Jacqueline Straub
Schweiz

«Viele Menschen möchten auf anonymerem Weg zu Gott finden»

Muri AG, 2.9.16 (kath.ch) Mit einem Spendenaufruf gelangte die katholische Theologin Jacqueline Straub diese Woche an die Öffentlichkeit: Gemeinsam mit dem evangelisch-reformierten Pfarrer Andri Kober will sie eine online Plattform starten. Diese soll in zeitgemässer Form und Sprache christliche Glaubensinhalte vermitteln, wie Straub gegenüber kath.ch erklärte.

Auf dem Portal sollen Menschen in ihrem persönlichen spirituellen Bedürfnis und in ihrer spirituellen Sehnsucht begleitet werden, so Straub in einem Schreiben, das kath.ch vorliegt.

«Das Internet ist der Ort, wo sich Menschen heute aufhalten», begründet Straub gegenüber kath.ch die Notwendigkeit eines solchen Portals. «Viele Menschen sind durchaus gläubig, möchten aber gerne anonym bleiben. Sie möchten auch auf einem anonymeren Weg zu Gott finden, als in der Kirche, wo sie direkt angeschaut werden.» Manche fühlten sich von Gottesdiensten auch schlicht nicht angesprochen.

Ausserdem lebten moderne Menschen ihre Spiritualität flexibler, als die fixen kirchlichen Angebote es ermöglichten. Straub sieht schliesslich auch eine gewisse Notwendigkeit darin, Wissen über das Christentum zu vermitteln, weil dieses bei vielen nicht mehr vorhanden sei.

Seelsorge-Chat

Konkret soll der christliche Glaube «durch moderne Predigten, zeitgemässe spirituelle Texte, Artikel und Kommentare zu aktuellem religiösem Zeitgeschehen» vermittelt werden. «Wir planen, mindestens einmal pro Woche eine kurze Predigt zu veröffentlichen, die sehr lebensnahe Themen aufgreifen soll.» Grundsätzlich gehe man vom Tagesevangelium aus, aber wenn beispielsweise grosse Flüchtlingsströme auf die Schweiz zukämen, könne man zum Beispiels auf den Auszug aus Ägypten im Buch Exodus eingehen und so biblische Elemente auf die heutige Zeit übertragen, so Straub gegenüber kath.ch.

Dazu kämen spirituelle Impulse, «Lichtblicke» genannt, die Alltagsmomente aufgreifen und in einen kurzen spirituellen Text packen wollen. Diese sollen ebenso wie die Predigten auch über Social Media verbreitet werden. Zu einem späteren Zeitpunkt wollen die Initianten auch einen Seelsorge-Chat aufbauen.

Kurzvideos für junge Leute

Straub räumt ein, dass es durchaus bereits christliche Online-Plattformen gebe, sie kenne jedoch keine, die von katholischer oder evangelisch-reformierter Seite aus Glaubensinhalte vermittle. Neu an ihrem Projekt sei auch der Versuch, junge Menschen anzusprechen. Konkret nennt sie kurze Predigt-Videos von bis zu drei Minuten, deren Machart junge Menschen ansprechen soll. «Die Freikirchen sind uns in diesem Punkt voraus!», gibt Straub zu.

Inhaltlich wollen sie «traditionelle Werte» vermitteln, wie es im Schreiben heisst. «Wir wollen etwa die Werte von biblischen Texten aufzeigen», erklärt Straub. Angedacht sei auch eine Reihe zu den Sakramenten, bei der selbstverständlich auf die Unterschiede in den beiden Konfessionen eingegangen werde. Auf traditionelle Haltungen seitens der katholischen Kirche etwa zu Homosexualität angesprochen, entgegnet die katholische Theologin, die sich zur Priesterin berufen fühlt: «Wir pflegen einen barmherzigen Umgang mit den Gläubigen. Niemand soll sich ausgestossen fühlen.»

Spendenaufruf

Finanziert werden soll das Projekt «Preachers» durch Spenden. Dem Schreiben ist ein entsprechender Aufruf samt Kontonummer beigefügt. Den Vorwurf, damit in die Nähe von Freikirchen zu rücken, lässt Straub nicht gelten: «Dass wir die Plattform nicht im Rahmen der Landeskirchen lancieren, heisst nicht, dass wir nicht hinter den Landeskirchen stehen!» Sie hätten auch ganz bewusst nicht bei Freikirchen um Spenden angefragt. «Viele Menschen mit einer spirituellen Sehnsucht gehen jedoch nicht mehr in die Kirche.» Diese sollen ebenso erreicht werden wie Kirchgänger.

Für den Start von «Preachers» benötigen Straub und Kober rund 20’000 Franken, dazu kämen monatlich Kosten für die Videos, die von einer professionellen Firma produziert würden. Die Plattform soll Ende November/Anfang Dezember aufgeschaltet werden. Straub hofft, dass sie langfristig von den Erträgen des Portals je eine 50%-Stelle für die beiden Initianten finanzieren können.

Die katholische Theologin Straub arbeitet derzeit in einem Teilpensum als Katechetin in Wauwil (LU), Kober ist Pfarrer in Meinisberg (BE) und bietet über seine Homepage auch Mediationen und Ritualgestaltungen an. (sys)

Jacqueline Straub: «Ich möchte nicht Karriere machen, sondern dienen»

Jacqueline Straub | © www.meli-photodesign.de
2. September 2016 | 14:54
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