Minderjährige Migranten im Bundeshaus
Schweiz

Jugendliche Migranten fordern mehr Rechte und Möglichkeiten

Bern, 21.10.16 (kath.ch) Eine Gruppe unbegleiteter minderjähriger Asylsuchender besuchte am Mittwoch das Bundeshaus und brachte dort Nationalrätin Mattea Meyer (SP) ihr Anliegen für mehr Partizipation an der Schweizer Gesellschaft vor. Das Treffen wurde von «Speak out» organisiert. Dieses Projekt wird von der Schweizer Arbeitsgemeinschaft der Jugendverbände (SAJV) getragen, zu der auch Jungwacht Blauring Schweiz gehört.

Georges Scherrer

Die Situation der minderjährigen Asylsuchenden (MNA) in der Schweiz ist stark abhängig vom Kanton, in welchem sie leben, erklärte die Projektleiterin von Speak out, Georgiana Ursprung, gegenüber kath.ch. Auf das Projekt würden sie sehr gut ansprechen. Es handle sich um junge Menschen, die lernen wollen, denn sie möchten ihre Zukunft anpacken.

Von den Jugendlichen, die sich am Projekt Speak out beteiligen, sind zehn bis zwanzig Prozent Frauen. Die Zahl variiere je nach Kurs. Die Teilnehmer sind zwischen 15 und 18 Jahre alt. Jüngere würden sich nicht am Projekt beteiligen. Diese befinden sich in Gastfamilien.

Speak out organisiert jeweils Anlässe am Wochenende, wo sich die Jugendlichen austauschen können. Dort erhalten sie auch Informationen darüber, was ihr Aufenthaltsstatus bedeutet. Sie werden über den Asylprozess und Kinderrechte aufgeklärt. Wenn nötig wird ihnen eine Person vermittelt, die auf spezielle Fragen Antworten geben kann.

Den Jugendlichen eine Stimme geben

Es gehe aber auch darum, den Jugendlichen in der Politik eine Stimme zu geben. Aus diesen Grund organisierte Speak out für die Jugendlichen am vergangenen Mittwoch ein Treffen mit der SP-Nationalrätin Mattea Meyer aus Winterthur. Die Begegnung fand im Bundeshaus statt.

Auf diese Weise konnten die Jugendlichen direkt Einblick in eines der politischen Nervenzentren der Schweiz nehmen und das Parlament kennen lernen. Die 24 Teilnehmer stammten aus Asien und Afrika. Sie konnten der Parlamentarierin ihre Anliegen vortragen. Diese klärte die Jugendlichen über Möglichkeiten und Grenzen der Schweizer Politik auf.

Die «vorläufige Aufnahme» (F-Ausweis) eröffne ihnen Möglichkeiten zu handeln und gebe ihnen Rechte, erklärte ein Sprecher der Jugendlichen gegenüber der Politikerin. Der Ausweis erschwere aber die Integration und schaffe Ungleichheiten. Mit einem Ausweis, der ihnen mehr Rechte und Möglichkeiten gebe, könnten die Jugendlichen ihre Familien nachziehen, in die Schule gehen und sie wären nicht mehr von der Sozialhilfe abhängig sein.

Lähmendes Warten auf den Bescheid

«Ich und ein paar meiner Freunde bei Speak out warten schon über eineinhalb Jahre auf einen Asylentscheid», sagte ein junger Nordafrikaner laut einer Medienmitteilung der SAJV. Wegen Ungewissheit sei es sehr schwierig, Zukunftsperspektiven zu entwickeln. Der junge Nordafrikaner brachte seinen Wunsch mit der Aussage auf den Punkt: «Wir sind Jugendliche, die die Schweiz unterstützen und in Freiheit leben möchten, wie andere Jugendliche auch.»

Die Winterthurer Nationalrätin bezeichnete gegenüber Speak out die Begegnung als bereichernd. «Ich habe mich gefreut, mit den Jugendlichen sprechen zu können. Mir ist es sehr wichtig, eine Politik mit den Jugendlichen zu machen und nicht über sie.»

Georgiana Ursprung blickt mit gemischten Gefühlen in die Zukunft. Mit der aktuellen politischen Lage in Europa vereinfache sich die Situation für die MNA nicht. Das Thema der minderjährigen Migranten sei zwar sehr aktuell. Die Sozialdirektorenkonferenz der Kantone gab Empfehlungen für den Umgang mit den minderjährigen Migranten heraus. Diese können als Leitlinien für die Kantone gelten. Das sei schon einmal ein Fortschritt, sagt die Projektleiterin von «Speak out» gegenüber kath.ch.

Kontakte suchen und vermitteln

Es ist nicht immer ganz einfach für Speak out an die Jugendlichen heranzukommen. Die Organisation spricht in den Kantonen Stellen an, die sich mit den MNA beschäftigen. Dabei kann es sich um Amtsstellen handeln, die sich um allein reisende minderjährige Migranten kümmern, oder um Jugendorganisationen.

Hier kommt Jungwacht Blauring ins Spiel. Die katholische Jugendorganisation steht in Kontakt mit Speak out. Den MNA sei auch schon die Gelegenheit gegeben worden, einen Tag mit Jubla-Mitglieder zu verbringen und so ihre Aktivitäten kennen zu lernen. Speak out liege es stark daran, mit den verschiedenen Jugendorganisationen zusammenzuarbeiten, sagt Georgiana Ursprung.

Speak out begleitet die MNA in zwei Gruppen, die bis zu dreissig Mitglieder umfassen. Die beiden Gruppen sind sprachlich ausgerichtet: eine für die Westschweiz und eine für die Deutschschweiz.

Minderjährige Migranten im Bundeshaus | © 2016 Speak out!
21. Oktober 2016 | 14:20
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