Haus der Religionen in Bern
Schweiz

Im Haus der Religionen finden die Gemeinschaften langsam zueinander

Bern, 17.6.16 (kath.ch) Im Berner Haus der Religionen wird das Zusammenleben der verschiedenen Glaubensgemeinschaften nicht von der Leitung verordnet. Das wurde an der Mitgliederversammlung der Einrichtung am Dienstag, 14. Juni, deutlich. Vor einem Jahr zogen die ersten religiösen Gemeinschaften in das Haus ein.

Georges Scherrer

In Podiumsgesprächen wurde eine Bilanz des ersten Betriebsjahres gezogen. Die Mitgliederzahl des Vereins ist am Wachsen. Er zählte Ende 2015 gegen 700 Mitglieder. Die Jahresrechnung 2015 wurde mit einem Überschuss von rund 50’000 Franken abgeschlossen. Rund hundert Freiwillige engagieren sich für das Haus der Religionen.

Etwas komplizierter wird es, wenn es um die praktizierte Gemeinschaft der Religion geht, welche sich am Projekt «Haus der Religionen» beteiligen. Der Vertreter der Buddhisten erklärte, dass ihr Zentrum im Haus der Religion von Mitgliedern anderer Religionen weniger besucht werde. Wie weitere religiöse Stätten im Haus seien auch die Buddhisten mit einer Vielzahl von Religionsmitgliedern verschiedener nationaler Herkunft konfrontiert. Das Buddhistische Zentrum werde von Singalesen, Thailändern und von der «Schweizerischen Buddhistischen Union» benützt.

Im Haus selber treffe man am ehesten bei Vorträgen auf Mitglieder der anderen Religionsgemeinschaften. Zu gemeinsamen Gebeten zwischen den Kulturen könne es kommen, wenn etwa zu einem bedeutenden Fest geladen werde. «Es müssen Interessen geweckt werden», sagte denn auch der Buddhisten-Vertreter.

Beeindruckender Tempel

Grosser Beliebtheit erfreut sich der grosse hinduistische Tempel. «Wir werden als Mitglieder des Hauses der Religionen identifiziert», erklärte der Hinduvertreter nicht ohne Stolz. «Wir entdecken viele Gemeinsamkeiten in den verschiedenen Kulturen», ergänzte er. So sei er überaus erstaunt gewesen, dass sich etwa der Judenstern oder der islamische Halbmond auch in der Symbolik der Hindus findet.

Eine weitere grosse Gemeinsamkeit sei das Essen. Die Gemeinschaften im Haus achteten bewusst darauf, was sie essen. Gleichzeitig offenbare sich in diesem gelebten Miteinander aber auch, wo die Unterschiede liegen. Das Fazit der Hindus nach einem Jahr Haus der Religionen lautete: «Es ist nur ein Jahr. Wir haben Zeit vor uns.»

Überfüllte Moschee

Die Christen verfügen im Haus über einen gemeinsamen Gebetsraum, der von unterschiedlichen Gemeinschaften benützt wird. Gross hingegen ist die Moschee angelegt. Sie kann bis zu 400 Betende fassen und platzt beim Freitagsgebet zum Teil bereits aus allen Nähten. Die Moschee wird von den Aleviten geführt und nicht mehr ausschliesslich von der albanisch sprechenden Kerngemeinschaft besucht. Immer mehr kommen Muslime aus Afrika, Asien und dem arabischen Raum zum Gebet. «Sie schätzen die offene Atmosphäre und Würde des Hauses», sagte der Imam der Moschee. Viele Moscheebesucher zeigten sich beeindruckt davon, dass so viele Religionen unter demselben Dach ihren Gebetsort haben.

Die Freitagspredigt werde in Albanisch verkündet. Auf Arabisch und Deutsch folge eine Zusammenfassung. Am Rande des Podiumsgesprächs wurde angemerkt, dass nicht alle der 20’000 Muslime, welche in Bern und der weiteren Umgebung lebten, dem Experiment der «offenen Moschee» im Haus der Religionen wohlwollend gegenüberstünden. Das Haus habe jedoch einen innermuslimischen Dialog in Gang gebracht.

Treffpunkt der Leute guten Willens

Die Bahai und die Juden haben keine eigenen Räume im Haus. Sie beteiligen sich aber am «Dialog» des Hauses der Religionen. Der Bahai-Vertreter lobte die Offenheit der Einrichtung. An dem Ort kämen sehr viele Leute guten Willens zusammen, erklärte er. Grosse gemeinsame Anlässe würden aber fehlen.

Das Haus der Religionen verfügt über ein reichhaltiges Kultur- und Begegnungsprogramm. Im Zentrum des Hauses befinden sich ein geräumiger Aufenthaltsraum, der auch als Gaststätte für Passanten dient, und ein Vortragssaal sowie eine Kinderkrippe. (gs)

Haus der Religionen in Bern | © Georges Scherrer
17. Juni 2016 | 14:15
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