Gottfried Locher und Kardinal Kurt Koch mit der Absichtserklärung zum Dialog.
Schweiz

Europäische Protestanten und Vatikan vereinbaren in Basel den Dialog

Basel, 16.9.18 (kath.ch) Der Dachverband der protestantischen Kirchen in Europa hat mit dem Vatikan die Aufnahme offizieller Dialog- und Ökumene-Gespräche vereinbart. Der Präsident der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen Europas (Geke), Gottfried Locher, und Kardinal Kurt Koch, im Vatikan verantwortlich für den Dialog der christlichen Kirchen, unterzeichneten am Sonntag anlässlich der Geke-Vollversammlung vom 13. bis 18. September im Basler Münster ein entsprechendes Dokument.

Ziel der Gespräche und Verhandlungen ist es, zu einer gegenseitigen Anerkennung und Verständigung der Kirchen und Kirchengemeinschaften zu gelangen. «Bei den vorbereitenden Gesprächen haben wir gesehen, es gibt sehr viel Positives und Gemeinsames. Darauf wollen wir aufbauen», sagte Koch der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Zunächst gehe es um die sich unterscheidenden Selbstverständnisse der Kirchen. Dann könne auch das langfristige Ziel der Abendmahlgemeinschaft in den Blick genommen werden. Einen Zeitplan für den Dialog nannte der Kardinal nicht. «In der Ökumene müssen Leidenschaft und Geduld zusammenkommen. Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit», so der Geistliche.

Erstmals Dialog auf europäischer Ebene

Gegenüber kath.ch erwähnte Koch, dass mit der Geke nun erstmals ein Dialog auf der regionalen, nämlich europäischen Ebene geführt werde. Dies zudem mit einer Gemeinschaft, in der verschiedene Kirchen der Reformation versammelt seien. «Ein solcher Dialog bedeutet eine Herausforderung und eine Chance», so Koch. Laut dem Schweizer Kardinal hat die katholische Kirche «bisher ihre Dialoge immer auf der universalen Ebene mit den konfessionellen Weltbünden geführt».

Locher setzt auf konkrete Fragen

Locher sagte in Basel, wichtig seien möglichst konkrete Dialogfragen. «Dabei kann ehrlich alles auf den Tisch kommen. Auch die vielleicht unverhandelbar scheinenden Positionen. Und dann können wir uns vielleicht fünf Sachfragen heraussuchen und diese möglichst schnell bearbeiten», so der Geke-Präsident. Er verwies auf Fragen nach der Stellung von ordinierten Geistlichen in den Kirchen, die Ablehnung der katholischen Kirche, Pfarrerinnen zu weihen oder die Frage nach liturgischen, gottesdienstlichen Gemeinsamkeiten. Locher sagte, er wolle sich dafür einsetzen, dass am Dialog nicht nur Kirchenleitungen und akademische Theologen beteiligt würden, sondern auch Frauen und Männer aus dem konkreten kirchlichen Leben. Ein erster Zwischenbericht solle etwa in zwei Jahren vorliegen.

Vorgängig jahrelange Sondierungen

Der Dialogvereinbarung vorausgegangen waren jahrelange Sondierungen. Ein Arbeitsgruppenbericht hielt fest, dass sich die Geke und die römisch-katholische Kirche mit Blick auf das Kirchenverständnis «deutlich näher» seien als bislang gedacht. Daher sei ein Dialog für die weitere Annäherung «aussichtsreich». Auch Kurt Koch betonte auf Anfrage: «Nach den guten Vorarbeiten der bisherigen Gesprächsgruppe dürfen wir zuversichtlich sein, dass die Dialogarbeit zu positiven Ergebnissen führen wird und dass wir ökumenisch gut vorankommen werden.»

Bundesrat spricht von «wichtigem Schritt»

Der anwesende Bundesrat Ignazio Cassis bezeichnete die Unterzeichnung als «wichtigen Schritt», wie aus einer Mitteilung des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten hervorgeht. In der Vergangenheit sei nicht immer das Verbindende betont worden, sondern oft auch das Trennende, so Cassis. Er erinnerte an den Sonderbundskrieg, bei dem in der Schweiz die konfessionellen Differenzen militärisch ausgetragen wurden.

Zur Geke gehören rund 100 protestantische Mitgliedskirchen aus 30 europäischen und einigen lateinamerikanischen Staaten. Bereits 1973 hatten die in der Geke vertretenen lutherischen, reformierten und die aus ihnen hervorgegangenen unierten Kirchen ihre Differenzen überwunden und eine Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft beschlossen. (kna/rp/aktualisiert 17.9.)


Gottfried Locher und Kardinal Kurt Koch mit der Absichtserklärung zum Dialog. | © Geke/ O. Hochstrasser
16. September 2018 | 17:36
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Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa

Die Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (Geke) ist der Verbund von 94 protestantischen Kirchen in 30 europäischen (und südamerikanischen) Ländern. Sie vertritt nach eigenen Angaben rund 50 Millionen lutherische, reformierte, unierte, methodistische und hussitische Christen. Die in ihr zusammengeschlossenen Kirchen gewähren einander durch ihre Zustimmung zur «Leuenberger Konkordie» von 1973 Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft.

Leitende Organe der Geke (bis 2003 «Leuenberger Kirchengemeinschaft») sind die alle sechs Jahre zusammentretende Vollversammlung, der aus 13 Personen bestehende Rat und das Präsidium aus drei Mitgliedern. Die nächste Vollversammlung findet vom 13. bis 18. September in Basel statt. Amtierender Präsident ist der Präsident des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbunds, Gottfried Locher.

Die Geschäftsstelle der Geke ist in Wien ansässig und wurde bislang vom dortigen evangelischen Bischof Michael Bünker nebenamtlich geleitet. Ab der im September beginnenden neuen Amtsperiode wird deutsche Pfarrer Mario Fischer erster hauptamtlicher Generalsekretär. Aussenstellen der Geke bestehen in Brüssel (Ethik und Politik) sowie Bern (Öffentlichkeitsarbeit). (kna)