Gedanken zum Festtag: Nie sind wir ganz zu Hause

Zum 6. August 2017, Verklärung des Herrn   – Matthäus 17,1-9

Nie sind wir ganz zu Hause

Josef Imbach*

Es gibt Augenblicke in unserem Leben, während deren wir rundherum glücklich sind. Oft braucht es wenig, um ein solches Gefühl in uns zu wecken – einen Spaziergang an einem sonnenhellen Tag, den überwältigenden Anblick des Sternenhimmels, ein paar Zeilen eines Gedichtes, den Satz einer Symphonie. Oder die Gewissheit, von jemandem ernst genommen und verstanden zu werden.

Nur allzu schnell sehen wir uns dann wieder konfrontiert mit jenem Gemisch von Geschäftigkeit und Eintönigkeit – und damit mit einer Welt, die wir längst zu kennen glauben und die uns doch immer neu zu schaffen macht.
Ein aussergewöhnliches Erlebnis, das sie dem grauen Alltag weit entrückte, hatten auch die drei Apostel Petrus, Jakobus und Johannes auf dem Berg der Verklärung. Dort durften sie Jesus in seiner Herrlichkeit schauen. Mittels dieser Episode will der Evangelist uns nicht etwa das Staunen lehren, sondern uns eine Lehre erteilen.

Die Szene mutet einen an wie eine Vorwegnahme von Jesu Auferweckung. Fast hat man den Eindruck, als wolle der Evangelist den Schock mindern, den er seiner Leserschaft wenige Kapitel später mit der Schilderung von Jesu schmählichem Ende am Kreuz nicht ersparen kann. Deshalb zeigt er diesen Jesus, umgeben von Mose und Elija, schon jetzt glanzumstrahlt und lichtverklärt in der künftigen Vollendung. Töricht hört sich da das Ansinnen des Petrus an, der drei Hütten bauen will auf dem Berg. Wie Goethes Faust ist er geneigt, zum Augenblick zu sagen: «Verweile doch, du bist so schön!»

Der Wunsch, die Zeit gleichsam aufzuhalten ist zwar unrealistisch, aber doch verständlich. Wenn wir der alltäglichen Monotonie einmal für eine Weile entronnen sind, wünschen wir uns, dass der Ausnahmezustand zur Regel werde. Und dies, obwohl wir im Grunde wissen, dass es schon eine Gnade ist, wenn wir uns halbwegs gut fühlen und einigermassen zufrieden sind. Spärlich nur und selten sind die Momente, in denen wir meinen, unser Herz müsse zerspringen vor Glück.

Und was sagt Jesus zu dem ebenso begreiflichen wie albernen Vorschlag des Petrus? Nichts sagt er. Die Geschichte mündet in ein prosaisches Finale: «Sie stiegen den Berg hinab.» Hinab, in die Niederungen der gewohnten Mühsale und Banalitäten.

Und die Jünger? Haben gespürt: Es gibt Unsagbares. Es gibt Grösseres, Schöneres, Helleres als alles, was wir auf dieser Erde erfahren können.

* Josef Imbach ist Verfasser zahlreicher Bücher. Er unterrichtet an der Seniorenuniversität Luzern und ist in der Erwachsenenbildung und in der praktischen Seelsorge tätig.

 

 

 

5. August 2017 | 17:00
Lesezeit: ca. 2 Min.
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