Abt Urban Federer mit Kind
Schweiz

Auch Einsiedler Mönche stellen Videos auf Youtube

Einsiedeln SZ, 15.8.16 (kath.ch) Am Sonntag, 14. August,  hiess es im Kloster Einsiedeln: Familientag! Im Rahmen des Heiligen Jahres der Barmherzigkeit lud das Kloster erstmals zu einer Wallfahrt speziell für Familien ein. Dabei erfuhren Kinder und Erwachsene, dass auch Mönche twittern und Videos auf Youtube stellen.

Vera Rüttimann

Im ältesten Gebäudeteil des Klosters Einsiedeln befindet sich das Oratorium. In diesem lichtdurchfluteten Raum versammeln sich an diesem Sonntagmorgen 17 junge Familien, die aus der ganzen Schweiz zur Familienwallfahrt angereist waren. Abt Urban Federer stellt ihnen in seiner Predigt einen besonderen Mann vor: Maximilian Kolbe, der am 14. August vor 75 Jahren in Auschwitz ermordet wurde. Der polnische Franziskanerpater ging anstelle eines jungen Familienvaters, der mit ihm inhaftiert war, in den Tod. Für den Einsiedler Abt steht Maximilian Kolbes aufopferungsvoller Tod symbolhaft für eine Kirche, die bis zum Äussersten für andere einsteht.

Das neueste Angebot für Familien

Nach dem Gottesdienst werden die jungen Familien von Abt Urban Federer im Klosterhof zu einem Mittagessen eingeladen. Dort liegen in einer Ecke Spielsachen für die Kinder bereit. «Für Familien gibt es im Gegensatz zu Jugendlichen in Pfarreien nicht allzu viele Angebote. Deshalb bieten wir hier nun die Familienwallfahrt an», umschreibt der Abt sein Anliegen. Er hofft, dass sich das Angebot nun genauso gut bewährt wie das Volontariat für Jugendliche im Kloster oder die Jugendwallfahrt.

Dem Abt stehen engagierte Frauen aus dem Raum Einsiedeln zur Seite. So auch die Religionspädagogin Franziska Notter-Keller, die in der Pfarrei Einsiedeln für die Familienpastoral zuständig ist. Sie sagte sofort zu, als einer der Mönche sie fragte, ob sie sich hier engagieren wolle.

Junge Mönche an der Front

Auf dem Speiseplan stehen Penne und Tomatensauce. An einem der Holztische sitzt auch Familie Meile aus Jonen AG. Schon in seinen jungen Jahren sei er hierher gepilgert, sagt der Familienvater. Nun wollte er mit seiner Tochter Tanja wieder einmal Klosterluft schnuppern. Auch er weiss:  Junge Mönche sind äusserst selten geworden. Umso mehr freut es ihn jedoch, als er erfährt, dass sich im Kloster Einsiedeln der Altersdurchschnitt durch Neueintritte verjüngt hat. «Unglaublich schön ist das», findet er.

In der Tat sehen sie ein dynamisches, junges Team, das vor Ideen und Tatendrang nur so sprüht: Pater Cyrill, der sich auf dem Rasen mit fliegendem Ordensgewand gemeinsam mit Kindern beim  Fussball austobt; Pater Daniel, der am Boden mit Kindern spielt. Abt Urban Federer schliesslich, der einem Kind sein grosses Kreuz zeigt und viel Geduld zeigt. Keine Spur von Weltabgewandtheit. Das registrieren auch die älteren Kinder, als sie erfahren, dass die Mönche wie sie twittern, Facebook benützen und Videofilmchen auf Youtube stellen. Sie erkennen, dass ihre Gastgeber keineswegs den ganzen Tag in ihrer dunklen Kammer Rosenkranz beten. Und sie sehen, dass die Mönche hier im Kloster eine ganz spezielle Gemeinschaft sind. Abt Urban Federer sagt: «Auch wir sind eine Familie. Es geht darum, sich gegenseitig zu tragen und aufeinander zu hören. ” Dass dazu eine tiefe, sorgsam geprüfte Verbindung braucht – ob in einer Klostergemeinschaft oder in einer Zweierbeziehung – führt auch die deutsche Philosophin Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz in ihrem Impulsreferat aus.

