Josef Imbach, 2016

Gedanken zum Sonntag: Nochmals von vorn beginnen

Zum Sonntag: 5. August 2018 (Epheserbrief 4,22-24)

Josef Imbach*

«Legt den alten Menschen des früheren Lebenswandels ab! Lasst euch erneuern durch den Geist in eurem Denken! Zieht den neuen Menschen an, der nach dem Bild Gottes geschaffen ist in wahrer Gerechtigkeit und Heiligkeit» (Epheser 4,22-24)!

Als ob das so einfach wäre!

Wir können unsere Vergangenheit ja nicht einfach abstreifen und wie einen unnützen Ballast hinter uns zurücklassen, weil wir so nämlich unsere Identität verlieren würden und nicht mehr wir selber wären. Was wir sind, sind wir geworden durch die Begegnungen mit anderen, durch die Auseinandersetzung mit weltanschaulichen Entwürfen und gesellschaftlichen Zuständen und durch unsere damit verbundenen Erlebnisse und – nicht zuletzt – durch die Art, wie wir unsere Erfahrungen verarbeitet haben. Unsere Fehlentscheidungen, die erlittenen Verletzungen, aber auch die Ungerechtigkeiten, welche wir anderen zugefügt haben, gehören genauso zu uns wie unsere Erfolge, die Freuden und die schmerzlichen Enttäuschungen. Wenn wir dies bedenken, gelangen wir ganz von selbst zu der Einsicht, dass wir nicht eine Vergangenheit haben, sondern dass wir in gewisser Weise unsere Vergangenheit sind.

Ähnliches gilt bezüglich unserer Zukunft. Die Erwartungen, die wir hegen, die Hoffnungen, welche uns beflügeln, die Wertvorstellungen, die wir umzusetzen versuchen, bestimmen unser Hier und Heute. Insofern sind wir unsere Zukunft. Wohl können sich unsere Zukunftsträume im Lauf der Zeit verändern. Aber bei null können wir nie wieder beginnen.

Was wir aber können, ist anders denken, anders reden, anders handeln. Und das beginnt nicht zu Hause und nicht in der freien Natur, auch nicht am Arbeitsplatz, sondern im Kopf. Sagt Jesus, wenn er uns auffordert: «Denkt um, und glaubt an das Evangelium» (Markus 1,15)!

Dass wir unsere Vergangenheit nicht einfach ablegen können, bringt der Evangelist Markus mit der Erzählung von der Heilung des Gelähmten zum Ausdruck. Nachdem Jesus ihm seine Sünden vergeben und ihn geheilt hat, sagt er zu ihm: «Nimm deine Tragbahre und geh nach Hause» (2,11)! Im Klartext: Die Bahre, auf der du daniederlagst, gehört zu deiner Vergangenheit und damit zu dir. Da gibt es nichts zu vergessen oder zu verdrängen. Wohl aber gilt es, einiges aufzuarbeiten. Dann erst wird es dir gelingen, wieder aufrecht durchs Leben zu gehen. Dann fühlst du das Leben neu in dir, und zwar so, als sei es in deinem Herzen plötzlich Frühling geworden.

* Josef Imbach ist Verfasser zahlreicher Bücher. Er unterrichtet an der Seniorenuniversität Luzern und ist in der Erwachsenenbildung und in der Seelsorge tätig.

Josef Imbach, 2016 | © 2016 Michaela Stoll | © Michaela Stoll
4. August 2018 | 12:00
Lesezeit: ca. 2 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!