Bischof Vitus Huonder
Schweiz

Huonder ruft angesichts des Falls Allaz zur klärenden Selbsteinschätzung auf

Chur, 27.6.17 (kath.ch) Der Bischof von Chur, Vitus Huonder, ermahnt alle Mitarbeitenden seines Bistums, sich über die eigenen Neigungen und Veranlagungen ins Klare zu kommen. Der Bischof knüpfte in seiner Predigt vom 26. Juni zum Abschlussgottesdienst des Studienjahres in Chur am Fall des pädophilen Priesters Joël Allaz an. Selbstbeherrschung, Askese und Gnade könnten tief sitzende Tendenzen eines Fehlverhaltens verändern, so Huonder.

Die Schweizer Bischöfe mussten sich «ein weiteres Mal» mit der Frage der sexuellen Übergriffe im kirchlichen Umfeld, insbesondere der Pädophilie, beschäftigen, hielt Huonder fest. Diese Frage habe mit dem Buch von Daniel Pittet «Mon Père, je vous pardonne» neue Aktualität erhalten. Der Bischof ermahnt nun «alle meine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, auch die angehenden, insbesondere die Priester und die Priesteramtskandidaten», mit sich über die eigenen Neigungen und Veranlagungen ins Klare zu kommen.

Dies gelte für «unser Verhalten allgemein, dies gilt in der Frage der eigenen sexuellen Veranlagung im Besonderen». Huonder verweist auf die christliche Anthropologie. Sie erkläre, dass der Mensch nach dem Sündenfall einen bösen Keim in sich trage, so dass aus dem Menschen auch Böses und Sündhaftes hervorgehe. Der Mensch sei anfällig für das Schlechte. In ihm schlummere auch das Unmenschliche, das Widergöttliche. Das Böse im Menschen sei vielfältig und zeige sich nicht bei jedem Menschen in gleicher Weise.

Keine Weihe Homosexueller

Um negativen Veranlagungen und Neigungen entgegenzuwirken, brauche es eine besondere Widerstandskraft. Der Mensch müsse sich aufgrund der Selbsteinschätzung fragen, ob er die entsprechende Widerstandskraft aufbringen könne, damit «meine negativen Veranlagungen und Neigungen nicht zum Schaden für andere werden, zum Schaden für den Glauben, zum Schaden für die Kirche.» Im Bereich der Sexualität erreiche die Selbsteinschätzung einen besonders heiklen Punkt.

Deshalb seien die kirchlichen Weisungen in dieser Hinsicht ausserordentlich streng. «Die negativen Folgen, die aus der Weihe von Personen mit tief sitzenden homosexuellen Tendenzen erwachsen können, sind nicht zu übersehen», erklärt der Bischof mit Verweis auf das Schreiben der Kongregation für den Klerus «Das Geschenk der Berufung zum Priestertum».

Seiner selbst Herr werden

Was das Schreiben in Bezug auf Personen mit homosexuellen Tendenzen sage, gelte «im Bezug auf jede Veranlagung, welche leicht zu Übergriffen im allgemein führen könnte». Wenn diesbezüglich eine tiefsitzende Unordnung im Menschen vorherrsche, «dann soll man keinen kirchlichen Beruf anstreben, oder dann gründlich aufräumen». Der Mensch müsse immer wieder das Notwendige tun und die nötigen Kräfte sammeln, «um über die Unordnung seiner Veranlagungen und Neigungen Herr zu werden».

Bischof Huonder zeigt sich überzeugt, dass es möglich ist, «eine hohe Selbstbeherrschung zu erreichen, so dass auch tiefsitzende Tendenzen überwunden und veredelt werden können». Dies sei eines der Ziele der christlichen Askese. Der Bischof setzt zudem auf die Kraft der Gnade. Diese vermöge «tief sitzende Tendenzen eines Fehlverhaltens zu verändern». (gs)

Bischof Vitus Huonder | © Christoph Wider / forum
27. Juni 2017 | 14:12
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