In Basel wird der Bettag zum Start des Dialogs zwischen den Religionen

Basel, 18.9.17 (kath.ch) Einst wurde der Eidgenössische Dank-, Buss- und Bettag eingeführt, um die zerstrittenen Konfessionen der Katholiken und Reformierten zu versöhnen, erinnerte Moderatorin Antonia Moser, beim SRF für das Ressort Religion zuständig. Im Münstersaal der Basler Münstergemeinde fragte sie am Sonntagabend im «Interreligiösen Gespräch» je einen Christen, Juden, Muslim, Aleviten und Hindu, ob der Feiertag nicht neu interpretiert werden könne als Tag der Verständigung zwischen den Religionen.

Boris Burkhardt

Rabbiner Moshe Baumel sträubte sich gegen einen besonderen Tag der Interreligiosität unter dem Motto von Dank, Busse und Gebet: «Jeder Tag sollte ein besonderer Tag sein, um zu verzeihen. Sonst bleibt es bei diesem einen Tag und dann passiert ein Jahr lang nichts.» Er wünsche sich ein breiteres Spektrum von Veranstaltungen das ganze Jahr über. «Christlich-jüdische Gespräche gibt es in Basel viele», sagte er; was bisher gefehlt habe, sei aber die Beteiligung der anderen Religionen. Insofern könne der gestrige Tag ein Anfang für einen dauernden interreligiösen Dialog sein.

Sich durch besondere Tage erinnern lassen

Dede Zeynel Arslan von der Alevitischen Gemeinschaft Regio Basel betonte hingegen, es sei gut, sich immer wieder durch besondere Tage an das erinnern zu lassen, was man täglich tun sollte, wie es auch am Muttertag der Fall sei. «Der Bettag ist eine schöne Chance zusammenzukommen», sagte er. Es gehe darum, gemeinsame Werte zu leben. Was das Verzeihen angehe, fügte er zur Erheiterung des Publikums hinzu, versuche ein Alevite so zu leben, dass er erst gar keine Busse tun müsse.

Die Tatsache, dass die Vertreter von fünf Religionen an der Veranstaltung teilnahmen, war für Mazen Abdel-Rahman von der Islamischen Kulturstiftung Basel Beleg, «dass wir zusammenleben wollen: Das ist eine Errungenschaft.» Abdel-Rahman fuhr fort: «Die Unterschiedlichkeit ist ein Reichtum.» Er sei sich sicher, dass sich dieses Bewusstsein in der Schweiz in den kommenden ein bis zwei Jahrzehnten durchsetzen werde.

Unwissen und Halbwissen führt zu Spannungen

Tabitha Walther, reformierte Pfarrerin aus dem Baselbieter Münchenstein, die in ihrer Gemeinde viel Erfahrung mit interkonfessionellen und -religiösen Begegnungen hat (»Wir machen viele verrückte Sachen.»), sagte, dass Spannungen zwischen Religionen durch Unwissen und Halbwissen entstünden.

Sivakeerthy Thillaiambalam pflichtete den beiden bei, dass die Verschiedenheiten zwischen den Religionen akzeptiert werden müssten. Als Vertreter des Hinduismus habe er über zehn Jahre für die Verwirklichung des Hauses der Religionen in Bern gekämpft, in dessen Vorstand er Mitglied ist: «Wir erkennen uns gegenseitig an, haben Verständnis füreinander und akzeptieren uns.» Thillaiambalam war es auch, der in humorvoller Weise immer wieder die Diversität allein in seiner eigenen Religion darlegte.

Rabbiner will auch heikle Themen aufs Tapet bringen

Den Wunsch Baumels, den interreligiösen Dialog nicht nur über die positiven Dinge und Gemeinsamkeiten zu führen, sondern auch heikle Themen anzusprechen, griff Moderatorin Moser gerne auf. Auf ihre Frage hin nannte Baumel die Beschneidung und das Schächten, die aus jüdischer Sicht derzeit für Spannungen sorgten. Die Juden seien eine etablierte, 3500 Jahre alte Religion, keine neuentstandene Sekte: «Wenn unsere jahrtausendealten Traditionen auf einmal in Frage gestellt werden, kann man sich fragen, ob man nicht unsere Religion in Frage stellt.»

Mit weiteren heiklen Themen wie Homosexualität oder Radikalismus sieht Baumel eine Möglichkeit, auch ein breiteres Publikum für interreligiöse Gespräche interessieren zu können. In einem solchen Umfeld müsste keine Religion Angst haben, ihre Überzeugungen darzulegen: «Die Leute wollen dann zuhören.»

Religionen «verteidigen, denen Unrecht geschieht»

Abdel-Rahman wünschte sich, das öffentliche Interesse am Islam sei nicht immer nur mit dem Thema «Terrorismus» verknüpft. Hier sieht er auch eine Mitschuld der Medien: «Sie berichten nunmal lieber über schlechte Nachrichten als gute.» Rabbiner Baumel schlug aus diesem Grund vor, den interreligiösen Dialog auch dazu zu nutzen, «Religionen, denen Unrecht geschieht, zu verteidigen», und meinte damit explizit den Islam. Alevitenvertreter Arslan wollte hingegen weniger die Wissensaneignung über die fremden Religionen in den Vordergrund stellen: «Ich versuche, meine Prinzipien so zu leben, dass mein Gegenüber in meinem Verhalten erkennt, was meine Religion ausmacht.»

Veranstalterin des Podiumsgesprächs war die «Interreligiöse Arbeitsgruppe zur Vorbereitung des Bettags», Initiantinnen die reformierten Landeskirchen beider Basel. Ob es in einem Jahr oder auch früher weitere interreligiöse Veranstaltungen in Basel geben wird, steht noch nicht fest. Musikalisch begleitet wurde der Abend von einem «interreligiösen» Trio mit Michael Heitzler an der Klarinette, Christian Gutfleisch am Flügel und Ulaş Nesil an der Saz. Die drei Musiker mit jeweils jüdischem, christlichem und alevitischem Hintergrund hatten sich eigens für das Interreligiöse Gespräch zusammengetan und spielten Stücke aus ihren drei Kulturkreisen.

Teilnehmer des Interreligiösen Gesprächs in Basel. | © Boris Burkhardt
18. September 2017 | 11:47
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