Klosterluft schnuppern

Zum Freizeitangebot gehört auch die Suche nach einem «Klosterschatz» mit Pater Philipp. In einer Führung durch das weitläufige Kloster zeigt er seinen jungen Gästen einen Ausschnitt aus dem Leben dieses Klosters, das ein Kosmos für sich ist: Er blickt mit ihnen hinter schwere Türen, wo ansonsten Schüler rackern oder musizieren. Sie wandeln mit dem jungen Mönch die langen Gänge entlang und bestaunen die Schwarz-weiss-Fototableaus, wo sie sehen können, wie die Klassen in den 30er-Jahren des letzten Jahrhunderts ausgehen haben. Diese plötzliche Stille empfinden viele als ungewöhnlich. Die Kinder und Jugendlichen erfahren, was es mit der Ordensregel «Ora et labora» auf sich hat und erfahren, wie der Alltag von Mönch Philipp aussieht. Im Hauptschiff sehen sie die Pilgerströme schliesslich unaufhörlich hereinschwappen und registrieren in der Sakristei erhöhte Betriebsamkeit wegen den anstehenden Feierlichkeiten zu Maria Himmelfahrt.

«Auf zu den Pferden» heisst der wohl beliebteste Programmpunkt an diesem Nachmittag. Pferde ziehen immer, wissen die Mönche. Auch Tanja Meile zieht es zum Marstall der Benediktinerabtei. 1064 erstmals urkundlich erwähnt, gilt er als das älteste Gestüt Europas. Er gehört untrennbar zu Einsiedeln. Schon als Kind fühlte sich Tanja magnetisch von diesen eleganten Vierbeinern angezogen. Wie andere Kinder und Jugendliche kann sie heute an der «Longe» – einem Seil zur Führung des Pferdes –  einige Runden auf einem der «Einsiedler»-Pferde geniessen. Ohne diese robusten braunen Pferde, erfährt sie von einem Stallmitarbeiter, währe der Bau der Klosteranlage einst undenkbar gewesen.

Rätselhafte Madonna

Zum Abschluss der Wallfahrt versammeln sich die Familien in den Bänken vor der Gnadenkappelle zum Gottesdienst mit Abt Urban Federer. Fasziniert blicken die Kinder und Jugendlichen auf die schwarzhäutige Madonna von Einsiedeln in ihrem goldenen Schrein, die rätselhaft-entrückt zurückschaut. So etwas haben sie noch nie gesehen. Die Eltern sind dankbar für eine wenig Abkühlung von der Hitze, für Ruhe nach dem Trubel oder wollen, wie Marlis Meile, hier etwas loswerden. Auf ihrer USA-Reise ist die Familie mit ihrem Auto unlängst knapp an einem Unfall vorbei geschrammt. Marlis Meile sagt: «Wir sind alle heil zurück. Dafür möchte ich hier danken.»

Abt Urban Federer mit Kind | © Vera Rüttimann
15. August 2016 | 15:50
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Schnäppchenjäger bestürmen Kloster Einsiedeln

Der erste Flohmarkt in der Geschichte des Klosters Einsiedeln löste am 12. Und 13. August einen Besucheransturm aus. Der Zutritt zum Marstall, in dem die Gegenstände feilgeboten wurden, musste reguliert werden. Mit so vielen Leuten habe man nicht gerechtet, sagte Pater Cyrill gegenüber der «Neuen Luzerner Zeitung» (13. August).

Angeboten wurden Bilder, Heiligenfiguren, Engel, verzierte Karaffen, Bücher, Wagenräder, Kunstgegenstände aller Art, Möbel und Gebrauchsgegenstände. Es sei darum gegangen, die klösterlichen Räumlichkeiten zu entrümpeln, so Pater Cyrill. Auslöser der Aktion war die Reorganisation der klösterlichen Kunstsammlung gewesen. Die Objekte dieser Sammlung sollen aus Sicherheitsgründen zentral gelagert werden. Zuvor befanden sie sich an verschiedenen Orten der Klosteranlage.

Bei der Reorganisation wurden einige Kunstobjekte aussortiert und nun zum Verkauf angeboten. Auch Gegenstände aus Werkstätten und anderen Räumen, die nicht mehr benötigt werden, kamen zum Verkauf. Auch zudem Dinge, die verstorbenen Mitbrüdern gehört hatten, wurden angeboten. Der Erlös des Verkaufs fliesst in die Erneuerung des Klosterplatzes, wie das Kloster auf seiner Homepage schreibt. (rp)