten» verhängt werden.

Wiederverheiratete Geschiedene befinden sich nach kirchlicher Auffassung in einem Zustand schwerer Sünde und sind daher vom Empfang der Sakramente ausgeschlossen. Aber weder ist aussereheliches Zusammenleben mit einer Tatstrafe belegt, noch wird dafür üblicherweise eine Beugestrafe verhängt – die Betreffenden sind also nicht exkommuniziert. Darauf hat zuletzt auch Papst Franziskus ausdrücklich hingewiesen. (kna)