Benignus Ogbunanwata
Schweiz

«Ich wünsche mir, dass 2018 bald vorbei ist.»

Pfungen ZH, 28.12.18 (kath.ch) Mit gemischten Gefühlen blickt der Pfarrer von Pfungen, Benignus Chukwunedum Ogbunanwata, auf das zu Ende gehende Jahr zurück. Persönlich brachte es ihm einige Highlights. Doch die Grosswetterlage, die über der Kirche liegt, lastet schwer auf seinen Schultern. Ein Beitrag zur kath.ch-Serie zum Jahreswechsel.

Seit 2016 ist der Priester Pfarrer in Pfungen. Von dort aus betreut er weitere acht «Diaspora»-Pfarreien im Zürcher Hinterland, die als Verbund organisiert sind und nicht als Seelsorgeeinheit. Bevor er sein Amt im Tösstal antrat, war er in Zürich während acht Jahren in der Pfarrei Erlöser aktiv.

Für ihn begann das Jahr sehr erfreulich. In seiner Heimat Nigeria, genauer in der Stadt Akatta, feierte er am 5. Januar sein silbernes Priesterjubiläum. Es war eine grossartige Feier. Die Gläubigen beteiligten sich mit viel Eifer und Glaubensfreude am Fest, erklärt im Rückblick der Priester.

Religionsunterricht fällt aus

Dann kam er «von der Wärme in die Kälte zurück, und das ist nicht nur physisch gedacht», sagt der Priester. Die Menschen in seiner Heimat seien viel herzlicher zueinander als jene in der Schweiz. In seiner Heimat unterstützt er ein Projekt, das von der Pfarrei in Pfungen mitgetragen wird.

«Es ist sehr schwer, Religionspädagogen zu finden.»

Im Tösstal holte ihn die harte Wirklichkeit wieder ein. In diesem Jahr kündigten zwei langjährige Mitarbeiter der Pfarrei. «Seitdem sind wir auf der Suche nach Ersatz. Der Markt ist offenbar trocken. Es ist sehr schwer, Religionspädagogen zu finden.» Die Situation belaste ihn, weil einige Schulklassen keinen Religionsunterricht erhalten.

Wie weiter in Chur?

Im kommenden Jahr wird Bischof Vitus Huonder voraussichtlich zurücktreten. Auch diese Situation bezeichnet der Priester, der vor 25 Jahren geweiht wurde, als belastend. «Die Nachfolge ist ein Thema, welche alle beschäftigt.» In Chur kam es zwar zu einem Gespräch zwischen Priestern und dem Apostolischen Nuntius. «Seitdem herrscht aber Funkstille und wir schweben etwas in der Leere.» Es gebe keine Informationen. Viele Gläubige fühlten sich bezüglich der Zukunft des Bistums in einer «Unsicherheit». Der Priester meint: «Vielleicht ist es die Stille vor dem Sturm.»

«Der Missbrauch drückt schwer auf die Gemeinschaft der Geistlichen.»

Auf der guten Seite ist in der Pfarrei 2018 dennoch vieles wunderbar gelungen, sagt Benignus Ogbunanwata. Er trifft einmal im Monat eine Gruppe von Afrikanern. Am 26. Juni feierte die Pfarrei den «Tag der Völker» mit den Igbo-afrikanischen Gruppen zusammen. Die Igbos bilden in Nigeria eine Ethnie.

Am 8. Juli kamen die nigerianischen Priester in Europa aus Ogbunanwatas Heimatbistum Orlu nach Pfungen. Die Begegnung verbinden sie jeweils mit ihrer jährlichen Sitzung. Ogbunanwata lobt die Gastfreundschaft der Dorfbewohner, denn sie boten den Gästen Unterkunft.

Der misstrauische Blick

Der Missbrauchsskandal lastet auch in Pfungen auf der Pfarrei und hat gewisse Spuren hinterlassen. Der Missbrauch von Kindern durch Priester führte ebenfalls im Pfarreigebiet Ogbunanwatas zu Kirchenaustritten. Der Priester würde heute von Menschen misstrauisch angeschaut. «Der Missbrauch von Schutzbefohlenen drückt schwer auf die Gemeinschaft der Geistlichen», meint der Pfarrer von Pfungen, «und steht einer herzlichen Begegnung mit den Menschen im Weg. Es ist eine Last, ein Kreuz, es ist schwierig geworden», fasst der Priester die Situation zusammen.

Der wachsende Nationalismus in verschiedenen Ländern beschäftigt den Priester ebenfalls. Ogbunanwata ist erstaunt, dass dieser Nationalismus und der Antisemitismus auch in Europa, «das zwei Weltkriege erlebt hat», wieder aufflammt. Der Priester spricht von einer Orientierungslosigkeit und Angst der Leute, wenn sie in die Zukunft schauen.

«Wo sind heute die Menschen verankert?»

Mit Sorge erfüllt ihn auch der Blick in seine Heimat Nigeria. Dort stehen im kommenden Jahr Wahlen an. Das Land sei aber von Korruption und falschen Versprechen der Politiker geprägt, die dem Wahlvolk das Blaue vom Himmel herab versprechen würden.

Über den Tellerrand schauen

Zusammengefasst bedauert der Priester, dass die Menschen trotz der vielen guten Angebote auch in seinem Pfarreiverbund wegen innerkirchlichen Differenzen und dem Missbrauchsskandal der Kirche den Rücken zukehren. Ihn beschäftigt darum zur Weihnachtszeit und zum Jahresende die Frage: «Wo sind heute die Menschen verankert? Wo finden sie besinnliche Momente? Es schaut fast so aus, als sei jeder in seinen Karren geworfen und bemühe sich, selber zurecht zu kommen.»

Es wäre schön, wenn die Menschen im neuen Jahr vermehrt über den Tellerrand schauen und ihrer Sehnsucht nach Frieden Nachdruck verleihen würden, «um so den Kriegstreibern das Wasser abzugraben». Zum Jahr 2018 sagt der Pfarrer: «Ehrlich gesagt, ich wünsche mir, dass es bald vorbei ist.» Das kommende Jahr verbindet er mit der Hoffnung auf Besserung und einem Lichtblick: mit der Afrikanerwallfahrt nach Einsiedeln, das viele Menschen zu einem Fest zusammenführt. (gs)

Benignus Ogbunanwata | © Georges Scherrer
28. Dezember 2018 | 10:58
Lesezeit: ca. 3 Min.
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